Berlin. Die Ukraine hat acht Dörfer zurückerobert. Was das bedeutet und was ein echter Gamechanger sein könnte, erklärt der Militärexperte.
Er zählt zu den bekanntesten Militärexperten in Deutschland: Carlo Masala. Der 55-Jährige lehrt Internationale Politik an der Universität der Bundeswehr München. Er beantwortet unserer Redaktion jede Woche die wichtigsten Fragen rund um den Ukraine-Krieg.
Herr Professor Masaala, die Ukraine hat 100 Quadratkilometer und acht Dörfer befreit, ist das ein Erfolg?
Carlo Masala: Das ist natürlich ein Erfolg, aber angesichts der Größe des besetzen Territoriums, das die Russen halten, ist es nicht viel. Es ist Teil der laufenden Offensive, die man nicht an Kilometern messen sollte. Die Frage ist, wie taktisch wichtig ist das Gelände und das lässt sich derzeit nicht einschätzen.
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Wann rechnen Sie mit einem Großangriff?
Masala: Zeitlich lässt sich das nicht sagen, es hängt davon ab, ob ein Korridor gefunden wird, durch den größere Kräfte vorstoßen können. Es ist derzeit nicht abzusehen, wann und in welcher Form das passieren wird.
Wäre ein solcher Korridor so etwas wie ein Gamechanger?
Masala: Wenn es gelingt, den Süden vom Osten zu trennen, hat man eine völlig andere Situation im gesamten Frontverlauf. Ob das ein Gamechanger ist, hängt davon ab, ob sich in Russland dann was bewegt in Sachen Verhandlungen. Aber das wäre ein großer Erfolg der Ukraine.
Im russischen Belgorod sind Bilder von amerikanischen Humvees aufgetaucht. Würde der Einsatz von Nato-Waffen dort die Unterstützung der Ukraine gefährden?
Masala: Die USA und andere Staaten, deren Gerät dort eingesetzt wird, werden das sicher nicht gutheißen. Momentan sind es aber, nach allem was wir wissen, nur Transportfahrzeuge, deshalb hält sich die Verärgerung in Grenzen. Bei schwererem Gerät würde es diplomatisch wohl etwas ruckeln. Aber die Ukraine beharrt darauf, dass sie mit den Kämpfen in Belgorod nichts zu tun hat. Ich halte das für unwahrscheinlich, aber offiziell hat sie nichts damit zu tun.
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Gehen den Russen die Panzer aus?
Masala: Den Eindruck hat man momentan nicht, aber das ist schwer einschätzbar, weil die Russen derzeit vor allem Artillerie und keine Panzer einsetzen. Aber das Material wird ihnen nicht so schnell ausgehen, Russland hat noch sehr viel davon.
Was bedeuten die massiven russischen Luftangriffe auf ukrainische Städte, die derzeit laufen?
Masala: Russland bindet dadurch vor allem die Luftverteidigung. Ich glaube noch immer, dass es ein russisches Ziel ist, die ukrainische Luftabwehr leerzuschießen. Die Drohnen werden heruntergeholt, damit wird viel Munition verbraucht.
Wie lange wird US-Präsident Joe Biden die Hilfe für die Ukraine noch durchhalten?
Masala: Das hängt davon ab, ob die Unterstützung Thema im Präsidentschaftswahlkampf wird, ob die Republikaner ihn dafür attackieren. Das ist derzeit noch nicht einzuschätzen. Aber die kontinuierliche Unterstützung der Ukraine mit Material und Munition ist entscheidend für die ukrainischen Streitkräfte.
Land | Ukraine |
Kontinent | Europa |
Hauptstadt | Kiew |
Fläche | 603.700 Quadratkilometer (inklusive Ostukraine und Krim) |
Einwohner | ca. 41 Millionen |
Staatsoberhaupt | Präsident Wolodymyr Selenskyj |
Regierungschef | Ministerpräsident Denys Schmyhal |
Unabhängigkeit | 24. August 1991 (von der Sowjetunion) |
Sprache | Ukrainisch |
Währung | Hrywnja |