Düsseldorf. Laut einer Umfrage der Gewerkschaft GEW scheint Lehrer kein Traumberuf mehr zu sein. Viele erlebten Schule offenbar eher als Hölle.
Laut einer Umfrage der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) unter Beschäftigten an Schulen in NRW ist die Unzufriedenheit mit den Arbeitsbedingungen über alle Schulformen hinweg extrem groß.
„Der Grad der Überlastung ist alarmierend, sie liegt im roten Bereich“, sagte die GEW-Landesvorsitzende Ayla Celik am Donnerstag im Landtag. An der Umfrage zur Überlastung an Schulen hatten sich im Herbst 2023 rund 24.000 Beschäftigte beteiligt, darunter vor allem Lehrkräfte, Schulleitungen und Referendare. Auf einer Skala zwischen null (keine Belastung) und zehn (extreme Überlastung) ordneten sich die Befragten im Schnitt bei 8,21 ein, so Celik. Mehr als 90 Prozent der Teilnehmerinnen und Teilnehmer sehen sich auf der Skala mindestens bei sieben. Sie alle fühlten sich also laut GEW-Interpretation „enorm belastet“.
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Unzufriedene Lehrer: Macht die Arbeit an Schulen unter diesen Umständen noch Sinn?
Viele Lehrkräfte, Schulsozialarbeiter und Schulpsychologen resignierten, weil sie ihren Beruf angesichts der Belastungen nicht mehr als „sinnstiftend“ empfänden. Als Indiz für die große Unzufriedenheit des Schulpersonals wertet die GEW die fast 1000 Kündigungen von Lehrkräften im vergangenen Jahr in NRW. Personalmangel, immer mehr Extra-Aufgaben, Einschränkungen bei der Teilzeit und zu große Klassen würden die Lehrkräfte geradezu aus dem Beruf treiben, so die Gewerkschaft.
NRW-Schulministerin Dorothee Feller (CDU) hatte in der vergangenen Woche darauf hingewiesen, dass die insgesamt 930 Kündigungen von Lehrkräften in NRW angesichts der fast 155.000 verbeamteten Lehrkräfte in NRW überschaubar seien. Auch in anderen Branchen gebe es eine Fluktuation von Arbeitskräften.
GEW-Chefin Celik: „Wir können auf keine einzige Lehrkraft verzichten“
GEW-Landeschefin Celik konterte am Donnerstag: „Bei etwa 7000 fehlenden Lehrkräften in NRW können wir auf keine einzige Lehrkraft verzichten. Fatal, wenn das runtergespielt wird.“
Laut der Umfrage wünschen sich rund 30 Prozent der Befragten weniger Verwaltungsarbeit, etwa 25 Prozent wünschen sich vor allem Entlastung durch mehr Beschäftigte an den Schulen, jeder fünfte Teilnehmende ruft nach kleineren Klassen.
Schulleiter: „Da bleibt gerade genug Zeit, um eine Tasse Kaffee zu trinken“
Holger Thrien, Leiter einer Grundschule in Düsseldorf und aktiv bei der GEW, wies darauf hin, dass es in der Regel nur eine sozialpädagogische Fachkraft an einer Schule gebe. Der Bedarf sei aber viel größer. Die Beschäftigten an den Schulen würden für ihren Beruf „brennen“, und Lehrkräfte hätten sieben Jahre Ausbildung hinter sich. Dennoch werde es für sie angesichts der Arbeitsbedingungen inzwischen „wirklich eng“. Oftmals sei die Aufgabendichte der Beschäftigten so groß, dass an einem Schultag gerade einmal genügend Zeit bleibe, um eine Tasse Kaffee zu trinken und einmal zur Toilette zu gehen.