Berlin. . Ein Video und Zeugenaussagen erhärten den Verdacht eines russischen Schießbefehls gegen Deserteure. Putin hat dafür sogar ein Vorbild.
Mit Deserteuren machen die Russen offenbar kurzen Prozess. Aufgeben ist für Kremlchef Wladimir Putin keine Option. Seine Soldaten im Ukraine-Krieg haben keine Wahl: Sie müssen kämpfen. Sie riskieren ihr Leben im Gefecht mit den ukrainischen Soldaten, aber laufen ebenso Gefahr in die Schusslinie der eigenen Kameraden zu geraten – und zwar, wenn sie einen Fluchtversuch wagen.
Diesen Verdacht erhärten ein Video und die Aussagen von Gefangenen. Der nur 16 Sekunden lange Clip ist schwer erträglich. Der Film ist auf einem Telegram-Kanal zu sehen. Man erkennt sieben fliehende Soldaten, augenscheinlich unbewaffnet, die am Waldrand von drei Kameraden überrascht und erschossen werden.
Ukraine-Krieg: Barrieretruppen schneiden den Rückzug ab
Die Zeugenaussagen vom ukrainischen Geheimdienst sind wiederum auf Twitter zu sehen. Beides ist kein Beweis, weil schwer überprüfbar und leicht zu fälschen, aber sie passen zu vielen Berichten. Schon im November 2022 berichtete der britische Geheimdienst von "Barrieretruppen". Diese drohten damit, Soldaten auf dem Rückzug zu erschießen, um Offensiven zu erzwingen.
Im Ernstfall ziehen es russische Soldaten vor, in ihren Stellungen zu verharren und sich der Ukraine zu ergeben. Die Flucht wäre ungleich riskanter. Ein Soldat berichtete, dass er an der so genannten zweiten Frontlinie war und den Auftrag hatte, den Sturmtruppen in der ersten Reihe die Fluchtmöglichkeiten abzuschneiden. "Der Befehl lautete, alle zu töten, die fliehen wollen."
Bekannt ist vor allem von der Söldnergruppe Wagner, dass sie Gefangene für den so genannten "Fleischwolf" rekrutierte. Sie hatten faktisch die Wahl zwischen einem Himmelfahrtskommando oder die Exekution durch die eigenen Leute.
Leichen pflastern den Weg in die Freiheit
Und doch versuchen Soldaten, immer wieder zu fliehen. Eine kleine Erfolgsgeschichte machte unlängst in den sozialen Netzwerken die Runde: Das Tiktok-Video eines russischen Soldaten, der von einer ukrainischen Drohne entdeckt wird und per Handzeichen signalisiert, dass er sich ergeben will. Der Tweet dazu wurde bis heute 1,9 Millionen Mal gelesen beziehungsweise angeguckt.
Ukraine-Krieg – Hintergründe und Erklärungen zum Konflikt
- Historie: Liegt der Grund für den Ukraine-Krieg in der Geschichte?
- Putins Ziele: Warum Russland die Ukraine angegriffen hat
- Präsident: Wolodymyr Selenskyj ist Putins Feind Nr. 1
- Verteidigungsbündnis: Die Nato einfach erklärt – Warum sie für Putin ein Ärgernis ist
Man sieht, wie die Ukraine ihm eine Nachricht zukommen lässt und die Drohne ihm dem Weg durch die Schützengräben weist; die Leichen seiner toten Kameraden pflastern seinen Weg. Der Mann läuft und läuft und irgendwann macht er eine kurze Pause direkt neben einem zerstörten Fahzeug.
Direkt daneben explodiert eine Artilleriegranate, mutmaßlich aus den eigenen Reihen. Aufgeschreckt läuft der Soldat im Dauersprit in Richtung der ukrainischen Stellungen. Für diesen Deserteur aus Russland endet die Flucht mit einem Happy End. Aber nicht alle Soldaten entgehen Putins Sperrtruppen.
Die menschenverachtende Praxis in Putins Armee erinnert Historiker an den Befehl Nummer 227 von Josef Stalin im Sommer 1942. Damals sollten Sperreinheiten "unmittelbar hinter unzuverlässigen Divisionen" stehen und die Aufgabe erfüllen, "im Falle eines ungeordneten Rückzugs der vor ihnen liegenden Divisionen jeden Flüchtenden und jeden Feigling zu erschießen und damit dem ehrlichen Kämpfer bei der Verteidigung seiner Heimat beizustehen".
- Kriegsmaterial: Gehen Russland im Ukraine-Krieg die Panzer aus?
- Teure Produkte: Russen kaufen westliche Waren, die in Kiew niemand will
- Rüstungsmesse: Panzer, Drohnen – und die Rakete, die uns vor Putin rettet
- Militärexperte: Masala: „Auf der Krim hat die Ukraine jetzt die Initiative“