Berlin. Wirtschaftsminister Habeck warnt, dass nun auch Strom, Gas und Fernwärme teurer werden könnten. Er schiebt die Schuld auf die Union.
Haushalts- und Wirtschaftspolitiker der Fraktionen im Bundestag und in den Ministerien beschäftigt dieser Tagen nichts mehr als die Aufarbeitung des folgenschweren Urteils aus Karlsruhe. Es werde „noch einige Tage dauern“, die Auswirkungen zu prüfen, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Montag in Berlin. Denn der Richterspruch hat womöglich nicht nur Folgen für den vom Bundesverfassungsgericht kassierten Nachtragshaushalt zur Aufstockung des Klima- und Transformationsfonds (KTF), sondern auch für andere Sondervermögen.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) warnte im „Deutschlandfunk“ auch vor Auswirkungen auf den Wirtschafts- und Stabilisierungsfonds (WSF). Dies könne bedeuten, dass Gas- und Strompreisbremsen zur Senkung der Verbraucherpreise künftig nicht mehr möglich sein und höhere Netzentgelte nicht mehr durch den Staat abgefedert werden könnten.
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„In der Begründung bezieht sich das Urteil, weil es so fundamental gesprochen ist, in der Tat im Grunde auf alle Fonds, die aufgesetzt wurden und die überjährig sind“, erklärte Habeck. Die Energiepreisbremsen sollten den rasanten Preisanstieg bei Gas und Strom nach dem russischen Angriff auf die Ukraine abmildern. Erst kürzlich hatte das Bundeskabinett die Hilfen bis Ende März 2024 verlängert. Ob die Mittel im kommenden Jahr noch zur Verfügung stehen, ist allerdings unklar.
Energiepreisbremsen: Verbraucherzentrale pocht auf Fortführung
Der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) pochte am Montag auf die Einhaltung der verlängerten Unterstützung: „Die Bundesregierung muss die Preisbremsen auch in diesem Winter wie versprochen fortführen. Ein vorzeitiges Ende der Preisbremsen wäre für viele Menschen nicht zu schultern. Verbraucherinnen und Verbraucher dürfen nicht das Nachsehen haben“, sagte Verbraucherzentralen-Chefin Ramona Pop dieser Redaktion.
Am Dienstag soll eine Anhörung von Sachverständigen mehr Klarheit bringen. Sowohl die Regierung als auch Unionsfraktionschef Friedrich Merz haben angekündigt, auch den Wirtschaftsstabilisierungsfonds auf Verfassungsmäßigkeit prüfen zu lassen. Die Union will gegebenenfalls erneut vor Gericht ziehen. Habeck erklärte ironisch, die Dankesschreiben für möglicherweise höhere Strompreise könnten die Bürgerinnen und Bürger an die Union richten.
Welche geplanten Förderungen nach dem Urteil fraglich sind
Wegen der weitreichenden Folgen des Urteils stehen zahlreiche Vorhaben der Bundesregierung, etwa im Hinblick auf Transformation und Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft infrage. Gelingt es nicht, andere Finanzierungen jenseits des geplanten KTF auf die Beine zu stellen, schätzen Haushalts- und Wirtschaftsexperten die Konsequenzen für den Standort Deutschland als „dramatisch“ ein. Betroffen davon wären unter anderem Zusagen, mit denen die Ansiedlung der großen Chipfertiger Intel und TSMC unterstützt werden sollten. Aber auch Projekte für „grünen“ Stahl stehen auf der Kippe, ebenso wie Subventionen für den Aufbau einer deutschen Batterie- und Solarproduktion und der Umweltbonus für Elektroautos im Jahr 2024.
„Die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands hängt nicht am Klimafonds, sondern wird gebremst durch zu hohe Steuern und Abgaben und zu viel Bürokratie“, sagte hingegen der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Christoph Meyer dieser Redaktion. Klar sei, dass das Bundesverfassungsgerichtsurteil in seiner Grundsätzlichkeit auch für den Wirtschafts- und Stabilisierungsfonds gelte. „Welche Maßnahmen aufgrund des Urteils für den WSF ergriffen werden müssen, wird gerade geprüft“, so Meyer.
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