Tel Aviv/Paris. Dutzende Palästinenser sind bei der Verteilung von Lebensmitteln in Gaza ums Leben gekommen. Der Westen reagiert entsetzt.
Nach Berichten über den Tod Dutzender Palästinenser bei der Ankunft von Hilfsgütern im Gazastreifen hat Frankreich tief betroffen reagiert und Israels Streitkräfte kritisiert.
„Der Beschuss von Zivilisten durch das israelische Militär bei dem Versuch, an Lebensmittel zu gelangen, ist nicht zu rechtfertigen“, hieß es in einer am Donnerstagabend veröffentlichten Mitteilung des französischen Außenministeriums.
Präsident Emmanuel Macron zeigte sich empört über die Bilder, „die uns aus Gaza erreichen, wo Zivilisten von israelischen Soldaten ins Visier genommen wurden“.
Macron deutlich: „Waffenstillstand muss sofort in Kraft treten“
In der Nacht zum Freitag schrieb Macron auf X, vormals Twitter: „Ich bringe meine entschiedene Ablehnung gegenüber diesen Schüssen zum Ausdruck und fordere Wahrheit, Gerechtigkeit und die Einhaltung des Völkerrechts.“ Die Lage in Gaza sei dramatisch.
„Die gesamte Zivilbevölkerung muss geschützt werden. Ein Waffenstillstand muss sofort in Kraft treten, damit die humanitäre Hilfe verteilt werden kann.“
In der Mitteilung des Außenministeriums hieß es weiter, Frankreich erwarte, dass das schwerwiegende Vorkommnis vollständig aufgeklärt werde. „In jedem Fall liegt es in der Verantwortung Israels, sich an die Regeln des Völkerrechts zu halten und die Verteilung humanitärer Hilfe an die Zivilbevölkerung zu schützen.“
Das tragische Ereignis falle in eine Zeit, in der die humanitäre Notlage in Gaza drängende Ausmaße angenommen habe und eine wachsende und unerträgliche Zahl palästinensischer Zivilisten an Hunger und Krankheiten leide, hieß es aus Paris. „Ein sofortiger und dauerhafter Waffenstillstand ist dringend erforderlich, um humanitäre Hilfslieferungen in großem Umfang zu ermöglichen und die Zivilbevölkerung im Gazastreifen zu schützen.“ Dieses Ziel habe für Frankreich Priorität.
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EU-Außenbeauftragter spricht von einem „Blutbad“
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borell verurteilte den Tod der Menschen derweil als „Blutbad“. „Ich bin entsetzt über die Nachrichten über ein weiteres Blutbad unter Zivilisten in Gaza, die verzweifelt humanitäre Hilfe brauchen“, schrieb Borrell in der Nacht auf Freitag im Kurzbotschaftendienst X, früher Twitter. „Diese Todesfälle sind absolut inakzeptabel.“
Menschen Lebensmittelhilfen vorzuenthalten sei „eine schwere Verletzung“ des humanitären Völkerrechts, schrieb Borrell weiter. „Ein ungehinderter humanitärer Zugang nach Gaza muss gewährleistet sein.“
Mehr von Israel-Korrespondentin Maria Sterkl
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Israel widerspricht Vorwürfen
Der von der islamistischen Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde im Gazastreifen zufolge sollen bei dem Vorfall mehr als hundert Menschen getötet und mehrere Hunderte verletzt worden sein.
Es gibt unterschiedliche Darstellungen zu dem Geschehen und bislang keine unabhängige Bestätigung dafür, was wirklich passiert ist. Die Hamas und mehrere arabische Staaten warfen Israels Militär vor, gezielt das Feuer auf die wartende Menge eröffnet zu haben.
Ein israelischer Armeesprecher erklärte hingegen, kein Soldat habe gezielt Menschen angegriffen. Vielmehr sei es bei der Ankunft der Lastwagen zu chaotischem Gedränge gekommen, das die Soldaten vor Ort mit Warnschüssen auflösen wollten. (pcl/dpa/AFP)