Berlin. Russland greift die Ukraine oft mit Drohnen an. Zuletzt verfehlten sie aber ihre Ziele. Ein Lehrstück über elektronische Kriegsführung.
Seit Wochen wurde es vermutet. Nun mehren sich die Hinweise, dass die Ukraine tatsächlich ihre Verteidigung gegen russische Drohnen entscheidend verbessert hat. Sie entwickelte eine neue Form der „elektronischen Kriegsführung“. Erste Videos auf X scheinen den Verdacht zu erhärten.
Neuerdings redet Präsident Wolodymyr Selenskyj offen darüber. In einer Videobotschaft sagte er: „Wir arbeiten daran, die Effektivität unserer mobilen Einsatztruppen zu erhöhen und noch mehr Regionen der Ukraine mit Systemen der elektronischen Kampfführung auszustatten.“ Allein in der Nacht zum Sonntag will die Ukraine gut 40 Drohnen abgeschossen haben. Relevant an der Luftabwehr ist,
- dass die Ukraine mit elektronischen Störmaßnahmen eine strategische Priorität setzt,
- nicht nur mehr Drohnen baut,
- sondern auch die Flugabwehr verbessert,
- ohne auf Munition angewiesen zu sein
- und Systeme selbst entwickelt und produziert. Sie beugt für den Fall vor, dass etwa die USA ihre Hilfe einstellen.
Mit dem System erschwert sie die jüngste russische Offensive. Das mag der Ukraine wie ein göttliches Geschenk vorkommen. Benannt hat man das System jedenfalls nach einem Marienfest der Orthodoxen Kirche: „Pokrova“.
Ukraine: Elektronische Kriegsführung wird immer wichtiger
Das System wurde erstmals im November 2023 vom jüngst abgesetzten Oberbefehlshaber Walerij Saluschnyj erwähnt. Damals erfuhr man erstmals von der Existenz. Saluschnyj ließ aber offen, wie weit es war, ob es funktionierte und in die Produktion gehen sollte. Es fehlte noch die Feuerprobe im Gefecht.
Sein Nachfolger Oleksandr Syrskyj kündigte nach Amtsübernahme an, die elektronische Kriegsführung werde ausgebaut. Im ZDF sagte er über die Drohnen, „ihre Rolle nimmt von Tag zu Tag zu, auf beiden Seiten.“
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Fast jede Nacht überzieht Russland die Ukraine mit Drohnenangriffen, zumeist mit den vom Iran entwickelten Shahed-Drohnen. Man kann versuchen, sie abzuschießen. Aber das ist anspruchsvoll und oft ein ökonomischer „Overkill“, wenn die Raketen ungleich mehr kosten als die Drohne, die sie vernichten sollen.
Russische Drohnen werden lahmgelegt
Die Russen stören geschickt die Navigationssysteme. Das sogenannte Spoofing führt zu einem gefälschten Signal, sodass der Gegner Drohnen schwer, gar nicht oder zu spät verorten kann. Darüber hinaus verfügen die Shahed-Drohnen über eine digitale Antenne, die Störsignale identifiziert und ausblendet, sodass ein unbemannter Flugkörper seinen Kurs hält.
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Die ukrainischen Ingenieure mussten erst mehrere Shaheds auseinandernehmen, um ihre Schwachstellen zu finden. Was sie sich daraufhin genau ausgedacht haben, verraten die Ukrainer nicht. Aber ihre Funkstörsender sind offenbar so ausgeklügelt, dass sie das Kommando über die Drohnen übernehmen, sodass diese ihre Ziele verfehlen. Im Netz kursieren Bilder von weitgehend intakten Drohnen, die – wie ferngesteuert – sogar zur Landung gebracht wurden.
Thomas Withington, Experte für elektronische Kriegsführung bei der britischen Denkfabrik RUSI, vermutet gegenüber dem US-Magazin Forbes, dass Pokrova ein Netzwerk perfekt synchronisierter Sender ist, mit dem die Ukraine ihrerseits Navigationssysteme täuscht. Womöglich herrscht jetzt in der elektronischen Kriegsführung Waffengleichheit – bis eine Seite sich wieder etwas Neues einfallen lässt.
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Ukraine in der Defensive
Die Ukrainer sind allgemein im Nachteil. Sie können weniger Soldaten mobilisieren und weniger Waffen produzieren als Russland. Vor allem fehlt ihnen Munition.
Im ZDF redete Oleksandr Syrskyj Klartext: Seit vier Monaten sei die Situation besonders schwierig. Die neue Qualität: „Der Feind rückt jetzt praktisch an der gesamten Front vor. Wir sind von offensiven Aktionen zur Verteidigung übergegangen.“
Was hat man Kremlchef Wladimir Putin wirksam entgegenzusetzen? Die Ukraine ist auf intelligente technische Lösungen angewiesen: auf Drohnen im Eigenbau, kleine Landroboter und vor allem auf elektronische Kriegsführung
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