Düsseldorf. Die Furcht vor Randale und Terror überschattet den Jahreswechsel in NRW. Selten zuvor war die Stimmung so angespannt wie diesmal.
Die Sorge, dass es wie in den vergangenen Jahren zu massiven Ausschreitungen in den NRW-Städten kommen kann, ist groß. Hinzu kommt die aufgeheizte Stimmung wegen des Krieges in Gaza. In der Silvesternacht verstärken das Land NRW und viele Städte daher die Sicherheitsmaßnahmen. Landesweit sollen in der Silvesternacht mehr als 6600 Polizistinnen und Polizisten für Sicherheit und Ordnung sorgen. Das sind 500 mehr als im Jahr zuvor und fast doppelt so viele wie in einer „normalen“ Samstagnacht.
Innenminister Reul: „Dieses Jahr haben wir mit dem Nahostkonflikt einen zusätzlichen Trigger“
„Die Bilder der letzten Silvesternacht haben wir alle noch vor Augen. Vor allem junge Männer in Gruppen haben randaliert und Einsatzkräfte mit Feuerwerk angegriffen. Dieses Jahr haben wir mit dem Konflikt in Nahost einen zusätzlichen Trigger. Das haben wir zum Anlass genommen, noch mehr Personal für den Jahreswechsel bereitzustellen“, erläuterte NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) in einer Mitteilung. Es könne aber nicht an jeder Ecke ein Streifenwagen stehen.
Dort, wo an Silvester erfahrungsgemäß viele Menschen feiern, werde die Polizei ihre Präsenz verstärken, so Reul. Außerdem würden in manchen Städten von der Polizei Videoüberwachungsgeräte eingesetzt. Polizistinnen und Polizisten wurden aufgefordert, in kritischen Situationen ihre Körperkameras (Bodycams) zu nutzen, um Beweise zu sichern.
Furcht vor Silvester-Randale: Was die Städte planen
Kurz vor Weihnachten hatte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) Sorgen geäußert, Silvester könne erneut von „blinder Wut und sinnloser Gewalt“ überschattet werden. In der Silvesternacht 2022/23 kam es in Berlin zu schweren Ausschreitungen, Randale gab es aber auch in Essen und Duisburg.
In Duisburg wird die Zahl der Einsatzkräfte diesmal deutlich erhöht, kündigte die Stadt an. Polizei und städtische Ordnungskräfte seien in der Silvesternacht verstärkt unterwegs, auf mobile Videoüberwachung werde aber verzichtet.Die Essener Polizeisetzt dagegen auf Videoüberwachung und schickt doppelt so viele Einsatzkräfte wie im vergangenen Jahr in die Silvesternacht.
Diskussion über Böllerverbotszonen hält an
Böllerverbotszonen wird es auch in diesem Jahr nicht in allen Großstädten in NRW geben. Zum Beispiel weisen Köln, Düsseldorf, Bochum und Münster solche Zonen aus, Essen, Duisburg und Dortmund hingegen nicht. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) in NRW wiederholte ihre Forderung nach einer Ausweitung von Böllerverbotszonen, es solle diese aber nicht überall geben.
„Wir sind keine Spaßbremsen und wollen nicht das Zünden von Feuerwerkskörpern im eigenen Garten verbieten. Wir müssen aber über Böllerverbotszonen in Kommunen reden“, sagte GdP-Landeschef Michael Mertens dieser Redaktion. Eine Gesellschaft, die nach Nachhaltigkeit strebe, stehe in der Pflicht, über Alternativen zum Böllern nachdenken, zum Beispiel über Lasershows.
Die vergangene Silvesternacht war laut Mertens herausfordernd für die Polizei. Die Sicherheitskräfte bereiteten sich daher gewissenhaft auf den Jahreswechsel 2023/24 vor. „Wir als GdP werden auch genau hinsehen, ob sich die Städte gut vorbereiten. Sollte etwas passieren, obwohl es vorher Anzeichen für mögliche Krawalle gab, muss die Politik Konsequenzen ziehen und die Verantwortung übernehmen.“
Die möglichen islamistischen Anschlagspläne auf den Kölner Dom und die Sorge vor Ausschreitungen im Zusammenhang mit dem Nahostkonflikt erhöhen die Gefahrenlage zusätzlich. Die Silvesternacht geriet schon vor einem Jahr ins Visier islamistischer Gefährder. Das FBI warnte die deutschen Behörden damals vor einem möglichen Giftanschlag. Der Gefährder wurde in Castrop-Rauxel festgenommen und später verurteilt.
Die NRW-Landesregierung beendet das Jahr mit einer Warnung: „Wer sich danebenbenimmt, für den kann die Silvesternacht auf der Wache enden – ohne Sekt und ohne frohe Neujahrsgrüße“, sagte Herbert Reul.
Silvesterkrawalle: „Die Strafe muss auf dem Fuße folgen“, sagt Thomas Kufen (Städtetag NRW)
Der Städtetag NRW hatte schon vor Tagen zu „Solidarität“ mit Rettungskräften, Feuerwehr und Polizei aufgerufen und hofft auf eine schnelle Bestrafung von Straftätern. „Jede Tat ist eine zu viel. Täter müssen die Konsequenzen ihres Tuns zeitnah spüren. Die Strafe muss auf dem Fuße folgen“, sagte der Vorsitzende des Städtetages NRW, Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen (CDU), dieser Redaktion. Strafverfolgungs- und Justizbehörden müssten in der Lage sein, Straftaten gerade bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen effektiv und schnell zu ahnden.
Kufen zeigt sich zufrieden damit, dass der Polizei inzwischen mobile Videoüberwachungsstationen zur Verfügung stünden. „Wichtig wäre aber auch, dass auch andere Einsatzkräfte zum Eigenschutz Bodycams und Dashcams gegen Gewaltausbrüche einsetzen könnten“, so Kufen. Dies schrecke Angreifer ab und erleichtere die Beweissicherung.
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