Berlin. Es klingt spektakulär: Unsichtbare Drohnen aus Pappe sollen teure russische Kampfjets zerstört haben. Was steckt hinter der Attacke?
Die Ukraine setzt im Krieg gegen den Aggressor Russland offenbar auf einen neuen Drohnentyp. Medienberichten zufolge haben in der Nacht zum vergangenen Sonntag 16 Flugkörper den militärischen Teil des Flughafens Kursk getroffen, weitgehend unbehelligt von der russischen Flugabwehr. Das dürfte einen Grund haben: Die Drohen sollen nahezu unsichtbar für das Radar sein.
Fünf russische Kampfflugzeuge und zwei Flugabwehrsysteme seien bei dem Angriff zerstört worden, melden ukrainische Medien unter Berufung auf Geheimdienstkreise. Bestätigen lässt sich das nicht – allerdings berichtete auch der russische Militärblogger "Fighterbomber" (dt.: Jagdbomber), ein ehemaliger Jagdflieger der russischen Luftwaffe, in seinem Telegram-Kanal von dem Angriff.
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"Das Hauptmerkmal der Drohne ist ihre Modularität und Wegwerfbarkeit, das sie fast vollständig aus mit Wachs imprägniertem Papier und Gummibändern besteht", schreibt der Blogger und erklärt damit deren Unsichtbarkeit für russisches Radar.
Radarstrahlen werden von Materialen wie Holz oder Pappe nur schwach zurückgeworfen. So entsteht beim Absender wenig Echo, welches etwa für die Bestimmung der Entfernung zwischen Radargerät und Hindernis – wie einem Flugzeug oder Schiff – notwendig ist.
Ganz unsichtbar scheint die Drohne aber nicht zu sein, die russischen Behörden bestätigten zumindest Flugabwehrfeuer. Ukrainische Medien berichten, drei der Drohnen seien bei dem Angriff abgeschossen worden.
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Ukraine nutzt hochflexibles Fluggerät zur Aufklärung
Die ukrainischen Berichte und die Beschreibung des Bloggers decken sich mit der Produktbeschreibung einer von der australischen Regierung an die Ukraine übergebenen Drohne des Herstellers SYPAQ. 100 seiner "Pappkarton-Drohnen" liefert das Unternehmen seit März 2023 monatlich an die Ukraine, als Teil eines Unterstützungspakets des australischen Verteidigungsministeriums. Der Stückpreis beträgt laut einem Bericht des "Buisness Insider" rund 3500 US-Dollar, knapp 3200 Euro.
Verpackt ihn handliche "Fähigkeits-Ziegel", wie es in einer Mitteilung des Herstellers heißt, bringt die Drohne mit dem markigen Namen Precision Payload Delivery System, PPDS, mehrere, von der Ukraine dringend benötigte, militärische Anwendungsmöglichkeiten auf das Schlachtfeld. Die Produktbeschreibung bewirbt das PPDS mit Fähigkeiten im Bereich der Logistik, Kommunikation, Aufklärung und Überwachung, Kartografie und Schwarm-Anwendung.
"Die flexible Gestaltung der Plattform ermöglicht es dem Anwender, auf dem Schlachtfeld innovative Lösungen zu finden und das System schnell an neue, dynamische Anforderungen anzupassen", schreibt das Unternehmen etwas euphemistisch.
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"Pappkarton-Drohne" mit hoher Reichweite
Je nach Zuladung soll die Drohne zwischen 80 und 200 Kilometer weit fliegen können. Damit kann sie bequem von der ukrainischen Grenze den angegriffenen Flughafen Kursk erreichen; von grenznahen Sumy etwa bis nach Kursk sind es rund 105 Kilometer Luftlinie.
Zum Start scheint nicht mal ein Katapult nötig, Soldatinnen können das Gerät wie einen Papierflieger in die Luft werfen und dann von einem Tablet aus steuern.
Unklarheit besteht allerdings über das Material, aus dem die Drohne gefertigt ist. Während SYPAQ angibt, die Drohne sei aus mit Plastik überzogenem Holz und Schaumstoff gefertigt, schreibt der Hersteller anderenorts von der "Pappkarton-Drohne".
Bilder von dem Fluggerät lassen keinen finalen Schluss über das Material zu; von ihrer Optik her ähnelt die Drohne allerdings tatsächlich einem aus Papp-Kartons zusammengezimmerten Fluggerät.
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