Essen. US- und kenianische Wissenschaftler nutzen fortschrittliche DNA-Techniken zur Untersuchung von verschiedenen Haaren in Löwenzähnen.
Löwenangriffe auf Menschen sind eher eine Seltenheit. Umfassende und immer wiederkehrende Übergriffe waren bislang historisch nicht bestätigt, doch einer Tragödie aus dem Jahr 1898 wollten Wissenschaftler aus den USA und Kenia mit neuester DNA-Technik dennoch auf den Grund gehen.
Haare in Löwenzähnen sollen der Studie zufolge Aufschluss darüber geben, ob neben den klassischen Beutetieren auch Menschen die Opfer von Löwenattacken waren.
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Bericht über Löwenangriffe beim Eisenbahnbau
Die ersten Berichte über Löwenangriffe erschienen im März 1898, kurz nach der Ankunft von Oberstleutnant John Henry Patterson, einem britischen Armeeoffizier und Ingenieur, der das Projekt leitete, das Landesinnere von Kenia und Uganda mit einer Eisenbahn zu verbinden.
Dieser bezweifelte zunächst die Angriffe durch Löwen, aber persönliche Erlebnisse, die Patterson ausführlich beschreibt, ließen keinen anderen Rückschluss zu. Die Jagd auf zwei männliche Löwen, die sogar gemeinsam das Lager der Eisenbahnarbeiter angegriffen haben sollen, begann. Im Dezember gelang es Patterson, die Löwen zu erlegen – er behielt zunächst die Überreste. 1925 entschloss er sich, diese an das Field Museum of Natural History in Chicago zu verkaufen.
Schätzungen aus dem damaligen Berichten gehen von 135 Todesopfern aus, die durch die Löwenangriffe ums Leben kamen.
Forscher verblüfft: DNA erlaubt Rückschlüsse auf die Beute der Löwen
Die aktuelle Studie, die von Wissenschaftlern aus den USA und Kenia durchgeführt wurde, geht dagegen von rund 30 menschlichen Todesopfern aus. Grundlage dieser Erkenntnis war eine DNA-Untersuchung von Haaren, die in beschädigten Zähnen der Löwen gefunden wurden, die Patterson einst an das Museum übergeben hatte.
Zunächst musste das Alter der Haare bestimmt werden. Im Anschluss lieferte mtDNA genaue Informationen zur Beute der beiden Löwen. „Die Analyse der Haar-DNA identifizierte Giraffen, Menschen, Oryxantilopen, Wasserböcke, Gnus und Zebras als Beutetiere, aber auch Haare, die von Löwen stammten“ berichten Alida de Flamingh, eine Naturschutzbiologin an der University of Illinois Urbana-Champaign, und Ökologe Thomas Gnoske.
Die Analyse der Löwen-DNA ergab, dass die beiden Tiere Brüder waren.
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Für die Forscher war nicht nur der Fund von menschlicher DNA von Relevanz. Vielmehr erstellten die Wissenschaftler eine Datenbank mit mtDNA-Profilen für potenzielle Beutetiere der Löwen, die auch verschiedene Rückschlüsse ermöglichten.
Dass mtDNA von Gnus gefunden wurde, war merkwürdig, da die nächsten Gnus damals etwa 50 Meilen (ca. 80 Kilometer) entfernt lebten. Aber als Patterson eine längere Pause bei den Angriffen meldete, waren die Löwen möglicherweise auf der Jagd nach Gnus.
Bemerkenswert sei auch, dass nur ein einziges Büffelhaar gefunden wurde und keine mtDNA von Büffeln. „Aus dem, was die Löwen in Tsavo heute fressen, wissen wir, dass Büffel die bevorzugte Beute sind“, so de Flamingh. Die Rinderpest, eine Viruserkrankung von Huftieren, war Jahre zuvor aus Indien nach Afrika eingeschleppt worden. Sie rottete in den 1890er Jahren Büffel und Rinder in der gesamten Region aus und zwang möglicherweise einige Löwen dazu, sich neue Beute zu suchen. Die aktuelle Studie wurde im Current Biology veröffentlicht.