Die Rocklegende Peter Maffay wird 75. Bei einem Besuch in Starnberg spricht er über Hetze im Netz und verrät, was ihm Kraft gibt.
- Peter Maffay ist eine wahre Musik-Legende
- Nun wird der Rocker 75
- Im Interview spricht er über seine Familie, seine Karriere und Hetze im Netz
Starnberg. 20 Nummer-eins-Alben, über 50 Millionen verkaufte Tonträger – Peter Maffay gilt als einer der erfolgreichsten Sänger Deutschlands. Der Miterfinder der Märchen- und Zeichentrickfigur Tabaluga feiert am 30. August seinen 75. Geburtstag. Im Juli hat er seine letzte große Tour absolviert. Im Interview an seinem Wohnort in Bayern spricht der Rockstar über seine Vergangenheit, seine Musik und das, was ihm am meisten bedeutet: seine Familie – das Leben mit Ehefrau Hendrikje (36) und Tochter Anouk (5).
Herr Maffay, Sie sind eine Rocklegende. Privat leben Sie am idyllischen Starnberger See. Sind Sie hier ein Promi?
Peter Maffay: Ganz und gar nicht. Wir führen ein stinknormales Familienleben. Und ich kann nicht sagen, dass die Menschen, die mir auf der Straße begegnen, irgendwie anders sind zu mir.
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Familienleben, das klingt nach putzen, waschen. Machen Sie selbst vieles im Haushalt?
Maffay: Gott sei Dank nicht. Das würde zu chaotischen Verhältnissen führen. Aber wir haben hier im Haus durchaus eine Arbeitsteilung.
Peter Maffay: Diese Hausarbeit erledigt er gerne
Wie sieht denn diese Arbeitsteilung aus?
Maffay: Ich bin ein leidenschaftlicher Frühaufsteher. In der Regel starte ich um sechs Uhr, wenn die Bettflucht zuschlägt. Es kommt vor, dass an Schlaf nicht mehr zu denken ist, weil mir so viele Dinge durch den Kopf gehen. Ich habe im Haus da so eine Kellersituation …
...Kellersituation?
Maffay: Ja, ich habe einen Raum für mich im Souterrain. Das ist super. Wenn ich wach werde, kann ich von dort in den Garten schauen. Ich kann Musik machen. Und dabei hört mich dann niemand. Im Souterrain kann ich Nachrichten gucken, das mache ich sehr gerne. Dabei kann ich mich am besten fokussieren, weil ich noch keine anderen Dinge im Kopf habe.
Und danach geht‘s dann in die Küche?
Maffay: Genau, ich mache meistens das Frühstück für Anouk. Ich fahre zum Bäcker, wenn es nicht regnet auch gern mit dem Lastenrad oder dem E-Bike. Ich genieße das total. Meine Tochter, dieser kleine Mensch, fasziniert mich so sehr. Die Zeit mit Anouk ist das Wichtigste für mich im Leben.
Und dann steht das Fitnessprogramm an?
Maffay: Ja, wenn Anouk im Kindergarten ist. Dann mach‘ ich etwa eine halbe bis dreiviertel Stunde Sport.
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Sie werden 75. Würden Sie sich als alten Mann sehen?
Maffay: Nein, ich fühle mich als älterer Mann, aber nicht als alter Mann.
Maffay über Altersunterschied in Beziehung: „Gab megamäßig Hetze“
Was bedeutet Alter für Sie?
Maffay: Ich habe Respekt vor dem Alter. Vor der Weisheit, die mit dem Alter glücklicherweise gelegentlich zunimmt.
Mit dem Älterwerden entwickelt sich also eine besondere Sichtweise aufs Leben? Auf Ihr Leben wurde ja auch geschaut. Viele haben es zeitweise sehr böse beäugt.
Maffay: Ich will das mal ganz allgemein fassen: Es gab über das Zusammenleben von Hendrijke und mir sehr kleinkarierte Denkmuster. Tonnenweise Leute zerrissen sich darüber das Mundwerk, wie es denn sein kann, dass eine junge Frau mit einem viel älteren Mann zusammenlebt. Es gab megamäßig Hetze im Netz. Das konnte ich irgendwann nur noch mit einer gewissen Arroganz ertragen. Für mich war solch eine Situation nicht neu. Für Hendrikje war es das erste Mal – und sie tat mir richtig leid. Sie ist eine selbstbewusste junge Frau, die eigenständige Entscheidungen trifft. Was soll da diese Kommentierung von außen?
Spüren Sie den Altersunterschied von fast 40 Jahren?
Maffay: Also ich merke nicht, dass Hendrikje viel jünger ist als ich. Und vielleicht fragen Sie besser Hendrikje, wie es ihr mit mir geht.
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Haben Sie keine Alters-Wehwechen?
Maffay: Die habe ich natürlich auch. Wie jeder halt. Und darüber reden meine Frau und ich ganz offen. Sie unterstützt mich: Um fit zu bleiben, muss ich richtig ran. Ich bin keiner, der das aus dem Ärmel schüttelt.
Klingt nicht nach Glanz und Glamour einer Rocklegende.
Maffay: Ganz ehrlich: Ich hatte ja nie wirklich Lust auf Glanz und Glamour. Und diese merkwürdigen Klischees von zertrümmerten Gitarren in Hotelzimmern hab‘ ich eh nie kapiert. Das ist nicht meine Idee von Rock’n’Roll. Für mich bedeutet Rock’n’Roll: Freiheit im Denken und Handeln. Und eine Plattform mit anderen Menschen in guter Verbindung, in Gemeinschaft zu sein.
Freiheit und Verbundenheit als musikalische Lebenswelt?
Maffay: Ganz klar. Die Musik ist zur Drehscheibe geworden für alles, was entstanden ist. Vernetzung, Beziehungen, Begegnungen. Ohne die Musik hätte das ja nie stattgefunden. Ich kann mich wirklich noch sehr deutlich an die Konzerte erinnern, die wir als 18-Jährige gespielt haben. Das war so elektrisierend, auf die Bühne zu gehen. Und dann sind da irgendwie 200 Leute, die ausflippen. Oder auch nicht.
Was bedeuten Ihnen Ihre Fans?
Maffay: Ich unterscheide nicht „Hier die Musiker!“, „Da das Publikum!“. Wir sind eine echte Gemeinschaft, die mir unendlich viel bedeutet. Mindestens drei, wenn nicht vier Generationen sind da inzwischen versammelt. Wir gehören zusammen. Ohne die Menschen, die zu unseren Konzerten kommen, funktioniert das Ganze nicht.
Ist das Gefühl heute noch genauso wie damals?
Maffay: Absolut. Da hat sich bei mir nichts verändert.
Wie viele Lederjacken haben Sie eigentlich?
Maffay: Ich habe vielleicht fünf. Das Gute ist ja: Die halten ewig.
Dieser Schicksalsschlag beschäftigt den Sänger bis heute
Macht Ihnen der Gedanke an die Endlichkeit Angst?
Maffay: Nein, Angst nicht. Ich glaube, das hat ein bisschen mit meinen Erfahrungen zu tun. Mein Vater ist erst im hohen Alter gestorben. Er war geradezu Fatalist. Er sagte oft: „Was regt ihr euch dauernd so auf? Irgendwann erwischt es auch euch.“ Das ist vielleicht ein bisschen salopp, aber es bringt die Sache wirklich auf den Punkt. Aber dennoch: Ich beschäftige mich mit der Endlichkeit des Lebens. Gerade vor dem Hintergrund der Existenz unserer Tochter und unseres Sohnes, weil ich als Vater mir natürlich wünsche, möglichst viel gemeinsame Zeit miteinander verbringen zu können.
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Was hat Sie nachhaltig geprägt?
Maffay: Der Tod meiner Mutter hat mich enorm geprägt. Dem vorangegangen war ein Selbstmordversuch, über den ich nicht gerne spreche. Danach war in meinem Leben nichts mehr wie vorher. Das Bedauerliche war, dass mir erst später aufgegangen ist, wie viele Hilferufe vorher stattgefunden hatten, die wir alle nicht bemerkt haben.
Welches Gefühl haben Sie, wenn Sie an die Zeit denken, als Sie aus Rumänien nach Deutschland kamen?
Maffay: Ich denke: Wir alle sind Wanderer. Ich empfinde immer noch eine enorme Dankbarkeit. Eine Dankbarkeit, in einem Land zu leben, wo es Freiheit und vor allem Meinungsfreiheit gibt und Selbstbestimmung machbar ist.
Ärger über Politik: „Der Wähler ist nicht so dumm, wie man ihn darstellt“
Macht Ihnen der Rechtsdruck in Deutschland und Europa Angst?
Maffay: Allerdings. Es macht mir große Angst festzustellen, dass sich Dinge wiederholen, von denen man gehofft hatte, dass sie nie wieder passieren würden. Festzustellen, dass bei einigen der jüngeren Generation das Bewusstsein über unsere Vergangenheit einfach nicht mehr vorhanden ist. Und die geschichtlichen Zusammenhänge nicht mehr klar sind. Woraus eine gewisse Unkenntnis, eine Naivität herrührt. Aus dieser Unkenntnis, aus Naivität entstehen Fehlentscheidungen.
Viele Menschen fühlen sich von den traditionellen Parteien nicht mehr ernst genommen. Können Sie das verstehen?
Maffay: Ja, aber natürlich. Die Politiker müssen den Kontakt zur Wählerschaft behalten. Und das darf kein Fake sein. Der Wähler ist ja nicht so dumm, wie man ihn manchmal gerne darstellt – auch so eine unglaublich arrogante und ignorante Sache. Die Mahnungen aus der Gesellschaft sind in den vergangenen Jahren einfach übergangen worden. Die Dialogfähigkeit war dann irgendwann verwirkt. Was unsere Demokratie auszeichnet, ist, immer auch der Gegenseite zuzuhören. Wenn man Menschen mit anderen Sichtweisen nicht zu Wort kommen lässt, vertut man eine Chance. Man muss wissen, wie alle Menschen ticken.
Möchten Sie deshalb in den kommenden Jahren Ihr soziales Engagement verstärken?
Maffay: Ich glaube, mit den Aktivitäten, die heute bereits existieren, sind wir im Moment ausgelastet. Dabei denke ich an die Arbeit unserer Stiftung. Wir bieten Kindern und Familien ein geschütztes Umfeld, um Kraft zu tanken, um sich zu erholen und auszutauschen – eingebettet in die Natur. Unsere Ideen für die Stiftung sind allerdings noch nicht ausgereizt. Wir haben noch viel, viel mehr Möglichkeiten, neuartige Programme zu gestalten. Und noch mehr Leute mit ins Boot zu holen, die mit ihrem Wissen die Arbeit mit den Kindern vertiefen. Wir haben beispielsweise noch nie eine Erhebung gemacht, wie effektiv unsere Förderung wirkt, nachdem die Kinder 14 Tage bei uns waren. Darum würde ich mich gern intensiver kümmern.
Peter Maffay: Diesen Fehler will er wiedergutmachen
Und dann können Sie Ihr „stinknormales Familienleben“ auch noch richtig ausleben. Ist das so etwas wie mit Chips im Sofa?
Maffay: Chips nicht, nein. Hendrikje und ich gucken leidenschaftlich gern Serien auf Netflix. Und ich lese viel, am liebsten „Auto Motor und Sport“. Außerdem stehe ich auf Landwirtschaft. Und – vor allem: Ich mache natürlich weiter Musik.
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Man fragt sich ja immer, wie Sie das Pensum schaffen?
Maffay: Ich sage mal: Wenn ich meine Blutsbrüder nicht hätte, dann würde das nicht funktionieren. Die Leute, mit denen man lebt und arbeitet über die lange Zeit. Leider ist mein langjähriger Freund Dieter Viering voriges Jahr gestorben. Wir waren über 50 Jahre lang zusammen, freiwillig. Das ist eine lange Strecke. Wir hatten das Glück, zusammengefunden und entdeckt zu haben, dass uns die Zusammenarbeit erfüllt. Unser Miteinander hat irgendwann mal eine Dimension bekommen, die alles andere überlagert. So ist das. Auch deshalb diese Tour. Meiner Familie, meinen Brüdern und Schwestern in der Musik fühle ich mich verpflichtet.
Wenn Sie zurückdenken, denken Sie auch an Fehler?
Maffay: Klar! Fehler machen zu uns Menschen, ganz einfach gesagt. Ich hatte meine egoistische Attitüde. So ist das in dem Job. Ohne Fehler hätten wir ja aber nicht die Möglichkeit festzustellen, was richtig und was falsch ist.
Sie sind als Familienmensch zu kurzgetreten?
Maffay: Ja, ja, das auch. Und – tatsächlich: Mein Abschied von den großen Bühnen ist schon auch der Versuch einer Korrektur, keine Frage.