Berlin. 24 Jahre nach dem Erfolg wird der Film fortgesetzt – ohne Russell Crowe, aber mit einem würdigen Nachfolger. Was ihn zum Blockbuster macht.
Es hätte auch alles ganz anders kommen können mit diesem Film. Nachdem Ridley Scotts „Gladiator“ im Jahr 2000 einem ganzen Genre neues Leben eingehaucht, an den Kinokassen weltweit mehr als 460 Millionen Dollar eingespielt und den Oscar für den Besten Film bekommen hatte, war die Fortsetzung des Monumentaldramas schnell beschlossene Sache. Dann vergingen aber 24 Jahre – was unter anderem an der Unsicherheit darüber lag, was man eigentlich erzählen wollte. Ein Prequel mit Russell Crowe? Oder ein Sequel ohne?
Denn Crowes stolzer Feldherr und Gladiator Maximus Decimus Meridius hatte ja in den letzten Momenten des ersten Teils zwar den unendlich bösartigen Herrscher Commodus (Joaquin Phoenix) mit letzter Kraft töten können, danach aber vor aller Augen selbst das Zeitliche gesegnet. Wie also weiter?
„Gladiator II“: Den Zuschauer erwartet 148 Minuten Spannung
Dafür gab es viele Vorschläge, darunter einen besonders bizarren des Musikers Nick Cave. Der erstellte angeblich 2009 in Crowes Auftrag ein Skript, demzufolge Maximus als unsterbliches Wesen aus dem Jenseits zurückkehren sollte, um im Auftrag der römischen Götter den Religionsstifter Jesus Christus zu töten. Crowe, so ist zu lesen, soll die Idee nicht so gut gefallen haben.
Ob das nun ein dunkler Scherz war oder nicht: David Scarpas Drehbuch wird man sicher nicht nachsagen können, experimentelle Wagnisse einzugehen. „Gladiator II“ ist rasant erzähltes, bildstarkes Überwältigungskino geworden, das während seiner gesamten 148 Minuten die Spannung zu halten vermag – auch wenn die Parallelen zum Original manchmal allzu sehr ins Auge springen. Wie im ersten Teil sind es die römischen Legionen im Angriffsmodus, die den Film eröffnen. Musste Maximus seinerzeit noch die Germanen niederringen, so attackiert die aufstrebende Weltmacht unter Führung des Generals Marcus Acacius (Pedro Pascal) diesmal das nordafrikanische Numidien. Im Schlachtenlärm kommt auch die Frau des jungen Kriegers Hanno (Paul Mescal) ums Leben, der nach der Niederlage versklavt und zum Gladiator gemacht wird.
Erneut bildet also Vergeltung für erlittenes Unrecht die emotionale Antriebsfeder der Handlung, aber diesmal kommt ein Rätsel um die Herkunft der Hauptfigur hinzu. Schnell wird klar, dass Hanno nicht in Numidien geboren, sondern als Kind dorthin gebracht wurde. Und dass er in Rom, wo er bald landen wird, alles andere als ein Fremder ist.
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„Gladiator 2“: Zwei dekadente Zwillinge regieren über Rom
Dieses Rom ist übrigens alles andere als die Demokratie zum Wohle des Volkes, die sich Maximus im Moment seines Todes noch erträumen durfte. Dekadenz und Korruption treiben giftigste Blüten in der Hauptstadt. An der Spitze stehen die Zwillingskaiser Geta (Joseph Quinn) und Caracalla (Fred Hechinger), die im Reichtum baden und mit blasierter Langeweile die blutigen Orgien im Kolosseum verfolgen. Sie ahnen nicht, dass hinter ihrem Rücken längst eine Verschwörung im Gange ist. Die aus dem ersten Teil bekannte Lucilla (Connie Nielsen), liiert mit General Acacius, trifft sich konspirativ mit Vertretern des Senats, um Geta und Caracalla vom Thron zu fegen – während Gladiator Hanno Kampf um Kampf gewinnt und zu Roms heimlichem Publikumsliebling aufsteigt.
Ja, auch das Komplott kennt man aus dem ersten Teil. Wie auch den undurchsichtigen Sklavenhalter, dessen Part diesmal Denzel Washington in der Rolle des Macrinus übernommen hat. Er ist es, der Hannos besondere Talente erkennt und ihn am Kaiserhof bekannt macht. Es wird nicht mehr lange dauern, bis Hanno Lucilla über den Weg laufen und mehr über seine rätselhafte Herkunft erfahren wird.
Drei Gründe, warum der Film das Gegenteil von Langeweile ist
Das „Gladiator II“ trotz all dieser Spiegelungen und offenkundigen Anleihen keine Langeweile verbreitet, hat drei Gründe. Erstens sind die Kampf- und Schlachtszenen von einer visuellen Wucht, die man so noch nicht gesehen hat. Mal toben wildgewordene Affen durch die Arena, mal ist es ein Nashorn, und Ridley Scott stellt sogar die Seeschlachten im Kolosseum nach, wie es sie zu dessen Einweihung gegeben hat – dass darin dann tatsächlich Haie schwimmen, mag man nur kurz ein wenig albern finden.
Zweitens ist es die gelungene Auswahl der Besetzung, an der man nur einen gewissen Frauenmangel kritisieren mag. Paul Mescal kann Crowes Fußstapfen ausfüllen und überzeugt als der senkrechte Charakter, der für die Rolle vorgesehen ist, gelegentliche Anflüge lässigen Humors eingeschlossen. Die aufreizend widerwärtigen Kaiser, so leichenblass wie ihr Vorgänger Commodus, dafür aber mit entfernt an Donald Trump erinnernden Frisuren, bilden einen einleuchtenden Counterpart. Dazwischen ist Denzel Washington als Macrinus die komplexeste Rolle vorbehalten, deren Stärke in ihrer Undurchschaubarkeit liegt. Man darf vermuten, dass er sich damit ins nächste Rennen um die Oscars einmischt.
Gleiches gilt für Ridley Scott, der am 30. November 87 Jahre alt wird. Denn ihm ist, drittens, mit dieser Fortsetzung etwas gelungen, woran er mit seinem Historiendrama „Napoleon“ im vergangenen Jahr noch scheiterte: nämlich nicht nur eine Abfolge wüster Schlachtengemälde auf die Leinwand zu bringen, sondern eine spannende Geschichte mit überraschenden Wendungen und klug gesetzten Tempowechseln. Viel mehr kann man sich von einem Blockbuster nicht wünschen.
Ab Donnerstag im Kino.