Berlin. Der Transatlantik-Koordinator der Bundesregierung, Michael Link, rechnet mit neuen „Drohgebärden“ Trumps. Aber er hat ein Gegenrezept.
Der ehemalige US-Präsident Donald Trump legt in den Umfragen zu – und ist derzeit Favorit für die republikanischen Vorwahlen. Der Transtalantik-Koordinator der Bundesregierung, Michael Link (FDP), fordert, dass sich Deutschland und die EU bereits heute für den Fall einer Wiederwahl Trumps vorbereiten.
Sie kommen gerade von einer USA-Reise zurück. Wie aufgewühlt ist das Land angesichts der Anklagewelle gegen Ex-Präsident Donald Trump?
Michael Link: Das Land ist unverändert polarisiert. Zwar üben auch einzelne Republikaner Kritik an Trump. Aber sie äußern sich nur hinter vorgehaltener Hand – aus Angst vor der extrem stark mobilisierten Parteibasis.
Hat Trump die Mehrheit der Republikaner in der Tasche – egal ob er verurteilt wird oder nicht?
Link: Es gibt zwar keine 100-prozentige Sicherheit, dass Trump die republikanischen Vorwahlen gewinnt. Dennoch spricht vieles dafür: Wenn die Vorwahlen heute stattfinden würden, hätte Trump eindeutig die Nase vorn.
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Aus heutiger Sicht: Wie stehen die Chancen bei einem Präsidentschafts-Duell Donald Trump gegen Joe Biden?
Link: Viele Experten in den USA sagen: Wenn beide wieder gegeneinander antreten, könnte es so ausgehen wie 2020. Trump würde zwar seine eigenen Anhänger mobilisieren, aber auch die der Gegenseite, denn er polarisiert mehr denn je. Man darf das jedoch nicht eins zu eins auf die nächste Wahl übertragen. Alles hängt davon ab, wie die Lage im November 2024 ist. Der Wahlkampf ist offen.
Würde ein wiedergewählter Präsident Trump noch mehr Front gegen Deutschland und Europa machen?
Link: Die Erfahrung zeigt: Man muss Trumps Drohungen ernst nehmen. Drohgebärden gegenüber Europa und Deutschland spielen bei ihm eine wichtige Rolle.
Müssten die Bundesregierung und die EU bereits heute Szenarien für eine Präsidentschaft Trump entwickeln?
Link: In der Tat muss man sich auf verschiedene Szenarien einstellen. Trumps Wiederwahl ist eines davon. Deshalb brauchen wir mehr belastbar gute Beziehungen zu Senatoren, Abgeordneten, Gouverneuren und Landesparlamenten. Und zwar in beiden Parteien, wobei wir insbesondere bei den Republikanern Nachholbedarf haben.
Diese Kontakte könnte man dann mobilisieren, wenn Trump Handelsbarrieren zu Europa errichten würde, aus der Nato austreten oder US-Militärbasen in Deutschland schließen wollte. Wir sollten großes Interesse daran haben, falls nötig – bildlich gesprochen – "um Trump herum" arbeiten zu können. Es geht um die Errichtung eines Gegengewichts durch den Aufbau eines starken Beziehungsnetzes in seine Partei hinein.
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Sie wollen einen besonderen Draht zu Republikanern aufbauen?
Link: Die deutsch-amerikanischen Beziehungen sind wesentlich mehr als nur die Beziehungen zum Weißen Haus. Falls Trump wiedergewählt werden sollte, brauchen wir Ansprechpartner in seiner Partei, die ihm Paroli bieten können. Ein wiedergewählter Präsident Trump könnte nicht dauerhaft gegen einen republikanisch dominierten Senat oder ein republikanisch dominiertes Repräsentantenhaus regieren. Auch nicht gegen republikanische Gouverneure, die an einer Zusammenarbeit mit Europa interessiert sind. Schließlich spielen in vielen republikanisch regierten Bundesstaaten europäische und deutsche Unternehmen eine große Rolle. Diese Politiker vor Ort wollen keinen Wirtschaftskrieg, sondern gute Beziehungen.
Worauf sollte sich Bundeskanzler Olaf Scholz besonders vorbereiten?
Link: Kluge Außenpolitik beginnt immer damit, dass man sich auf verschiedene Szenarien vorbereitet. Vor allem sollten wir die Zeit vor den Vorwahlen nutzen, um mit der Biden-Administration konkrete Liberalisierungen im Handelsbereich zu vereinbaren, zum Beispiel durch Abkommen über kritische Rohstoffe, über Industriezölle und andere sektorale Handelsabkommen. Das wäre ein echtes Plus für deutsche Unternehmen und den Standort Deutschland.