Essen. Die gut erhaltenen Überreste eines kleinen Jungen, der vor 17.000 Jahren im heutigen Italien starb, überraschen die Forschung.
Eine umfassende DNA-Analyse eines eiszeitlichen Babys hat überraschende Ergebnisse hervorgebracht. Die rund 17.000 Jahre alten Überreste, die in Süditalien gefunden wurden, deuten auf ein Baby hin, das höchstwahrscheinlich an einer angeborenen Herzkrankheit gestorben ist.
Die Forscher fanden Anzeichen für eine schlechte Entwicklung und Inzucht, die aufgrund der geringen Besiedlung und der kleinen, zusammenlebenden Gruppen nicht ungewöhnlich für die Zeit war. Ein besonderes Merkmal des Skeletts widerspricht dagegen einer bisherigen Annahme.
Italien: Grab des Babys bei Ausgrabungen in der Grotta delle Mura entdeckt
Mauro Calattini, Archäologe an der Universität von Siena und einer der Autoren der Studie, fand das Grab des Kindes 1998 bei Ausgrabungen in der Grotta delle Mura in Monopoli, einer Stadt im Südosten Apuliens, dem „Absatz“ des italienischen Stiefels. Das Grab war von zwei Felsplatten bedeckt und enthielt gut erhaltene und intakte Skelettreste des Babys. Es gab keine Grabbeigaben, und es war die einzige Bestattung, die in der Höhle gefunden wurde.
Der Fund stellt eine Besonderheit in der Forschung dar, denn gut erhaltenen Überreste eines Babys, das kurz nach dem letzten glazialen Maximum vor 20.000 Jahren lebte, als die Eisschilde ihre größte Ausdehnung hatten, sind eine absolute Seltenheit.
Archäologen von Fund erstaunt: Skelett weist überraschendes Merkmal auf
Eine DNA-Analyse ergab, dass das Kind männlich war und wahrscheinlich blaue Augen, dunkle Haut und lockiges dunkelbraunes bis fast schwarzes Haar hatte. Dänische Wissenschaftler waren im Rahmen einer Studie davon ausgegangen, dass blaue Augen aus einer Mutation vor rund 10.000 Jahren entstanden wären. Der Fund und die Studie von Mauro Calattini würden dieser These widersprechen.
Eine Skelettanalyse ergab, dass das Kind starb, als es etwa ein Jahr und vier Monate alt war. Die Zähne des Kindes wiesen nicht weniger als neun akzentuierte Linien auf, die auf physiologische Probleme hinweisen, was bedeutet, dass das Kind bereits im Mutterleib ein schwieriges Leben hatte.
„Die detaillierte Analyse der Zähne des Säuglings ermöglichte es uns, Rückschlüsse auf die Gesundheit und den Stress zu ziehen, dem das Kind während der Kindheit und/oder seine Mutter während der Schwangerschaft ausgesetzt war – etwas, das wir nur selten mit solcher Präzision erforschen können“, erklärten die Co-Autoren der Studie, Owen Alexander Higgins, Archäologe an der Universität von Bologna, und Alessandra Modi, Anthropologin an der Universität von Florenz.
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Die DNA-Analyse ergab auch, dass das Baby Mutationen in zwei Genen – TNNT2 und MYBPC3 – aufwies, die an der Produktion von Herzmuskelproteinen beteiligt sind. Diese Mutationen führen häufig zu hypertropher Kardiomyopathie, einer weitgehend genetisch bedingten Erkrankung, bei der sich die Wände der linken Herzkammer im Laufe der Zeit verdicken und versteifen, sodass das Herz nicht bei jedem Herzschlag genügend Blut aufnehmen oder abpumpen kann. Dies könnte zu dem frühen Tod des Jungen beigetragen haben, so die Forscher.
„Die Analyse des Kerngenoms deutet auf ein hohes Maß an Verwandtschaft zwischen den Eltern hin, die wahrscheinlich Cousins ersten Grades waren“, so Higgins und Modi. Obwohl Inzucht bei den meisten paläolithischen Menschen nicht weit verbreitet war, war sie bei den Jägern und Sammlern in Süditalien, aus denen der Junge stammte, aufgrund der kleinen Gruppengröße und der Isolation ziemlich häufig, fügen sie hinzu.