Brüssel. Mehr Kontrolle, mehr Steuerung: Das EU-Parlament hat die Asylreform beschlossen. Deutschland sollte sich davon nicht zu viel erwarten.
Endlich bewegt sich Europa in der Asylpolitik. Mit dem vom EU-Parlament beschlossenen Reformpaket zielt die Union entschlossen wie nie darauf, die irreguläre Migration spürbar einzudämmen: mehr Kontrolle, ein härterer Umgang mit chancenlosen Asylbewerbern, schnelle Abschiebungen. Es war höchste Zeit für diesen Kurswechsel.
Die Zahl der Asylanträge in Europa steigt seit Jahren, 2023 waren es schon 1,1 Millionen, so viele wie zuletzt 2016 – fast ein Drittel der Schutzsuchenden zog es nach Deutschland. Dazu kommen europaweit vier Millionen Ukraine-Flüchtlinge, auch hier ist Deutschland der größte Aufnahmestaat. Die Doppelbelastung hat viele Kommunen an ihre Grenzen gebracht.
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Kein Wunder, dass vor allem deutsche Wähler in Umfragen die Migration ganz oben auf die Sorgenliste setzen – während das Thema selbst in Italien oder Griechenland eine deutlich kleinere Rolle spielt. Die Bundesregierung hatte also gute Gründe, die Asylreform so entschlossen voranzutreiben. Dass sich die grünen Bundesminister hinter das Vorhaben stellten, während deutsche Grünen-Abgeordnete im EU-Parlament das Paket nun ablehnten, ist allerdings innenpolitisch pikant.
Regeln zur Verteilung der Flüchtlinge sind kompliziert
Die Kritiker haben in einem Punkt recht: Das Parlament hat sich in den Verhandlungen mit seinen Forderungen etwa zum Schutz von Kinderrechten so gut wie gar nicht gegen die härtere Linie der Mitgliedstaaten durchsetzen können – was auch Befürworter befremdet. Doch den Kern der Reform berührt das nicht: Die EU setzt auf konsequente Kontrolle an den Außengrenzen. Und auf Abschreckung jener irregulären Migranten, für die das Asylrecht nie gedacht war. Wer offensichtlich keine Chance auf Flüchtlingsschutz hat, soll nur möglichst kurz in einem Lager bleiben und schnell wieder abgeschoben werden.
Wenn alles gut geht, dämmt der neue Kurs die irreguläre Migration ein, ohne das Asylrecht für Schutzbedürftige anzutasten. Voraussetzung ist, dass die Rückführungen künftig besser funktionieren als bisher, vor allem durch engere Kooperation mit Dritt- und Herkunftsstaaten. Gesichert ist das nicht. Sehr genau wird darauf zu achten sein, dass Menschenrechtsstandards an den Außengrenzen wirklich eingehalten werden.
Asylreform der EU: Die nationale Politik bleibt in der Pflicht
Fragwürdig sind vor allem die komplizierten Regeln zur Verteilung der Asylsuchenden auf die EU-Staaten – unklar, ob und wie die „flexible Solidarität“ in der Praxis umgesetzt wird. Der Anspruch, Migration wirksam zu steuern, stößt ohnehin an politische Grenzen: Dazu bräuchte es ein Asylsystem, das gefährliche Mittelmeerüberfahrten überflüssig macht, weil Migranten schon außerhalb Europas Asyl in der EU beantragen können. Und mit Chancen auf einen legalen Aufenthalt jenseits des Asylrechts, mit wirksamer Bekämpfung von Fluchtursachen.
Die nun beschlossen Reform dagegen ist zwar aus europäischer Perspektive ein beachtlicher Fortschritt – schnelle Entlastung hierzulande bringt sie aber schon deshalb nicht, weil die schärferen Regeln erst in zwei Jahren greifen. Die nationale Politik bleibt also in der Pflicht.
Grenzkontrollen, der Kampf gegen Schleuser, die Neujustierung der Asylbewerber-Sozialleistungen sind weiter wichtig, ebenso die Hilfe für überlastete Kommunen. Es ist ein wichtiges Signal, dass in Deutschland seit Jahresanfang ein Fünftel weniger Asylbewerber registriert wurden als im Vorjahreszeitraum – vor allem wegen der vorübergehenden Grenzkontrollen, ganz ohne EU-Reform. Das zeigt den Spielraum, den die deutsche Politik hat und weiter nutzen muss.
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