Berlin. Freiheit ging diesen Kriminellen über alles. Um aus dem Gefängnis herauszukommen, planten sie kuriose Ausbrüche – mit Erfolg.

Ob unterirdisch, über den Luftweg oder einfach mitten durch die Gefängnistore: Gefängnisausbrüche sind meist ein spektakuläres Ereignis. Schließlich setzten die Insassen ihr eigenes Leben und das anderer Menschen aufs Spiel. Dabei ist der Traum von der großen Freiheit oft auch schnell ausgeträumt. Drei dieser Fälle gingen in die Geschichtsbücher ein:

Spektakuläre Gefängnisausbrüche – Freiheit statt Alcatraz: Pappmaché und Floß

Einer der wohl bekanntesten Ausbrüche liegt ein paar Jahrzehnte zurück: die Flucht aus Alcatraz. Das Gefängnis – auch unter dem Namen „The Rock“ bekannt – befand sich auf einer Insel vor San Francisco und war umringt von Wasser. Eine Flucht gestaltete sich allein deshalb ausgesprochen schwierig. 1962 gelang es Frank Morris und den Gebrüder John und Clarence Anglin dennoch. Später diente dieser Ausbruch sogar als Vorlage für den Film „Flucht aus dem Alcatraz“ mit Clint Eastwood.

Leben im Gefängnis bis zum Tod? So wollten die Insassen von Alcatraz vor San Francisco nicht enden.
Leben im Gefängnis bis zum Tod? So wollten die Insassen von Alcatraz vor San Francisco nicht enden. © Getty Images | Loren Elliott

Die drei Insassen, die wegen Diebstahl, Drogendelikten oder Bankrauben verurteilt worden waren, stahlen zunächst Löffel aus der Gefängnisküche und Sägeblätter aus der Gefängniswerkstatt. Über ein halbes Jahr hinweg vergrößerten die Gefangenen damit in allen drei Zellen die Lüftungskanäle. Um dabei nicht entdeckt zu werden, spielte Morris lautstark Akkordeon, um die Kratzgeräusche zu übertönen.

Über die vergrößerten Lüftungen gelangten die drei zu einem Versorgungstunnel. Dort lagerten sie ein aufblasbares Floß, das sie aus gestohlenen Regenmänteln hergestellt hatten. Und es wurde sogar noch kreativer. Damit ihre Flucht so lange wie möglich unbemerkt blieb, bastelten die Häftlinge Kopf-Attrappen aus Pappmaché, die sie auf ihre Betten legten und zudeckten. Sobald die Wärter also während der regelmäßigen Zellenkontrollen durch die Gucklöcher schauten, hatte es den Anschein, dass alle drei brav in ihren Betten liegen.

Die Häftlinge (v.l.): Clarence Anglin, John Anglin und Frank Lee Morris flohen aus Alcatraz.
Die Häftlinge (v.l.): Clarence Anglin, John Anglin und Frank Lee Morris flohen aus Alcatraz. © IMAGO/GRANGER Historical Picture Archive | IMAGO stock

Mit dem Floß gelangten sie hinaus aufs offene Meer – und wurden seitdem nicht mehr gesehen. Ob dieser Fall als gelungene Flucht betrachtet werden kann, ist aber noch unklar. Die Gefängnisleitung damals ging davon aus, dass die Flüchtigen nicht überlebten und ertrunken sind. Alcatraz wurde ein Jahr nach der Flucht geschlossen.

Gefängnisausbruch aus Festungsanlage: filmreife Aktion mit Panzer

1993 gelang Lothar Luft der Ausbruch aus einer der sichersten Haftanstalten Deutschlands. Denn: Die JVA Schwalmstadt in Hessen hat bis heute eine der höchsten Sicherheitsstufe, um Ausbrüche zu verhindern. Das Gefängnis liegt mitten in einer mittelalterlichen Festungsanlage und ist teilweise von einem tiefen Wassergraben umgeben.

Der Eingang der JVA Schwalmstadt.
Der Eingang der JVA Schwalmstadt. © picture alliance / Swen Pförtner/dpa | Swen Pförtner

Doch die Flucht gelang ihm nicht allein. Der wegen dreifachen Mordes verurteilte Luft war auf die Hilfe seines Komplizen Hans-Joachim Horn angewiesen, der die wichtigsten Aufgaben von draußen erledigte. Hörn brach in die nahegelegene Bundeswehr-Kaserne Herrenwald in Stadtallendorf ein und entwendete einen Radpanzer des Typen „Fuchs“.

Mit dem Bundeswehrpanzer  „Fuchs“ durch die Gefängnistore: So brauch 1993 Lothar Luft aus der JVA Schwalmstadt aus.
Mit dem Bundeswehrpanzer „Fuchs“ durch die Gefängnistore: So brauch 1993 Lothar Luft aus der JVA Schwalmstadt aus. © picture-alliance / dpa | DB Stock

Der Diebstahl blieb zunächst unbemerkt und fiel erst nach dem Ausbruch auf. Horn verschaffte sich Zugang zum Gelände, indem er über den Zaun der Kaserne kletterte. Nachdem er das Vorhängeschloss am Panzer aufgebrochen hatte, schloss er ihn mit dem Zündschlüssel seines VW-Golfs kurz. Er durchbrach das Seitentor der Kaserne und fuhr über die Landstraße in die 22 km entfernte JVA.

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Dort ereigneten sich Szenen wie aus einem Actionfilm. Über die Feuerwehrzufahrt durchbrach Horn zunächst ein zweiflügeliges Stahltor. Danach walzte er das dahinterliegende Gittertor und noch zwei weitere Tore nieder, bis er auf den Innenhof der Anstalt gelang, wo neun Insassen gerade ihre Freistunde verbrachten.

Wurde mit einem Panzer aus der Haftanstalt befreit: Lothar Luft.
Wurde mit einem Panzer aus der Haftanstalt befreit: Lothar Luft. © picture-alliance / dpa | DB Polizei

Einer von ihnen war Lothar Luft. Während alle aus Angst aus dem Innenhof flohen und sich vor dem Panzer in Sicherheit bringen wollten, kletterte er durch die Luke in den Panzer hinein. Die Aktion war nach fünf Minuten vorbei. Hans Horn und Lothar Luft fuhren in ein Waldgebiet in der Nähe. Bei Alsfeld wartete ein Fluchtauto auf sie.

Hans-Joachim Horn, der Komplize, wurde einige Zeit später in Frankfurt festgenommen. Lothar Luft verbrachte etwas mehr Zeit auf freiem Fuß, wurde aber schließlich im Elsass erneut verhaftet.

Freiheit statt Gefängnis: So versuchte es Trickbetrüger Steven Jay Russell immer wieder

In Amerika ist er unter anderem als „The Greatest Escape Artist“ oder „King Con“ bekannt: Trickbetrüger Steven Jay Russell. Ihm wird ein IQ von 163 nachgesagt. Seine Gerissenheit nutzte er, um Banken- oder Versicherungsbetrügereien zu begehen. Dabei gab er sich glaubhaft als Richter, Finanzchef oder Arzt aus. In Haft kam er 1998. In den folgenden Jahren danach brach er gleich vier Mal aus verschiedenen Gefängnissen in den USA aus.

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Zweimal floh er aus einem County-Gefängnis, zweimal aus einem Hochsicherheitstrakt. Bei den Ausbrüchen ging er vor wie bei seinen Trickbetrügereien: Er verkleidete sich und gab sich als Wachpersonal im Gefängnis oder Arzt aus. Sein letzter Gefängnisausbruch war aber besonders spektakulär. Dafür setzte er sogar seine Gesundheit aufs Spiel.

Russel nahm über einen Zeitraum von zehn Monaten ein Abführmittel zu sich. Um möglichst abgemagert auszusehen, aß er zudem sehr wenig. Parallel fälschte er seine medizinischen Berichte und vermerkte somit in seiner eigenen Gesundheitsakte, dass er an AIDS erkrankt sei.

In Florida hinter Gittern: Steven Jay Russell gelang es mehrfach, aus Gefängnissen auszubrechen.
In Florida hinter Gittern: Steven Jay Russell gelang es mehrfach, aus Gefängnissen auszubrechen. © Tribune News Service via Getty Images | Sun Sentinel

Nach der vorgetäuschten Diagnose dauerte es nicht lange, bis ihn das Gefängnis in ein Pflegeheim verlegte. Später gab sich Russell dann als Arzt aus besagtem Pflegeheim aus und beteuerte dem Gefängnis gegenüber, dass Russell an den Folgen von AIDS verstorben sei. Er kam fast mit seinem Ausbruch durch, wäre er nicht von einem Detektiv erkannt worden.

Daraufhin folgte seine letzte Verurteilung: insgesamt 144 Jahre Gefängnis. Dieser außergewöhnliche Ausbruch wurde in „Ich liebe dich, Phillip Morris“ verfilmt und zeigt Jim Carrey als Russell.

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