Berlin. Bei der schweren Flut im Südosten Spaniens hat der Deutsche Thomas Lojek sein Haus verloren. Ein Familienmitglied starb auf tragische Weise.
Während König Felipe ein paar Kilometer weiter Hände schüttelt und Flutopfern Mut macht, steht Thomas Lojek vor den Trümmern seiner Existenz: Seit nahezu 20 Jahren lebt der deutsche Autor mit seiner spanischen Familie im bergigen Hinterland der Mittelmeerstadt Valencia. Dort baute sich der Auswanderer mit seiner Frau Belén ein neues Leben auf. Doch die Jahrhundertflut, die Ende Oktober die Region überschwemmte und mehr als 200 Menschen tötete, zerstörte ihre Träume: Ihr Haus gleicht heute einer Ruine. Und das Horror-Hochwasser kostete ein Menschenleben in der Familie – Lojeks Schwiegermutter überlebte die Starkregen-Katastrophe nicht.
Das Schicksal des gebürtigen Berliners, der 2021 den Mittelmeer-Kriminalroman „Liebe und Tod in Blau“ veröffentlichte, wurde durch eine Mitteilung seines Verlags, dem Kölner Buchhaus Emons, bekannt. Thomas Loje sei keiner, der normalerweise um Worte ringe, heißt es in der Verlagsnachricht. Als Autor von Sachbüchern, Ratgebern und Kriminalromanen liege ihm der Umgang mit der Sprache nahe.
Deutscher Auswanderer: „Es war einfach so viel Wasser“
Aber wenn der 50-jährige Wahlspanier über die Katastrophe spricht, die Teile der Provinz Valencia am 29. Oktober verwüstete, fällt ihm auch drei Wochen nach den verheerenden Ereignissen schwer, das Geschehene in Worte zu fassen: „Man liest immer wieder über derartige Katastrophen. Man versucht, es sich vorzustellen. Aber es ist etwas vollkommen anderes, das zu erleben. Es war einfach so viel Wasser.“
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Das Haus der Familie befindet sich in den Bergen im Nordwesten der Regionalhauptstadt Valencia. Es liegt geschützt, mitten im Wald – nicht unbedingt in einer Lage, in der man Hochwasser erwartet hätte. Doch am Tag der Katastrophe waren die Niederschläge ungeheuerlich stark. So stark, wie es die Menschen dort noch nie erlebt haben. Stundenlang goss es wie aus Kübeln. Über 600 Liter Wasser fielen pro Quadratmeter – so viel Regen wie normalerweise in einem Jahr.
Flut: Menschen konnten nicht schnell genug fliehen
Die Sintflut hatte dramatische Folgen: Weitgehend trockene Bachbetten wurden zu reißenden Strömen, die über die Ufer traten und kilometerweit Dörfer, Städte und die Landschaft überfluteten. Vielerorts kam die Flut so schnell, dass die Menschen keine Zeit mehr hatten, sich in Sicherheit zu bringen. Sie starben zu Hause, in der Garage, auf der Straße oder im Auto.
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Auch Thomas Lojeks Familie trauert: Die Mutter seiner Ehefrau Belén überlebte das Unwetter nicht. „Thomas hielt die 90-Jährige bis zum letzten Moment über Wasser, doch sie verstarb später an inneren Verletzungen als Folge der Gewalt der Fluten“, berichtet Maria Getino. Sie ist eine Freundin der Familie und hat eine Spendenaktion für die Lojeks initiiert. „Die Flut hat in wenigen Minuten alles zerstört, was die Familie sich über viele Jahre mühsam aufgebaut hatte.“
Rettungskräfte suchen noch immer nach Vermissten
Drei Wochen danach suchen Rettungskräfte noch immer unter Schlamm, Trümmern und Autowracks nach Leichen. Insgesamt 219 Todesopfer wurden bisher in der Provinz Valencia geborgen. Acht weitere Tote gab es in Nachbarregionen. Elf Menschen werden noch vermisst. Mehr als 10.000 Soldaten, Feuerwehrleute und Katastrophenhelfer sind weiter im Einsatz.
Doch in vielen Orten geht es trotzdem nur schleppend voran. Bei den Aufräumarbeiten fühlen sich viele Betroffene von den Behörden alleingelassen. Das gilt auch für die Lojeks. Ihre gesamte Existenz wurde vom Regen weggespült. Das Haus, in dem sie mit mehreren Hunden und Katzen lebten, ist nahezu unbewohnbar. Nur im Obergeschoss gibt es noch einen Raum, in dem man sich aufhalten kann. Die meisten Möbel und Haushaltsgeräte sind unbrauchbar. Elektrizität gibt es nach wie vor nur für einige Stunden am Tag über ein Notstromaggregat.
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„Wir wissen alle nicht, wie es weitergehen soll“, berichtet Lojek. „Von den versprochenen Hilfen der Regionalregierung ist bei den Menschen bislang nichts angekommen. Und selbst die Notstromaggregate und den Kraftstoff müssen wir uns selbst organisieren.“
Nach Schlammwurf: Positiver Empfang für die spanischen Royals
Aber in der Not machen die Menschen auch eine positive Erfahrung: Die Solidarität sei groß. „Was hier in den Gemeinden und unter den Menschen und Nachbarn entsteht, ist genauso überwältigend wie die Anteilnahme, die von außen kommt. Wir brauchen natürlich materielle Hilfe. Aber auch jedes Wort der Unterstützung hilft uns gegen das Gefühl, alleine dazustehen.“
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Moralische Unterstützung wollte am Dienstagvormittag auch Spaniens Königspaar zeigen. König Felipe und Königin Letizia besuchten den Ort Chiva, der nur einige Kilometer von Lojeks Haus entfernt liegt. Felipe versicherte, dass der Staat alles in seiner Macht tun werde, um den Menschen zu helfen.
Dieses Mal wurde das Königspaar nicht mit Schlamm beworfen, wie bei einem ersten Besuch im ebenfalls überfluteten Ort Paiporta vor zwei Wochen. Stattdessen kam nun Applaus auf, als sich die Royals auf dem Rathausplatz für das Schicksal der Bewohner interessierten und einigen Menschen, die alles verloren haben, mit einer Umarmung Trost spendeten.