Berlin. Viele Eltern setzen auf GPS-Tracker, um zu wissen, wo ihre Kinder sind. Doch die Stadt Hanau hält die Geräte in Kitas für überflüssig.
Die Stadt Hanau zieht ab Dezember eine klare Linie: In den städtischen Kindertagesstätten sind GPS-Tracker, Smartwatches, Handys und andere Ortungsgeräte für Kinder verboten. Das gab Bürgermeister Maximilian Bieri am Donnerstag bekannt. Die Maßnahme stößt sowohl auf Zustimmung als auch auf Kritik – bis hin zu einer Klageandrohung, der Bieri jedoch gelassen entgegensieht. „Wir üben unser Hausrecht aus und niemand muss sein Kind in unsere Kitas bringen“, betonte der Bürgermeister gegenüber der Deutschen Presse-Agentur.
Hanauer Bürgermeister verteidigt GPS-Verbot: „Autonomie der Kinder achten“
Bürgermeister Maximilian Bieri, zugleich Sozialdezernent der Stadt Hanau, begründet das Verbot von Ortungsgeräten in kommunalen Kindertagesstätten mit einem klaren Ziel: dem Schutz der Autonomie der Kinder. „Die Kindertagesbetreuung hat den Auftrag, die Rechte und die Autonomie der Kinder zu achten und zu fördern“, so Bieri.
Die Möglichkeit, Kinder ständig zu orten, mag im privaten Umfeld beruhigend wirken, in Kindertagesstätten ist sie nach Ansicht des Bürgermeisters jedoch überflüssig und sogar kontraproduktiv. „Jedes Kind hat das Recht, seine Umwelt ohne ständige Überwachung zu erkunden und Selbstbestimmung zu erleben“, erklärt Bieri. Geräte wie GPS-Tracker oder Smartwatches könnten dieses Recht empfindlich einschränken und ein Gefühl ständiger Kontrolle erzeugen, das die Entwicklung behindere.
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Deutscher Kita-Verband lobt Hanauer Verbot: Vertrauen statt Kontrolle
Zuspruch erhielt Bieri unter anderem vom Deutschen Kita-Verband. „Auch wenn Eltern aus einem vermeintlichen Sicherheitsbedürfnis heraus die Bewegungsdaten ihrer Kinder tracken wollen, ist der Einsatz von Smartwatches und Ortungsgeräten aus pädagogischer Sicht nicht sinnvoll“, betonte die Bundesvorsitzende Waltraud Weegmann. Der Schritt sei ein wichtiges Signal, das die Selbstbestimmung der Kinder in den Vordergrund stelle.
Weegmann erinnerte daran, dass Kinder in Kitas entweder in einem geschützten Raum spielen oder bei Ausflügen unter der Aufsicht von Erzieherinnen und Erziehern stehen. „Ich appelliere an die Eltern, mehr Vertrauen in die Kompetenz der Fachkräfte zu haben“, so die Kita-Verbandschefin. Diese Haltung unterstrich auch Maximilian Bieri: „Unsere Einrichtungen verfügen über einheitliche Schutzkonzepte und alle Fachkräfte sind in Kinderschutz und Pädagogik geschult.“
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Wie weit GPS-Tracker und Handys bei den Kita-Kindern verbreitet sind, ist unklar – eine Zählung gibt es in Hanau nicht. „Wir sind vor der Lage. Handys in Kitas sind kein Massenphänomen“, sagt Bieri. Taschen- oder Einlasskontrollen zur Durchsetzung des Verbots schließt er ebenfalls aus. „Wir setzen auf das Verständnis der Eltern und wollen das Thema mit gesundem Menschenverstand angehen“, betonte er.
GPS-Tracker verboten: Andere Städte ziehen nach
Das Problem beschränkt sich nicht auf Hanau: Auch in Kassel gibt es ein ähnliches Verbot, das bereits 2019 auf Smartwatches ausgeweitet wurde. „Immer mehr Sorgeberechtigte kamen mit dem Handy am Ohr in die Kita, was die Bring- und Abholsituation störte“, erklärte eine Sprecherin der Stadt gegenüber der „Hessischen Niedersächsischen Allgemeinen“. Datenschutzbedenken und pädagogische Herausforderungen führten schließlich zu einem klaren Nein zu Smartphones und Smartwatches. dpa/ewa