Berlin. Die Hamas hofft im Krieg auf eine Koalition der arabischen Staaten. Um das zu verhindern, muss Israels Premier nun mit Bedacht handeln.
Es sind erschreckende und zutiefst verstörende Bilder, die aus Israel um die Welt gehen. Ein wildgewordener Mob aus Terroristen der radikalislamischen Hamas tötet mehr als 500 Israelis, nimmt Soldaten und Zivilisten als Geiseln. Ein Raketenhagel geht auf Städte und Dörfer in Israel nieder. Zudem schießt die schiitische Hisbollah-Miliz im Libanon auf Ziele im Grenzgebiet. Der Nahe Osten wird nach Jahren einigermaßen kontrollierter Konfliktwellen erneut zu einem Schlachtfeld barbarischer Gewalt.
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Vor diesem Hintergrund ist es beruhigend, dass die Bundesregierung und die größte Oppositionspartei ihre unverbrüchliche Unterstützung für Israel betont haben. „Die Sicherheit des Staates Israel ist uns Verpflichtung und deutsche Staatsräson“, hieß es in einer Erklärung der Chefs von SPD, Grünen, FDP, CDU und CSU. Egal wie man zu Einzelfragen der israelischen Politik stehen mag: Dieser Schulterschluss ohne Wenn und Aber ist richtig und wichtig.
Der neue Krieg, den die Hamas vom Zaun gebrochen hat, birgt bislang ungekannte Gefahren. Die Terrorgruppen Hamas, Islamischer Dschihad, Hisbollah sowie deren Schutzmacht Iran haben deutlich gemacht: Die Vernichtung Israels ist nicht nur ein propagandistisches Ziel, sondern konkrete Kriegspolitik.
Auch die USA und Russland könnten involviert werden
Die Terroristen setzen auf Eskalation. Sie hoffen, dass ein Flächenbrand zu einer Koalition arabischer Staaten gegen Israel führt – wie bei den Kriegen 1948 oder 1973. Saudi-Arabien spielt hier eine Schlüsselrolle: Die bislang gemäßigte Ölmonarchie soll aus dem Kurs der Annäherung zu Israel herausgetrieben werden. Je härter Israels Vergeltung gegen die Hamas im Gazastreifen ausfällt, desto höher wird der Druck auf Riad, innerarabische Solidarität zu üben.
Doch die Gefahren reichen weiter. Der Terror-Unterstützer Iran hat im Ukraine-Krieg eine Waffenbrüderschaft mit Russland. Sollte Teheran militärisch intervenieren, könnte auch Moskaus Kriegspartei zumindest Waffenlieferant werden. Die USA sind wiederum Schutzmacht für Israel und fühlen sich der Verteidigung des Landes verpflichtet. Je nach der Dynamik und Eskalationsstufe des Krieges könnten Amerika und Russland – die größten Nuklearstaaten der Welt – involviert werden.
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Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu steckt in einem Dilemma. Er ist einerseits dazu verdammt, eine massive Vergeltungsaktion gegen die Hamas durchzuführen. Das schuldet er seiner zutiefst verunsicherten Nation. Zudem muss er Israels Abschreckungskraft nach außen wiederherstellen.
Auch Premier Netanjahu hat Fehler gemacht
Andererseits birgt zum Beispiel eine Bodenoffensive in den Gazastreifen das Risiko hoher Verluste bei den eigenen Kräften. Kommt es zu einer großen Zahl an zivilen Opfern unter den Palästinensern, läuft Netanjahu Gefahr, die arabischen Länder zusammenzuschweißen.
Dennoch: Auch Israels Premier hat Fehler gemacht. Seine durchgeboxte Justizreform zur Aushebelung der Gewaltenteilung hat das Land gespalten wie nie zuvor. Er hat die Orthodoxen und Nationalreligiösen in seiner Regierung an der zu langen Leine gelassen. Die Prediger eines Großisraels, die die Palästinenser am liebsten in arabische Staaten wie Jordanien umsiedeln würden, haben zu viel Macht.
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Das Ziel einer Zweistaaten-Lösung wurde auf den Sankt-Nimmerleinstag verschoben. Das wird sich angesichts der Bedrohung Israels kurzfristig nicht ändern. Aber jetzt geht es darum, zumindest Signale zu senden, die den Druck im Kessel nicht weiter erhöhen. Die Bildung einer großen Koalition mit den stärksten Oppositionsparteien wäre so ein Schritt.
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