Brüssel. Der Euro wird 25 Jahre alt. In einem Beitrag erklären die führenden EU-Politiker, worauf es jetzt ankommt, um die Währung zu stärken.
Vor 25 Jahren, am 1. Januar 1999, führten elf Mitgliedstaaten der EU den Euro als ihre gemeinsame Währung ein. Heute steht der Euro im Dienst der Wirtschaft und macht das Leben von 350 Millionen Menschen in 20 Ländern einfacher.
Das Argument für Europa war stets, dass wir zusammen Probleme lösen können, die die Länder allein nicht bewältigen könnten. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren sich vorausschauende Staats- und Regierungschefs einig, dass der Frieden auf unserem Kontinent nur durch den Zusammenschluss unserer Volkswirtschaften gesichert werden kann. Und für ein vereintes Europa wäre zu gegebener Zeit eine gemeinsame Währung erforderlich, um die wirtschaftlichen Vorteile dieser Friedensdividende bestmöglich zu nutzen.
Der Euro steht für Stabilität und Souveränität
Ende der 1980er-Jahre, als Europa weitere Schritte zur Vertiefung seines Binnenmarkts unternahm, wurde aus dem Traum einer gemeinsamen Währung ein Projekt. Und vor 25 Jahren – am 1. Januar 1999 – wurde dieses Projekt Wirklichkeit. Heute ist der Euro ein fester Bestandteil unseres Alltags. Er macht unser Leben einfacher und gibt uns Stabilität und Souveränität.
Er hat das Leben der Menschen in Europa einfacher gemacht. Mit ihm können wir Preise leichter vergleichen, und auch der Handel und das Reisen sind unkomplizierter geworden. Er hat uns bei mehreren Krisen Stabilität geboten und Wachstum sowie Arbeitsplätze gesichert. Die Tatsache, dass wir die zweitwichtigste Währung der Welt ausgeben, verleiht uns zudem mehr Souveränität in einer turbulenten Welt. Daher überrascht es nicht, dass der Euroraum seit seiner Gründung von elf auf 20 Länder gewachsen ist.
EU-Bürger unterstützen den Euro
Im Laufe der Jahre standen wir vor enormen Herausforderungen. Auch die Zukunft des Euro selbst wurde mitunter infrage gestellt. Doch wir haben jedes Mal die richtigen Antworten gefunden. Beispielsweise haben wir als Reaktion auf die globale Finanz- und Staatsschuldenkrise Sicherheitsvorkehrungen getroffen und eine harmonisierte Bankenaufsicht und Bankenabwicklung und den Europäischen Stabilitätsmechanismus errichtet.
Heute liegt die Unterstützung der Bürgerinnen und Bürger des Euroraums für die einheitliche Währung in der Nähe der bisherigen Rekordwerte. Unsere Arbeit ist allerdings noch nicht getan. Es warten neue Herausforderungen auf uns, die die Länder nicht allein bewältigen können – und die Menschen erwarten Antworten von Europa.
Die geopolitischen Spannungen nehmen zu. Dazu zählt nicht zuletzt der ungerechtfertigte Krieg Russlands gegen die Ukraine, der mutige gemeinsame Entscheidungen erfordert. Wir stehen vor einer sich immer schneller zuspitzenden Klimakrise, die wir nur zusammen wirklich bewältigen können. Denn CO₂-Emissionen kennen keine Ländergrenzen. Außerdem steht unsere Wettbewerbsfähigkeit aufgrund von energie- und industriepolitischen Maßnahmen in anderen Teilen der Welt vor noch nie dagewesenen Herausforderungen.
EU investiert 620 Milliarden Euro in umweltfreundlichere Volkswirtschaften
Dadurch sind Themen wie Verteidigung oder der grüne und digitale Wandel zu dringlichen Angelegenheiten von gemeinsamem Interesse geworden. Das Gleiche gilt für unsere Herangehensweise bei der Finanzierung der enormen Investitionen, die wir für die Dekarbonisierung unserer Volkswirtschaften, sicherere Lieferketten und die Modernisierung unserer Technologien tätigen müssen. In der EU werden allein für den grünen Wandel bis 2030 jährlich Investitionen in Höhe von 620 Milliarden Euro nötig sein.
Die Lösungen müssen sich auf alles stützen, was durch die Zusammenarbeit in Europa möglich ist. Auf den Aufbau einer Kapitalmarktunion, die sich über den gesamten Kontinent erstreckt und mit der private Finanzmittel mobilisiert werden können. Auf den Einsatz europäischer Instrumente und Maßnahmen zur Steigerung unserer Wettbewerbsfähigkeit und zur Erhöhung unserer Sicherheit.
Der digitale Euro soll das Bargeld ergänzen
Dies kann beispielsweise erreicht werden, indem die bestehenden Strukturen durch überarbeitete Haushaltsregeln und eine robustere Bankenunion gestärkt werden. Und dadurch, dass wir unsere gemeinsame Währung fit für das digitale Zeitalter machen. Dafür müssen die Grundlagen für einen potenziellen digitalen Euro geschaffen werden, der das Bargeld ergänzen kann.
Gleichzeitig müssen wir vor dem Hintergrund der laufenden Beitrittsverhandlungen mit mehreren Ländern dafür sorgen, dass wir auch in Zukunft in der Lage sind, entschlossen zu handeln. Erweiterung und Vertiefung schließen sich nicht aus. Eine Erweiterung kann jedoch Änderungen der Organisationsstruktur der EU erforderlich machen.
Die Europäische Union ist ein Anker der Stabilität
Den Menschen in Europa ist bewusst, dass sich die Welt verändert. Sie verstehen, dass Einheit uns Stärke verleiht. Etwa zwei Drittel der Europäerinnen und Europäer sind davon überzeugt, dass die EU ein Anker der Stabilität ist. Zeigen wir ihnen also, dass Europa diese Veränderungen gestalten und ihre Erwartungen erfüllen kann.
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Dies erfordert Ehrgeiz und Beharrlichkeit – dieselben Eigenschaften, die auch die Gründungsväter der europäischen Integration besaßen. Außerdem muss anerkannt werden, dass nicht alle Ziele sofort erreicht werden können. Die Erfahrungen bei der europäischen Integration haben uns gezeigt, dass wir den nächsten Schritt machen müssen, wenn sich die Gelegenheit bietet. Die weiteren Schritte werden folgen, wenn es an der Zeit ist.
Wie der französische Schriftsteller Anatole France einst sagte: „Um große Dinge zu erreichen, müssen wir nicht nur handeln, sondern auch träumen. Wir müssen nicht nur planen, sondern auch glauben.“ Die ersten 25 Jahre des Euro haben gezeigt, wie erfolgreich ein Traum sein kann. Aber die Welt rund um uns verändert sich, und unsere Maßnahmen zeigen, dass ein vereintes Europa die Antworten liefern kann, die Europa und die restliche Welt brauchen.
Paschal Donohoe ist Präsident der Euro-Gruppe, Christine Lagarde Präsidentin der Europäischen Zentralbank, Roberta Metsola Präsidentin des Europäischen Parlaments, Charles Michel Präsident des Europäischen Rates und Ursula von der Leyen Präsidentin der Europäischen Kommission.
Dieser Gastbeitrag wird in allen 20 Ländern des Euroraums veröffentlicht. In Deutschland erscheint er in den Zeitungen der FUNKE Mediengruppe.
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