Berlin. In einem Ort im Norden Italiens regt sich Widerstand. Grund der Streitigkeiten ist der Papst – und eine umstrittene Weihnachtstradition.

Es liest sich fast wie der Einstieg zu einem Asterix-und-Obelix-Comic. Ein kleines Dorf im Norden Italiens wendet sich gegen den Vatikan – und gegen den Papst selbst. Im Mittelpunkt der Streitigkeiten steht eine 200 Jahre alt und 30 Meter hohe Rottanne.

Die möchte die Gemeinde Ledro im norditalienischen Trentino dem Papst schenken – eigentlich. Sie gilt als eine der robustesten Bäume in den Wäldern von Ledro, einer 5000-Seelen-Ortschaft unweit des Gardasees. Die Tanne soll den Petersplatz in Rom über die Weihnachtsfeiertage schmücken. Am 7. Dezember ist eine feierliche Zeremonie geplant, bei der die Lichter des Christbaums angezündet werden. Das ist eine beliebte Tradition bei den Römern, mit der die Weihnachtszeit wirklich beginnt.

Tanne als Streitobjekt: Rebellion wächst

Eine Delegation aus Ledro soll zu diesem Anlass vom Papst empfangen werden. Doch ob der Heilige Vater und die Römer dieses Jahr ihre Tanne für den traditionellen Weihnachtsbaum erhalten werden, ist fraglich. Denn die Einwohner Ledros rebellieren gegen die dieser Tage geplante Fällung des Baumes.

„Hände weg von unserer Rottanne!“, lautet die Devise der Bürger, die ein Komitee gegründet, einen Umweltschutzverband beauftragt und sogar einen Anwalt eingesetzt haben, um rechtliche Schritte zum Schutz des Baumes zu unternehmen und ihm das Leben zu retten. Auf der Online-Plattform change.org wurde eine Petition gegen die Abholzung der Tanne für den Petersplatz eingerichtet, die bereits 40.000 Unterschriften einheimste. Die Einwohner von Ledro richteten ein Schreiben an Papst Franziskus, an die Vereinigung der Gemeinden am Gardasee und an die Gemeindeverwaltung Ledros, um die Abholzung des Baums zu stoppen.

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Rottanne zeichnen sich durch ihren geraden Wuchs aus. © iStock | Tinieder

Auf dem Spiel stünden nicht nur die jahrhundertealte Rottanne für den Petersplatz, sondern weitere 40 Bäume, die laut einem Abkommen zwischen der Gemeinde Ledro und dem Vatikan für die Weihnachtszeit geliefert werden sollen.

„Massaker stoppen“: Kampf um die Tanne wird intensiver

 „Schluss mit diesem sinnlosen Bäumemassaker für die Weihnachtszeit“, lautet die Devise der Initiatoren der Kampagne, die dem Verband „Associazione Pro Ledro“ angehören. „Es macht keinen Sinn, von Schäden durch den Klimawandel zu sprechen, wenn wir dann Bräuche wie diesen aufrechterhalten, dem eine jahrhundertealte Rottanne zum Opfer fallen soll. Es wäre schön, unsere Tanne zu schmücken, ohne sie zu fällen. Viele junge Menschen haben in den letzten Jahren ein anderes Gefühl für die Natur entwickelt und helfen uns bei unserem Anliegen“, hieß es in einem Schreiben des Komitees, das auf change.org veröffentlicht wurde.

Weihnachten auf dem Petersplatz in Rom
Der Weihnachtsbaum auf dem Petersplatz (wie hier im vergangenen Jahr) ist eine Tradition im Vatikan. © picture alliance / Geisler-Fotopress | Matthias Wehnert/Geisler-Fotopre

Der Weihnachtsbaum sei ursprünglich eine heidnische Tradition und habe nichts mit der Geburt Christi zu tun, die an Weihnachten gefeiert wird. „So fragen wir uns, warum müssen wir immer noch Millionen von Bäumen opfern? In einer Zeit des Klimawandels ist es notwendig, klare und eindeutige Signale zu setzen, um die Natur zu schützen, wie es auch der Heilige Vater in vielen Ansprachen und Texten in Erinnerung gerufen hat“, hieß es im Schreiben.

Papst will eigentlich selbst die Umwelt schützen

Die Initiatoren der Kampagne verwiesen auch auf die Verlautbarungen von Papst Franziskus, in denen er zum Respekt vor der Umwelt aufruft: „Wir bitten Seine Heiligkeit, diese Abholzung abzuwenden und zu uns ins Ledro-Tal zu kommen, um die Schönheit dieses Ortes zu bewundern“, heißt es in dem Brief.

„Warum sollte man nicht darüber nachdenken, einen kunstvollen Baum aus dem Holz von Bäumen zu errichten, die aufgrund klimatischer Ereignisse umgestürzt sind?“, heißt es in der Petition. Zu Weihnachten würden allein in Italien mehr als drei Millionen Tannenbäume gefällt, in Nordamerika seien es 25 bis 30 Millionen, beklagen die Initiatoren der Kampagne.

Es ist nicht das erste Mal, dass der Weihnachtsbaum, der den Petersplatz ziert, im Mittelpunkt einer Kontroverse steht. Nachdem Umweltschützer gegen die geplante Fällung einer 200 Jahre alten Tanne am Apennin protestiert hatten, die dem Papst als Christbaum für den Petersplatz geschenkt hätte werden sollen, musste sich Franziskus vor zwei Jahren mit einem kleineren und jüngeren Baum begnügen. Statt der stolzen Weißtanne aus einem Waldgebiet unter EU-Schutz, die die Gemeinde Rosello in der Alpenninenregion Abruzzen verschenken wollte, erhielt der Papst „nur“ einen aus einer Baumschule.

Abholzung zu Weihnachten hat traurige Tradition

Traditionell bekommt der Papst jedes Jahr eine Tanne aus Alpenregionen oder Berggebieten geschenkt. Die Bäume stammen dabei aus den verschiedensten Gebieten, darunter Bayern, Österreich, Frankreich, Slowenien, der Slowakei, Polen und sogar aus der süditalienischen Region Kalabrien.