Essen. In einer über 1000 Jahre alten mittelalterlichen Siedlung finden Forscher ein faszinierendes Gebäude. Auch eine Ofenanlage überrascht.
Im mittelalterlichen Deutschland stellte fast jede Familie ihre eigenen Stoffe her. Das Weben wurde oft im Haushalt oder in kleinen Werkstätten praktiziert, wo Frauen meistens für das Spinnen und Weben verantwortlich waren. Materialien wie Wolle und Leinen wurden lokal gewonnen. Wolle war besonders beliebt, da sie warm und relativ einfach zu verarbeiten war. Leinen, aus Flachs gewonnen, war ebenfalls weit verbreitet und wurde vor allem für leichtere Kleidung und Haushaltsstoffe genutzt.
Das Weben selbst war ein aufwendiger Prozess, der viel Geschick erforderte. Zunächst mussten die Fasern gesponnen werden, bevor sie auf dem Webstuhl zu Stoff verarbeitet werden konnten. Bis zum 12. Jahrhundert wurden einfache, horizontale Webstühle genutzt. Aus dieser Zeit machten Archäologen nun einen aufregenden Fund.
Deutschland: Archäologen finden Spuren von Webstühlen in Grubenhaus
In Sachsen-Anhalt entdeckten Forscher die Überreste einer untergegangenen mittelalterlichen Siedlung. Die Archäologen fanden an dem Ausgrabungsort in der Nähe der Stadt Haldensleben (Landkreis Börde) außerdem Spuren aus der Bronze- und Eisenzeit.
„Von besonderer Bedeutung ist ein größeres Grubenhaus, in dem über Standspuren von Webstühlen und zahlreiche Webgewichte und Spinnwirtel Textilherstellung nachgewiesen ist. Derartige Webhäuser sind charakteristisch für Vorburgareale herrschaftlicher Zentralorte dieser Zeit“, sagte Gebietsreferatsleiter Nord, Götz Alper. Die Siedlung Niendorf existierte bereits im 9. und 10. Jahrhundert, wie Funde zeigten.
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Forscher verblüfft: Ofenanlage zeugt von fortschrittlichem Technik-Wissen
In der schriftlichen Überlieferung taucht Niendorf erstmals als Niendorp Anfang des 11. Jahrhunderts auf. Auf dem Gelände wurden zwölf Grubenhäuser und zahlreiche Pfostengruben nachgewiesen. Ebenso gab es ebenerdige Gebäude. Es fanden sich Herdstellen und Reste von aufwendig konstruierten Steinspeicheröfen. Derartige Ofenanlagen erlaubten ein rauchfreies Beheizen von Wohngebäuden.
Ein Gebäude verfügte über einen Keller in Steinbauweise. Zudem wurden drei Brunnen nachgewiesen. In einem Brunnen existierte eine fünfeckige Holzkonstruktion, in der getrennt durch eine Steinpackung ein runder Flechtwerkeinbau saß. Die innere Konstruktion diente wahrscheinlich der Wasserreinigung. Die Archäologen fanden zudem Kugeltöpfe aus Keramik, eiserne Messer, Bronzebeschläge, einen verzierten Knochenkamm sowie Nadeln.
Die Burg neben der Siedlung wurde bereits 2010 ausgegraben. Die Bauzeit der Burg wurde durch eine Analyse des verwendeten Holzes auf einen Zeitraum zwischen 1076 und 1078 datiert. Aus schriftlichen Quellen geht hervor, dass wahrscheinlich Gräfin Gertrud von Haldensleben die Burg infolge des sogenannten Sachsenaufstands gegen das salische Königshaus erbauen ließ.