Berlin . Trotz internationaler Empörung hatte Russland das Getreideabkommen mit der Ukraine aufgekündigt. Nun ist es offiziell ausgelaufen.
Das Abkommen zur Verschiffung von ukrainischem Getreide über das Schwarze Meer ist nach mehreren Verlängerungen am Montagabend offiziell ausgelaufen. Zuvor hatte Russland die Vereinbarung gestoppt. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow erklärte, dass Moskau zur Erfüllung der Vereinbarung zurückkehre, sobald alle russischen Forderungen für den Export seines eigenen Getreides erfüllt seien.
Peskow dementierte, dass die Attacke auf die Krim-Brücke vom Montag Auswirkungen auf die Zukunft des Getreideabkommens habe. "Das sind zwei nicht miteinander verbundene Ereignisse. Sie wissen, dass noch vor dem Terroranschlag, die Position von Präsident Putin geäußert wurde", sagte der Kreml-Sprecher.
Getreideabkommen: Mehr als 33 Millionen Tonnen seit letztem Sommer verschifft
Das Auslaufen des Abkommens wird international beklagt. Die Nichtverlängerung durch Moskau zeige, "dass Russland sich nicht verantwortlich fühlt für ein gutes Miteinander in der Welt", sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in Brüssel. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) verurteilte die russische Ablehnung ebenfalls scharf. Putin setze "in seinem brutalen Angriffskrieg" gegen die Ukraine "erneut Hunger als Waffe gegen die ganze Welt" ein, sagte sie in New York.
Die Ukraine ist ein wichtiger Agrarexporteur. Ohne das ukrainische Getreide drohen steigende Lebensmittelpreise und Hungerkrisen in den ärmsten Regionen der Welt. Dank der Vereinbarung hatte die Ukraine trotz des russischen Angriffskriegs seit vergangenem Sommer Getreide auf dem Seeweg exportieren können. Mehr als 1000 Schiffe brachten fast 33 Millionen Tonnen ins Ausland. Als vorläufig letztes Schiff wurde am Montag in Istanbul der Frachter "TQ Samsun" auf dem Weg in die Niederlanden kontrolliert.
Selenskyj will Getreideabkommen ohne Russland
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj forderte, die Exporte auch ohne russische Zustimmung in Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen und der Türkei fortzusetzen. Dazu habe er Briefe an UN-Generalsekretär Antonio Guterres und Präsident Recep Tayyip Erdogan geschrieben, sagte Selenskyj in seiner Videoansprache am Montagabend. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan stellte in Aussicht, mit Kremlchef Wladimir Putin über eine Wiederaufnahme des Abkommens zu reden.
- Kriegsmaterial: Gehen Russland im Ukraine-Krieg die Panzer aus?
- Teure Produkte: Russen kaufen westliche Waren, die in Kiew niemand will
- Rüstungsmesse: Panzer, Drohnen – und die Rakete, die uns vor Putin rettet
- Militärexperte: Masala: „Auf der Krim hat die Ukraine jetzt die Initiative“
Russland verlangt seit etwa einem Jahr, dass die Sanktionen des Westens gelockert werden, damit es selbst auch eigenes Getreide und Dünger unbegrenzt exportieren kann. Mit dem Ende des Abkommens droht wie nach Beginn des Krieges im Februar des vergangenen Jahres eine Blockade der ukrainischen Schwarzmeerhäfen, aus denen dann Frachter etwa mit dem Mais und dem Weizen nicht mehr auslaufen könnten.
"Wir verlängern in dem Moment, in dem die uns gemachten Versprechen erfüllt werden", hatte Russlands Präsident Putin in der vergangenen Woche gesagt. Russland sei bereit, so lange wie nötig zu warten. Das seit rund einem Jahr praktizierte Vorgehen, dass erst verlängert und dann die Versprechen erfüllt würden, passe Moskau aber nicht mehr. Der Westen habe ein Jahr Zeit gehabt, die Bedingungen umzusetzen, sagte der Kremlchef. (csr/dpa)
Ukraine-Krieg – Hintergründe und Erklärungen zum Konflikt
- Historie: Liegt der Grund für den Ukraine-Krieg in der Geschichte?
- Putins Ziele: Warum Russland die Ukraine angegriffen hat
- Präsident: Wolodymyr Selenskyj ist Putins Feind Nr. 1
- Verteidigungsbündnis: Die Nato einfach erklärt – Warum sie für Putin ein Ärgernis ist