Brüssel. Trump hat mit Zweifeln am NATO-Bündnis einen Schock ausgelöst. Der kann heilsam sein – wenn Europa die richtigen Konsequenzen zieht.
Eines der letzten Tabus der Sicherheitspolitik fällt: Deutschland debattiert über eine Atombewaffnung. Dass der Verteidigungsminister auf die Bremse tritt, ist schon aus bündnispolitischen Gründen verständlich. Sinnvoll ist die Diskussion trotzdem, schon, weil sie Missverständnisse ausräumen kann: Unsere Sicherheit hängt nicht nur von den Fähigkeiten der Bundeswehr ab, sondern von der glaubhaften Drohung, dass ein Angreifer ungewollt einen globalen Atomkrieg auslösen und damit selbst vernichtet würde.
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Das entsprechende Arsenal des Schreckens besitzen in ausreichender Größe in der Nato nur die USA. Deshalb berührt der frühere US-Präsident Trump das Fundament unserer Sicherheit, wenn er Zweifel an den Bündniszusagen sät. Doch es hilft nichts, sich empört abzuwenden: Europa hat auf Sicht keine Alternative – wer andere Lösungen verspricht, führt das Land auf den Irrweg.
Eine eigene Atombewaffnung Deutschlands scheidet aus. Zu aufwendig, zu langwierig, zu teuer, politisch ein Sprengsatz in Europa: Schon für unsere EU-Nachbarn wäre eine Atommacht Deutschland ein Albtraum. Vor allem wäre die notwendige Kündigung des Atomwaffensperrvertrags ein Dammbruch, der weltweit ein gefährliches nukleares Wettrüsten auslösen dürfte. Dieses Problem entstünde aber auch durch eine gemeinsame Atombewaffnung der EU. Hinzu kommt: Das vereinte Europa ist schon außenpolitisch nur bedingt, in Verteidigungsfragen gar nicht handlungsfähig. Wenn schon eine gemeinsame Armee nicht zustande kommt - wer sollte dann eigentlich auf den roten Knopf drücken?
Statt Atomdebatte: Europäische Zusagen in der NATO-Allianz zügig einlösen
Bleiben in Europa als Atommacht Großbritannien, das nach dem Brexit als Schutzgarant für den Kontinent ausfällt – und Frankreich. Immerhin hat Präsident Macron vor Jahren einen Dialog über die europäische Dimension seiner Atombomben angeboten. Nichts gegen einen Dialog. Aber ihm fehlt es an Substanz. Das französische Atomarsenal ist erstens viel zu klein für eine umfassende Abschreckung. Es gibt zweitens auch kein Angebot und nicht einmal die Andeutung eines Anzeichens, dass Paris ernsthaft einen verlässlichen Schutzschirm über seine europäischen Nachbarn aufspannen und damit das Risiko der atomaren Verwüstung des eigenen Landes erhöhen wollte. Frankreich will – wie die USA –- die Verfügungsgewalt über seine Nuklearwaffen nicht abgeben.
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Anders als die USA bietet es keine Teilhabe, es gehört nicht einmal der nuklearen Planungsgruppe der Nato an. Atomare Abschreckung funktioniert nur, wenn die Einsatzdrohung glaubwürdig ist. Das ist sie am ehesten noch unter dem Schutzschirm der USA. Dass das so bleibt, liegt auch im amerikanischen Interesse. Trump fordert – zu Recht – mehr Engagement der Verbündeten ein. Aber auch unter Trump würden die USA Weltmacht bleiben wollen und den Aufstieg neuer Atommächte verhindern.
Auch Trump weiß, dass er Verbündete braucht. Statt Washington aus Angst vor der Trennung das fatale Signal zu senden, dass sich Europa auf eine Trennung vorbereitet, sollten wir alles dafür tun, dieses Bündnis zu festigen. Es kommt also darauf an, die europäischen Zusagen erhöhter Verteidigungsanstrengungen in der Allianz zügig einzulösen. Die neuen Zahlen der Nato-Staaten weisen da in die richtige Richtung. Allerdings: Wenn Deutschland seine Versprechen dauerhaft einhalten will, müssen bald pro Jahr 30 Milliarden Euro zusätzlich für die Bundeswehr aufgebracht werden. Auf diese Herausforderung sollte sich die deutsche Debatte jetzt konzentrieren, statt Luftschlösser zu entwerfen.
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