Berlin. An bayerischen Schulen ist es künftig verboten, im Schriftverkehr zu gendern. Doch Lehrkräfte üben Kritik – und werden sehr deutlich.
Schüler*innen, Bäcker:innen, Ärzt_innen – all diese Sprachformen dürfen ab April in bayerischen Schulen nicht mehr genutzt werden. Zumindest im Schriftlichen. Das hat das bayerische Kabinett Anfang dieser Woche beschlossen.
Zukünftig sind Schreibweisen mit Sonderzeichen ausdrücklich unzulässig, also etwa Sternchen oder Doppelpunkt. Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU) erklärte bei der Verkündung: „Für uns ist die klare Botschaft: Sprache muss klar und verständlich sein.“ Eine „ideologisch geprägte Sprache“ – wie das beim Gendern der Fall sei, hätte hingegen eine exkludierende Wirkung.
Laut der neuen Regelung sind in Bayern gegenderte Schreibweisen zukünftig sowohl in der internen Kommunikation und im Unterricht als auch im dienstlichen Schriftverkehr verboten, also etwa bei Schreiben an Eltern oder Schülerinnen und Schüler. Für den mündlichen Sprachgebrauch gibt es hingegen weiterhin keine Vorgaben.
Bayern plant Strafen für Lehrkräfte, die sich nicht an das Gender-Verbot halten
Die Staatsregierung kündigte Konsequenzen für Lehrkräfte an, die sich nicht an die neue Regelung halten. Wie genau diese aussehen könnten, ist noch unklar. Besonders wichtig sei es, dass niemand benachteiligt werde, wenn er oder sie auf geschlechtersensible Sprache verzichte, erklärte Herrmann bei der Verkündung.
Bayern ist nicht das erste Bundesland, das einen solchen Schritt geht. Auch in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein gibt es bereits ähnliche Regelungen. Bei vielen bayerischen Lehrkräften stößt das Gender-Verbot allerdings auf Unverständnis. Was vier Lehrerinnen und Lehrer darüber denken.
Lehrkräfte haben „das so gemacht, wie sie das für richtig hielten“
„Ich empfinde es als absolute Frechheit und Bevormundung“, sagt etwa Susanne K. Sie ist Lehrerin für Wirtschaftsfächer sowie Mitglied der Schulleitung an einer beruflichen Schule in Oberbayern. „Ich bin ein erwachsener Mensch und kann selbst entscheiden, wie ich mit Sprache umgehe. Sprache entwickelt sich weiter und das ist auch gut so.“
Unter den über 600 Schülerinnen und Schülern an ihrer Schule seien auch einige, die sich als non-binär identifizieren, also weder dem männlichen, noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen. „Ich habe bisher immer ganz bewusst gegendert, weil ich diese Gruppe mit einschließen wollte“, erzählt die 57-Jährige. Mit der neuen Regelung würde nun aber so getan, als gebe es keine non-binären Menschen in Bayern.
Dass die Staatsregierung Schulen nun den Umgang mit geschlechtersensibler Sprache vorschreibt, hält sie für problematisch. Bisher sei Gendern an ihrer Schule überhaupt kein Thema gewesen. „Jede Lehrkraft hat das so gemacht, wie sie das für richtig gehalten hat. Einige haben gegendert, andere nicht und das war auch vollkommen okay so.“ Zumindest im Mündlichen werde sie auch künftig weiterhin gendern, sagt die Lehrerin. Das sei immerhin nicht verboten. In offiziellen Briefen der Schule werde sie aber nur noch „Schülerinnen und Schüler“ schreiben können.
Schulleiterin aus Bayern: „Schulen sollten niemanden einschränken“
Ganz ähnlich sieht das auch Antje Radetzky. Sie ist Schulleiterin an einer Grundschule im Landkreis München und Leiterin der Abteilung Berufswissenschaft beim bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverband. „Ich bin generell gegen Verbotspolitik, auch was das Gendern angeht“, sagt die 49-Jährige.
Das Gender-Verbot sei weder zielführend noch zeitgemäß. „Schulen sind sehr vielfältige und diverse Orte und sollten niemanden einschränken“, erklärt Radetzky. Wenn Lehrkräfte gendersensible Sprache verwenden, zeige das auch, dass sie alle Kinder und Jugendlichen respektieren würden.
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„Bei uns an der Grundschule ist das noch kein so großes Thema, aber spätestens, wenn ich mit Jugendlichen zu tun habe, fühlen sich viele ausgeschlossen, wenn nicht gegendert wird.“ Es werde immer für eine eigenverantwortliche Schule geworben, kritisiert die Grundschullehrerin, aber bei Themen, die Schulen und Lehrkräfte sehr gut selbst regeln könnten, würden Vorschriften gemacht.
Studienreferendar Paul R. hält geschlechtersensible Sprache grundsätzlich für sehr wichtig. „Wenn ich bisher gegendert habe, dann hat das niemanden gestört – ganz im Gegenteil, viele Schülerinnen und Schüler haben das begrüßt“, erzählt der 32-Jährige, der an einer Berufsschule tätig ist. Er habe den Umgang mit geschlechtersensibler Sprache an Schulen bisher als sehr umsichtig erlebt: „Niemand wurde vorher dazu gezwungen zu gendern.“
Lehrer: „Halte die Entscheidung der bayerischen Staatsregierung für richtig“
Erst durch das nun ausgesprochene Verbot sei das Gendern an den Schulen zu einem großen Thema gemacht worden, erklärt der Referendar. „Ich halte die Regelung für absurd und sinnlos.“ Als Beamter werde er sich aber natürlich dennoch daran halten – in Zukunft jedoch verstärkt auf die geschlechtsneutrale Form setzen, also etwa Lehrende statt Lehrer.
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Es gibt allerdings Gegenstimmen: Anton Gschrei aus Oberbayern zum Beispiel. „Grundsätzlich halte ich die Entscheidung der bayerischen Staatsregierung für richtig“, sagt der Lehrer, der Jugendliche im Alter von 14 bis 20 Jahre unterrichtet. „Ich sehe darin auch kein grundsätzliches Verbot, nicht geschlechtersensibel sprechen oder schreiben zu dürfen.“ Im Gegenteil, es werde Druck herausgenommen, findet Gschrei. Durch das Gender-Verbot hätten Schülerinnen und Schüler nicht mehr das Gefühl, sie müssten Sonderzeichen nutzen, um keine Nachteile zu erfahren.
„Ich glaube vor allem, dass die Diskussion an den meisten Menschen vorbeigeht“, sagt der Lehrer. Selbst unter Akademikern herrsche völlige Sprachverwirrung, zudem verstehe jeder etwas anderes unter Gendern. Er persönlich habe bisher auch keine Sonderzeichen verwendet. Diese seien Gschrei zufolge für viele Menschen immer noch verwirrend und Texte, in denen etwa mit Sternchen gegendert würde, schwerer zu lesen.
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