Des Moines. 2024 stehen in den USA die Präsidentschaftswahlen an. Wie sich der Republikaner Ron DeSantis gegen Donald Trump durchsetzen will.
Demütigender hätte kein Film-Regisseur die Szene drehen können, die fortan für das republikanische Rennen um die Präsidentschaftskandidatur 2024 steht. Ron DeSantis steht am Sonnabend mit nasser Stirn bei 33 Grad in der Mittagshitze an einem Barbecue-Grill der "Iowa State Fair" in Des Moines und macht auf Bürgernähe. Er wendet Schweinekoteletts. Da recken sich plötzlich die Köpfe Hunderter Besucher der größten Fressgassen-Kirmes im Mittleren Westen der USA gen Himmel. "Verdammt, das ist ja seine Maschine", johlt ein junger Mann beinahe euphorisch. Sekunden später setzen Chor-artige "Wir lieben Trump/Wir wollen Trump"-Gesänge ein.
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DeSantis verlässt die Szenerie wie ein geprügelter Hund
Floridas Gouverneur, im Bauern-Bundesstaat in Umfragen gut 25 Prozentpunkte hinter dem Ex-Präsidenten konstant die Nummer zwei im Ringelreihen konservativer Aspiranten, wirkt in diesem Moment noch etwas verkniffener als sonst. Er ahnt, was kommt: Donald, die Dampfwalze.
Kurz nach der Landung zieht der 77-Jährige, der angesichts der Temperaturen auf die rote Signatur-Krawatte verzichtet hat, trotz aller gegen ihn laufenden Straf- und Zivilverfahren für eine Stunde jedes Gramm Aufmerksamkeit auf dem traditionsreichen Rummelplatz auf sich.
DeSantis, wie immer mit Gattin und Chefberaterin Casey und den drei Kindern Madison (6), Mason (5) und Mamie (3) im Wahlkampf, verlässt die Szenerie unter vereinzelten Buhrufen fast wie ein geprügelter Hund.
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Zwischen Davenport und Sioux City ist DeSantis extrem präsent
Tausende – Wiederholung: Tausende – versuchen zwischen den Buden, in denen Maiskolben, Oreo-Kekse, Hühnchen-in-Waffeln, Klapperschlangen-Bissen-am Stiel (alles fritiert) und andere Kuriositäten verkauft werden, einen Blick von dem Mann zu erhaschen, der hier eines mit Macht demonstrieren will: dass sich sein ehemaliger politischer Ziehsohn DeSantis abschminken kann, ihm bei der ersten Vorwahl der Republikaner am 15. Januar nächsten Jahres den Start zu vermasseln.
Aber genau an diesen 15. Januar, den Termin des "Iowa Caucus", bei dem Wahlberechtigte in altertümlich anmutenden Diskussionsrunden die Vorzüge und Nachteile eines Kandidaten vorstellen und dann abstimmen, scheint der 44-Jährige sein politisches Schicksal geknüpft zu haben.
Anders als etwa New Jerseys Ex-Gouverneur Chris Christie, der um das topographisch furchtbar langweilige Agrar-Land mit religiösem Einschlag einen Bogen macht und erst später in New Hampshire punkten will, ist DeSantis zwischen Davenport und Sioux City inflationär präsent.
Ron DeSantis besitze die größte Führungspersönlichkeit im Kreis der Bewerber
38 der 99 Landkreise hat er bereits abgeklappert. Bis Ende Oktober wird der blaue-rote Kampagnen-Bus mit dem Slogan "Never Back Down" (Weiche nie zurück) in jedem Winkel Iowas gewesen sein. Kim Reynolds, beliebte republikanische Gouverneurin, lobt ihren Kollegen dafür. "Er hört zu, er will wissen, was die Leute umtreibt."
Donald Trump nimmt übel, dass die im Range einer deutschen Ministerpräsidentin waltende Politikerin ihren Kollegen erkennbar unterstützt. Bei seiner Kurz-Visite auf der "State Fair", die für Präsidentschaftskandidaten eine Pflichtveranstaltung ist, ging er Reynolds strikt aus dem Weg. Die 64-Jährige hatte zuvor gesagt, dass die überwältigend pro Trump laufenden Umfragen "nicht wirklich das wiedergeben, was ich höre". Und dass am 15. Januar "Überraschungen nicht auszuschließen sind".
Steve Deace, die wohl einflussreichste konservative Radio-Quasselstrippe in Iowa, hatte kurz vor Kirmesbeginn für eine solche gesorgt: "Heute in einem Jahr wird Trump im Gefängnis sitzen oder einen Deal mit seinen Strafverfolgern ausgehandelt haben." Einerlei: Fürs Weiße Haus sei Trump damit nicht mehr der Richtige. Die "größte Führungspersönlichkeit" im Kreis der Bewerber besitze "eindeutig Ron DeSantis".
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Trumps Konkurrent wirke "geordneter im Kopf"
Sue Borger, eine 61-jährige Lehrerin aus Cedar Rapids, war versucht, das zu glauben, als sie den in ausgebeulten Jeans und Cowboystiefeln daherkommenden Elite-Uni-Absolventen im Gespräch mit Gouverneurin Reynolds erlebte. "Er wirkt geordneter im Kopf als Trump. Und er hat ein Programm." Radikaler Bürokratie-Abbau in Washington. Stärkung des Militärs. Schuldenabbau. Konzentration in der Außenpolitik auf China. Abriegelung der Grenze zu Mexiko - mit solchen Forderungen, das zeigt der Applaus von gut 500 Zuhörern, können Iowa-Wähler einiges anfangen.
Aber auch in diesem Setting spielt der Zufall DeSantis einen Streich. Erst taucht am Himmel ein kleines Propeller-Flugzeug auf, das ein Spruchband hinter sich her zieht. "Sei nett, Ron!", steht da zu lesen. Eine Anspielung auf das ewig Sperrig-Hölzerne, das DeSantis` Gebaren kennzeichnet, wenn er mit Wahlbürgern auf Tuchfühlung geht. Und: Als Kim Reynolds ihn am Ende fragt, wie er gewinnen will, streikt die Technik. Mikrofonausfall.
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Trump betreibt erfolgreichen Hinterhof-Wahlkamp
Donald Trump ließ dagegen bei seinem volkstribunenhaften Auftritt im bis unters Dach gefüllten Bierhaus Steer N’ Stein, das für 24 Dollar eigens ein Trump-Menü aufgeboten hatte (Doppelter Cheeseburger, "Freiheits"-Pommes und Cola) andere für sich reden. Etwa neun Kongress-Abgeordnete aus Florida, die ihm und nicht ihrem Gouverneur das Plazet für 2024 geben. Weil sie glauben, dass Trump ein Art Erbbaurecht auf die Kandidatur hat. Weil sie finden, dass DeSantis bis 2028 die Füße stillhalten soll.
Das Argument hallt bis in die Provinz. Geradezu symptomatisch bei Bill Pellett aus Atlantic, einer Klitzekleinstadt 90 Autominuten westlich von Des Moines, wo DeSantis vor der "Iowa State Fair"klassischen Hinterhof-Wahlkampf macht. Pellett, wie so viele unter den vielleicht 60 Besuchern Bauer von Beruf, ist nur gekommen, "um zu sehen, ob Ron für die Wahl in vier Jahren der Richtige wäre".
Im November nächsten Jahres wird der 67-Jährige "definitiv" Donald Trump wieder seine Stimme geben. "Nur er kann den Saustall Washington aufräumen." Dass der ehemalige Präsident von mehreren Strafverfahren überrollt wird, spielt für Pellett "überhaupt keine Rolle". Alles getürkt, "einfach, um Trump zu verhindern", sagt der weißhaarige Mann, dessen Augen sich dabei zu Schlitzen verengen. In seinem Landkreis, Cass County, behauptet Pellett, warteten viele Leute nur darauf, am 5. November 2024 "für Trump ein saftiges Statement gegen die amtierende Regierung abzugeben".
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DeSantis: "Erzähl mir nicht, dass ein Mann schwanger werden kann"
Da kann sich Ron DeSantis auf der improvisierten Bühne hinter dem lauschigen Downtowner-Cafe noch so sehr ins Zeug legen. Obwohl ihm millionenschwere Geldgeber geraten haben, sich moderater, mittigen zu geben, bleibt der Gouverneur bei seinem radikalen Programm, das vielfach mit dem von Trump überlappt. Danach wird der Regierungs-Apparat in Washington radikal von demokratisch tickenden Beamten gesäubert. An der Grenze zu Mexiko will DeSantis das Militär einsetzen, um Flüchtlinge abzuhalten. Drogen-Kuriere der Kartelle würden erschossen und "stone cold dead" auf US-Territorium enden. Bestrebungen der Demokraten, "unsere Kinder im Schul-Unterricht zu sexualisieren" und Geschlechtsumwandlungen zu bewerben, würden gestoppt. "Erzähl mir nicht, dass ein Mann schwanger werden kann", sagt DeSantis.
Die Besucher, viele davon aus der Altersklasse 70 plus, nicken höflich. Applaus kommt erst auf, als DeSantis verspricht, dass der in der Landwirtschaft unabdingbare Kraftstoff Ethanol weiter steuerlich gefördert wird. Und dass "China bei uns kein Land mehr kaufen kann". Den Namen Donald Trump nimmt er nicht in den Mund. Nicht ein einziges Mal.
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