Essen. Im Tarifstreit haben sich Gewerkschaften und Länder auf mehr Geld für den öffentlichen Dienst geeinigt. Die Details - und was für Beamte gilt.
Der Tarifstreit im öffentlichen Dienst der Länder ist beigelegt. Die Gewerkschaften Verdi und Deutscher Beamtenbund (DBB) haben sich mit der Tarifgemeinschaft Deutscher Länder (TdL) auf einen Tarifabschluss verständigt, von dem zunächst bundesweit über eine Million Beschäftigte profitieren werden. Die Einigung soll nach langen Verhandlungen gegen halb zwei in der Nacht zum Samstag erzielt worden sein. Der Tarifabschluss entspricht im Kern der Einigung, die im April für die Beschäftigten der Kommunen und des Bundes erzielt worden ist.
Der DBB sprach von einem großen Erfolg. „Wir sind mit dem Abschluss an den Tarifvertrag von Bund und Kommunen herangekommen“, sagte Roland Staude, 1. Vorsitzender des DBB NRW, dieser Redaktion. „Das Gesamtpaket stimmt.“ Der Tarifabschluss sei äußerst differenziert, es seien auch viele kleinere Themen verhandelt worden.
Verdi-Landesleiterin Gabriele Schmidt verwies auf die Groß-Demonstration vom Dienstag, bei der 15.000 Teilnehmende ein starkes Signal gesetzt hätten. „Der Druck aus den Betrieben und Dienststellen war groß, das haben die Arbeitgeber offensichtlich erkannt“, sagte Schmidt. „Wenn die Länder zukünftig einen attraktiven öffentlichen Dienst wollen, um dem Fachkräftemangel zu begegnen, muss sich das auch in der Bezahlung widerspiegeln.“ Größere Erfolge hätte sie sich für studentisch Beschäftigte gewünscht.
Inflationsausgleich und in zwei Schritten mehr Geld
Im Kern verständigten sich die Tarifparteien auf eine stufenweise Anhebung der Entgelte zum 1. November 2024 und zum 1. Februar 2025 für die Beschäftigten der Länder. Zudem sollen sie in mehreren Teilbeträgen eine Inflationsausgleichprämie in Höhe von insgesamt 3000 Euro bekommen. In diesem Dezember gibt es zunächst 1800 Euro, bis einschließlich Oktober jeweils monatlich weitere 120 Euro. Im November 2024 werden die Entgelte um einen Sockelbetrag in Höhe von 200 Euro, ab 1. Februar 2025 dann um weitere 5,5 Prozent erhöht.
Die Einkommenssteigerungen liegen laut DBB zwischen 8 und 16 Prozent. Das entspricht dem Abschluss für den öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen vom April.
Verhandlungen mit dem Land: Abschluss soll auch für Beamtinnen und Beamte gelten
In NRW profitieren rund 206.000 Angestellte von der Einigung. Konkret geht es nun darum, dass der Abschluss auch auf die Beamtinnen und Beamte übertragen wird. Schon am Dienstag soll dazu ein erstes Gespräch mit der NRW-Landesregierung geführt werden. „Das Land NRW muss nun schnell die Übernahme für die Beamtinnen und Beamten beschließen, damit sie nicht abgehängt werden“, sagte Verdi-Landesleiterin Schmidt.
Gelingt auch hier die Einigung, profitieren insgesamt rund eine halbe Million Menschen in NRW. Den größten Anteil machen die 213.000 Lehrkräfte an Schulen und Hochschulen aus. Hinzukommen Pensionärinnen und Pensionäre. Die Gewerkschaften gehen optimistisch in die Gespräche mit dem Land.
Verdi und DBB hatten 10,5 Prozent mehr Einkommen, mindestens aber 500 Euro mehr gefordert. Nachwuchskräfte sollten 200 Euro mehr erhalten. Die Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) hatte die Forderungen anfangs als zu hoch zurückgewiesen. Sie umzusetzen, hätte mindestens 19 Milliarden Euro gekostet. Eigene Angebote hatten die Arbeitgeber dem Vernehmen nach erst am Donnerstag in der dritten Verhandlungsrunde vorgelegt.
Der bisher geltende Tarifvertrag war Ende September ausgelaufen. Die Einigung gilt für die Bundesländer mit Ausnahme von Hessen, das seinen Tarifvertrag selbst aushandelt.
Großdemo und Warnstreik: Die Gewerkschaften hatten den Druck erhöht
Erst am Dienstag hatten die Beschäftigten in NRW den Druck aufs Land erhöht. Mehr als ein Dutzend Gewerkschaften - darunter Verdi NRW, die Erziehungsgewerkschaft GEW, die Gewerkschaft der Polizei GdP und der DBB mit seinen Fachgewerkschaften - hatte an Unikliniken, Hochschulen, Schulen, Gefängnissen, Polizeidienststellen und Finanzämtern zu einem landesweiten Warnstreik aufgerufen. Rund 15.000 Menschen waren zu einer großen Demonstration vor dem Düsseldorfer Landtag gekommen.
Der Frust war auch deshalb so groß, weil der letzte Tarifabschluss 2021 mitten in der Pandemie mit 2,8 Prozent plus Coronabonus vergleichsweise gering ausgefallen ist. Für Unmut hatte zudem gesorgt, dass die Gewerkschaften für die Beschäftigten der Kommunen und des Bundes erst im Frühjahr einen beachtlichen Tariferfolg eingefahren hatten. Der Abschluss vom April unter dem Eindruck eines vorangegangenen heftigen Tarifstreits gilt mit Gesamtkosten in Höhe von 17 Milliarden Euro als der teuerste aller Zeiten für die Städte. (mit dpa)
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