Manchester/New Hampshire. Da waren’s nur noch zwei: Nach dem Ausstieg von Ron DeSantis ist Donald Trump die republikanische Kandidatur kaum mehr zu nehmen.
Andrew Yang, der frühere demokratische Präsidentschaftskandidat, hatte bereits am Sonntagmittag so eine Ahnung. „Ich denke, der Kuchen ist gebacken, Nikki Haley hat keine Chance, Donald Trump wird die republikanische Kandidatur bekommen“, sagte der 59-Jährige dieser Zeitung am Rande einer Veranstaltung des demokratischen Anti-Joe-Biden-Kandidaten Dean Phillips in Hampton. „Und ob Ron DeSantis noch lange dabei ist, na ja, wer weiß das schon.“
Drei Stunden später bewahrheitete sich die Ahnung des früheren Technologie-Unternehmers. Keine zwei Tage vor den Vorwahlen im Bundesstaat New Hampshire, wo er in Umfragen abgeschlagen im unteren einstelligen Bereich rangiert, zog der Gouverneur Floridas die Konsequenzen aus einer von Beginn an strauchelnden Kampagne und einer, gemessen an seinen Versprechungen („Wir werden Iowa gewinnen“), verheerenden Niederlage vor einer Woche gegen den Ex-Präsidenten im Bauern-Bundesstaat.
Trump hat den Auftakt der republikanischen Kandidatenkür für das Weiße Haus dort mit historisch einmaligen 30 Prozentpunkten Vorsprung vor DeSantis gewonnen; obwohl er kaum Präsenz zeigte, während DeSantis seit vergangenem Sommer alle 99 Landkreise besucht hatte.
DeSantis-Kampagne stand unter keinem guten Stern
DeSantis‘ Abgang passte zu seiner verkorksten Kampagne, in der viele Strategie- und Personalwechsel für Unruhe gesorgt hatten. Er verkündete seinen Ausstieg nicht auf einer Wahlkampfveranstaltung live vor seinen Anhängern im „Granite State“ – sondern in einem offenbar bereits vor Tagen vorbereiteten Video, das auf dem Kurznachrichtendienst X, früher Twitter, ausgestrahlt wurde.
Dort hatte DeSantis Ende Mai 2023 auch seinen Hut in den Ring geworfen. Die damalige Show, von X-Boss Elon Musk live moderiert, war technisch ein Rohrkrepierer.
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Wie sehr DeSantis Opfer eigener Fehler wurde, zeigt eine Facette aus dem Innenleben der Wahlkampagne des als Kulturkrieger gegen alles Linksliberale bekannt gewordenen Ex-Militär-Anwalts: Casey DeSantis, die ungemein einflussreiche Frau des Gouverneurs, pochte darauf, dass ihr Mann über Monate nur ausgewählten Rechts-Außen-Medien Interviews gibt. Die sogenannten „Mainstream-Medien“ – die TV-Sender CNN, NBC, ABC sowie die großen Zeitungen „Washington Post“ und „New York Times” – wurden mit Missachtung gestraft. Weil: für DeSantis angeblich zu liberal und feindlich.
In den vergangenen Tagen räumte der erst 45 Jahre alte Gouverneur ein, dass dies ein grober Fehler gewesen sei und wahrscheinlich mit dafür gesorgt habe, dass er in Iowa nur knapp 23.000 Stimmen erhielt.
Konservative wollen das Original
Das ist aber nur die halbe Wahrheit: DeSantis wollte Trump, dessen Fürsprache er letztlich seinen Gouverneursposten verdankt, inhaltlich rechts überholen und etwa bei Themen wie illegale Einwanderung und Abtreibung noch radikaler auftreten. Vergebens. Bereits in Iowa wählten konservative Wähler, die mit DeSantis‘ steifer, oft linkischer Art fremdelten, lieber gleich das Original.
Mit dem Ausscheiden von DeSantis, der sofort Donald Trump seine Ergebenheit ausdrückte und in New Hampshire zur Wahl des 77-Jährigen aufrief, ist das republikanische Präsidentschaftsrennen zu einem sehr frühen Zeitpunkt zu einem Zweikampf geworden.
Haleys Chancen sinken
Die einzige Konkurrentin, die ehemalige Gouverneurin von South Carolina, Nikki Haley, will am Dienstag in New Hampshire die Übermacht Trumps mit einem Überraschungssieg brechen. Dieses Unterfangen stand bereits unter widrigen Vorzeichen, bevor Ron DeSantis die weiße Fahne hisste.
Haley liegt in frischen Umfragen zwischen 11 und 19 Prozentpunkte hinter Trump. Viele DeSantis-Sympathisanten, Leute also, die Trumps Politik gut finden, aber dessen Drama und Chaos erzeugende Persönlichkeit ablehnen, werden nun aller Voraussicht nach ins Lager des Ex-Präsidenten überwechseln. Haleys Chancen, darin sind sich viele Analysten einig, sind durch den vorzeitigen Abgang des Rivalen beträchtlich gesunken.
Aber selbst wenn sie ein Wunder möglich machen würde – der Weg danach wird noch steiniger. In ihrem Heimatbundesstaat South Carolina ist der Umfragen-Vorsprung Trumps noch größer. Als Demonstration seiner Ausnahmestellung im rechtskonservativen Spektrum ließ Trump am Sonnabendabend die komplette Führungsriege des Bundesstaates – bis zum Gouverneur – in New Hampshire einfliegen. Allesamt warben sie bei einer von fast 10.000 Menschen besuchten Wahlkampfveranstaltung in Manchester für Trump und lehnten Haley ab.
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