Berlin. Französinnen haben jetzt die „Freiheit zur Abtreibung“ – verankert in der Verfassung. Das wirft einen Fokus auf die deutsche Debatte.
Frankreich hat am Montag als erstes Land weltweit die „garantierte Freiheit“ zur Abtreibung ausdrücklich in die Verfassung aufgenommen. Die 925 Abgeordneten der Nationalversammlung und des Senats waren gemeinsam zur Abstimmung in Versailles aufgerufen. Eine deutliche Mehrheit der Abgeordneten stimmte für die Verfassungsänderung. 780 Parlamentarier stimmten mit Ja, 72 mit Nein.
„Während die Frauenrechte weltweit bedroht sind, stellt Frankreich sich an die Spitze des Fortschritts“, schrieb Premierminister Gabriel Attal im Onlinedienst X in Anspielung auf Länder, in denen das Recht auf Abtreibung beschnitten wird, etwa in den USA oder in Osteuropa.
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Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte mit dem Vorschlag 2022 auf Einschnitte in das Abtreibungsrecht in den USA reagiert. Die Verfassungsänderung hat in erster Linie symbolischen Charakter. Der Schwangerschaftsabbruch auf Krankenschein ist in Frankreich bis zur 14. Woche gesetzlich gewährleistet. Mehr als 80 Prozent der Franzosen befürworten die Verfassungsänderung.
Abtreibung: Ärzte dürfen entscheiden, ob sie Abbrüche vornehmen wollen
„Das Gesetz bestimmt die Bedingungen, unter denen von der der Frau garantierten Freiheit, einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen zu lassen, Gebrauch gemacht wird“, so lautet der neue Verfassungsartikel. Die Formulierung „Freiheit zur“ ist rechtlich schwächer als das „Recht auf“, das zunächst debattiert worden war.
Justizminister Eric Dupond-Moretti sicherte den Ärztinnen und Ärzten zu, dass dies das Recht auf Gewissensfreiheit nicht infrage stelle. „Wenn ein Arzt diesen Akt nicht ausführen will, dann hat er das Recht dazu“, betonte Dupond-Moretti. Die Gewissensfreiheit sei ebenfalls in der Verfassung festgeschrieben.
Frankreich: Auch in Deutschland wird rechtliche Lage geprüft
Auch in Deutschland gibt es seit einiger Zeit Bemühungen, den rechtlichen Rahmen bei Schwangerschaftsabbrüchen zu verändern. Eine Expertenkommission hatte ein gutes Jahr Zeit, um darüber zu befinden, ob Abtreibungen künftig außerhalb des Strafgesetzbuches geregelt werden können.
Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) sagte unserer Redaktion dazu: „Die Kommission wird ihre Ergebnisse im April vorstellen. Ich bin darauf sehr gespannt. Wir sollten sie dann auswerten und im politischen Raum mit größter fachlicher und politischer Achtsamkeit besprechen.“ Es dürfe allerdings nicht passieren, dass eine neue Regelung wenig später vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt werde. Die Ergebnisse der Kommission sind rechtlich nicht bindend.
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