Essen. Auf der dänischen Insel haben Forscher das Geheimnis um einzigartige Opfergaben aufklären können, die aus der Jungsteinzeit stammen.
Klimatische Veränderungen stellten die Menschheit im Verlauf der Geschichte vor erhebliche Herausforderungen, da insbesondere die Nahrungsbeschaffung stark von den Wetterbedingungen abhing. Um die Gunst der Götter zu erlangen und somit die eigene Existenz zu sichern, wurden entsprechende Rituale durchgeführt.
In diesem Kontext ist es Wissenschaftlern der Universität Kopenhagen gelungen, neue Erkenntnisse über die sogenannten Sonnensteine zu gewinnen, die bislang ausschließlich als einzigartige Funde auf der dänischen Insel Bornholm im Jahr 2010 entdeckt wurden. Obwohl den Steinen bisher keine eindeutige Funktion als Opfergabe zugewiesen werden konnte, liefern neueste Untersuchungsergebnisse wertvolle Hinweise auf eine klimatische Veränderung, die vor etwa 4900 Jahren stattgefunden hat.
Sonnensteine von Bornholm: Forscher lösen Jahrtausende altes Rätsel
Die Sonne nahm in zahlreichen historischen Kulturen eine zentrale Rolle ein und wird häufig als Symbol von besonderer Bedeutung verehrt. Zu den bedeutsamen Artefakten, die auf die kulturelle Relevanz der Sonne hinweisen, zählen der Sonnenwagen von Trundholm und die Himmelsscheibe von Nebra. „Ein einzigartiger Fund in diesem Kontext sind die sogenannten Sonnensteine von Bornholm: Flache Schieferstücke mit eingravierten Mustern und Sonnenmotiven“, erklärt Rune Iversen, ein Wissenschaftler der Universität Kopenhagen. Diese Steine gelten als eine der frühesten Belege für den jungsteinzeitlichen Sonnenkult in Skandinavien.
Die Sonnensteine sind der Trichterbecherkultur zuzuordnen, die um 2900 v. Chr. unter anderem die dänische Insel Bornholm besiedelte. In der jungsteinzeitlichen Anlage von Vasagård wurden in den 2010er Jahren 614 dieser außergewöhnlichen Artefakte entdeckt, deren genaue Funktion bislang nicht eindeutig geklärt werden konnte.
Besonderes Interesse der Forschung gilt der dünnen Schicht, in der die Sonnensteine gezielt vergraben wurden. „Die Menschen deponierten sie – zusammen mit Resten eines rituellen Festmahls in Form von Tierknochen und zerbrochenen Tongefäßen – in diesen Gräben und schlossen diese anschließend“, erläutert Iversen auf Basis der bisherigen Erkenntnisse.
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Archäologen rätseln: Klimatischer Auslöser für das Vergraben der Sonnensteine?
Welcher Hintergrund könnte das Vergraben der Sonnensteine zugrunde liegen? Die Forschungsgruppe um Rune Iversen untersuchte gezielt Ereignisse, die mit der Sonne in Verbindung stehen könnten. „Ein solches Ereignis könnte eine Naturkatastrophe oder ein Klimaphänomen gewesen sein, das die Sonne verhüllte und die Ernten beeinträchtigte“, erläutern die Wissenschaftler.
Im entsprechenden Zeitfenster konnten durch die Analyse von Seesedimenten aus der Eifel, Jahrringen von Bäumen in Mitteleuropa sowie Eisbohrkernen aus Grönland zwei größere vulkanische Ereignisse nachgewiesen werden, die auf 2931 vor Christus und 2910 vor Christus datiert werden. Der zweite Ausbruch, der einem bislang unbekannten Vulkan zugeschrieben wird, könnte für eine signifikante klimatische Abkühlung sowie eine Verdunkelung der Sonne verantwortlich gewesen sein.
„Für die Menschen des jungsteinzeitlichen Bornholm muss es extrem beängstigend gewesen sein, als die Sonne für längere Zeit von Dunstschleiern verhüllt wurde. Es ist daher naheliegend, dass sich die Menschen gegen eine weitere Verschlechterung des Klimas schützen wollten, indem sie die Sonnensteine opferten“, erklärt Iversen den Zusammenhang. Alternativ könnten die Sonnensteine aus Dankbarkeit für die Rückkehr des Lichtes vergraben worden sein.
Forscher mutmaßen: Was hat ein Vulkanausbruch mit dem Ende der Trichterbecherkultur zu tun?
Die Auswirkungen des Vulkanausbruchs könnten weitreichender gewesen sein, als bislang angenommen. Studien zeigen Hinweise auf einen signifikanten Bevölkerungsrückgang, erhöhte Mortalität infolge von Pestausbrüchen sowie eine weit verbreitete Ausbreitung von Wäldern, bedingt durch den Rückgang landwirtschaftlicher Aktivitäten. Zudem fällt der zeitliche Übergang von der Trichterbecherkultur zur Schnurkeramikkultur, die den Beginn der frühen Bronzezeit markiert, in dieselbe Periode.