Berlin. Verboten, aber straffrei: Die Abtreibung wird durch den Paragrafen 218 geregelt. Es wird Zeit, sie aus dem Strafrecht zu holen.
Letztlich drückt der Staat mit dem Paragrafen 218 ein Auge zu. Er droht mit dem Strafrecht – und gibt sich dann generös. Die Abtreibung war ja noch in den ersten zwölf Wochen der Schwangerschaft. Außerdem gab es ein Beratungsgespräch. Die Frau, die sich in einer Notlage befindet, kann aufatmen. Der Arzt oder die Ärztin auch. Der Abbruch kann ohne rechtliche Konsequenzen erfolgen. Ist damit alles gut?
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Tatsächlich ist das Gesetz zum Schwangerschaftsabbruch das Ergebnis eines schwierigen Kompromisses. Schließlich musste nach der Wiedervereinigung die liberale Fristenlösung der DDR – in den ersten 12 Wochen konnten Frauen nach einer Beratung die Schwangerschaft abbrechen – irgendwie mit der strengen Indikationsregelung der Bundesrepublik zusammengeführt werden. Die Stimmung zum Thema war aufgeheizt – und ist es bis heute. Radikale sogenannte Lebensschützer stehen unerbittlichen Forderungen nach einer umfassenden Legalisierung gegenüber.
Es gibt effizientere Wege, um Abtreibungen einzudämmen
Wer sich genauer mit dem Thema beschäftigt, erkennt schnell Bevormundung von Frauen, die hinter dem Paragrafen 218 Strafgesetzbuch steckt. Frauen übrigens, die sich gerade in einer Extremsituation befinden. Ihnen wird mit dem Strafrecht abgesprochen, verantwortungsbewusst eine Entscheidung zu treffen.
Den Schwangerschaftsabbruch nicht zu erlauben, aber straffrei zu halten, klingt so, als wolle man Frauen sagen, dass es eigentlich nicht in Ordnung ist. Nach dem Motto: Abtreibung von mir aus, aber dann soll die Frau wenigstens ein schlechtes Gewissen haben.
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Dabei gibt es viel effizientere Wege als das Strafrecht, um Abtreibung einzudämmen. An erster Stelle steht da Prävention: Wer kein Kind möchte, wer zu jung ist, zu allein, wer sich das nicht zutraut, kommt am besten gar nicht erst in diese Konfliktsituation. Aber es sind übrigens längst nicht nur junge Frauen und Mädchen, die ungewollt schwanger werden.
Zur Aufklärung gehört der Zugang zu Verhütungsmitteln
Es sind auch Mütter, die bereits zwei oder drei Kinder haben und nicht mehr können. Mütter, die in unsicheren Beziehungen leben, die nicht immer glücklich in ihrer Partnerschaft sind, die Gewalt erleben. Es sind Frauen, die vielleicht gerade Fuß gefasst haben in ihrer beruflichen Entwicklung. Die fühlen: Mit einem (weiteren) Kind schaffe ich den Job nicht.
Die beste Prävention ist natürlich eine umfassende Aufklärung. Also eine Sexualerziehung, die Jungen genauso in die Pflicht nimmt wie Mädchen. Es ist erschreckend, wie unwissend viele Heranwachsende immer noch sind. Zur Aufklärung gehört dann auch der Zugang zu Verhütungsmitteln – und zwar kostenlos und unkompliziert. Denn die Frage, ob mit den letzten 50 Euro im Monat der Wochenendeinkauf finanziert wird oder eine Drei-Monats-Packung der Anti-Baby-Pille, ist mitunter schnell beantwortet.
Die Abtreibung sollte immer nur der letzte Ausweg sein
Wie gut die Kombination aus Sexualerziehung und kostenfreiem Zugang zu Verhütungsmitteln funktioniert, zeigen übrigens die Niederlande. Dort ist der Abbruch bis zur 22. Woche erlaubt, die Kosten übernimmt der Staat. Dennoch ist die Quote vergleichsweise niedrig.
Klar ist: Abtreibung sollte immer nur der letzte Ausweg sein. Es bleibt ein schwerer Eingriff in die Frauengesundheit, körperlich wie psychisch – so schonend er auch vorgenommen wird. Ins Strafrecht gehört die Frühabtreibung deswegen noch lange nicht, sondern in die Verantwortung der Frau. Wenn die Ampel-Regierung ihren Kurs, der zu einer modernen, aufgeklärten und emanzipierten Gesellschaft passt, weiter vorantreiben will, kommt sie an einer Reform des Paragrafen 218 nicht vorbei.