Berlin. Die USA wissen, wohin Kriege im Affekt führen. Ihr Präsident mahnt Israel, nicht blind Vergeltung zu üben. Er hat die Geiseln im Auge.
Es ist auffällig: US-Präsident Joe Biden setzt sich von Israels Premier Benjamin Netanjahu ab – zumindest teilweise. Netanjahu benutzt im Krieg gegen die Terrororganisation Hamas eine martialische Rhetorik. Die Führer der Islamisten müssten vernichtet, ihr Netzwerk zerstört werden. Der Gazastreifen müsse in eine neue Ära gebombt werden, fordert Netanjahu.
Dagegen bemüht sich Biden um Mäßigung. Er bekräftigt zwar die Solidarität seines Landes mit Israel und gesteht ihm das Recht auf Selbstverteidigung gegen die brutalen Hamas-Attacken zu. Doch gleichzeitig mahnt er, die Regeln des humanitären Völkerrechts einzuhalten.
Der Hinweis an die Israelis, sich im Wunsch nach Vergeltung „nicht von Wut auffressen zu lassen“, ist Appell und Warnung. Dahinter steckt der Hinweis auf Amerikas blinde Rachefeldzüge nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001: Die US-Militäraktionen gegen den Irak und Afghanistan endeten in einem Fiasko.
Biden will verhindern, dass Israel einen ähnlichen Fehler begeht. Deshalb versucht er, Netanjahu von einer überhasteten Bodenoffensive abzuhalten. Der Bremskurs hat mehrere Ursachen, die auch mit der US-Innenpolitik zu tun haben. Der Chef des Weißen Hauses ist in Sorge, dass bei einem frontalen Einmarsch der Israelis viele der mehr als 200 Geiseln von der Hamas umgebracht werden – darunter auch Amerikaner.
Die Bilder von toten US-Bürgern wären für Biden Gift im Präsidentschaftswahlkampf. Eine weitere Eskalation in Nahost – im Extremfall mit US-Beteiligung – wäre ein unkalkulierbares Risiko. Deshalb setzt er zunächst auf Katar und hofft auf dessen Erfolg bei den Verhandlungen über die Freilassung der Geiseln.
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