Bad Oeynhausen. Auch zwei Wochen nach dem tödlichen Angriff auf einen 20-Jährigen kommt der Ort nicht zur Ruhe. Der Bürgermeister spricht Klartext.

Der tödliche Angriff auf den 20-jährigen Philippos sorgt im nordrhein-westfälischen Bad Oeynhausen auch zwei Wochen nach der Tat weiter für Entsetzen. Der Tatverdächtige, ein 18 Jahre alter Syrer, sitzt in Untersuchungshaft, Bürgermeister Lars Bökenkröger (CDU) fuhr vor ein paar Tagen selbst nach Berlin, wo der Fall am Mittwoch im Bundestag zur Sprache kam. An diesem Freitag beschäftigt sich der Düsseldorfer Landtag auf FDP-Antrag mit dem Komplex. Er empfinde die politische Stimmung als aufgeheizt, erhalte viele Briefe und Mails, sagte Bökenkröger der Deutschen Presseagentur (dpa).

Im Gespräch mit dpa teilt Bökenkröger auch gegen Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) aus. Der tatverdächtige Syrer habe mit seiner Familie in einem „normalen Mehrfamilienhaus in Bad Oeynhausen“ gelebt, stellte der CDU-Kommunalpolitiker klar. Er habe definitiv nicht in einem Flüchtlingsheim gelebt. Die Darstellung von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SDP), der Beschuldigte habe acht Jahre lang in einer Flüchtlingsunterkunft gelebt, sei „sehr irritierend“ und treffe nicht zu. Faeser hatte auch von einer gescheiterten sozialen Integration gesprochen, was Kritik ausgelöst hatte.

Der 20 Jahre alte Philippos wurde Opfer einer brutalen Prügelattacke. Wenige Tage später erlag er im Krankenhaus seinen Verletzungen.
Der 20 Jahre alte Philippos wurde Opfer einer brutalen Prügelattacke. Wenige Tage später erlag er im Krankenhaus seinen Verletzungen. © privat | Privat

Tatverdächtiger hatte Ausbildungsplatz in Aussicht

Bökenkröger zufolge kam der Syrer 2016 nach Deutschland und lebte in Pforzheim, er habe jahrelang das Schulsystem durchlaufen. Erst vor rund acht Monaten war er nach Bad Oeynhausen gezogen. Er habe dort einen Ausbildungsplatz in Aussicht gehabt, sagte der Bürgermeister. Die Familie des Beschuldigten sei ihm „gänzlich unbekannt“. Sie habe keine städtischen Leistungen bezogen. 

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Eine offene Diskussion sei nötig, meinte Bökenkröger. „Es gibt viele Fälle von Kriminalität, auch von Migranten begangen. Die Täter muss man dann auch ausweisen.“ Debatten dazu im Bundestag und im NRW-Landesparlament seien wichtig und richtig. Für zentral halte er aber vor allem: „Wir Kommunen sind an unseren Grenzen angelangt und zum Teil auch schon darüber hinaus“, sagte der Bürgermeister mit Blick auf Zuwanderung, Integration und die Lage auch etwa in Kitas und Schulen. „Wir brauchen Unterstützung von Bund und Land, wir brauchen alle politischen Ebenen. Wir können als Kommunen nicht noch mehr Flüchtlinge unterbringen und integrieren.“ Man werde Kindern und Jugendlichen nicht mehr gerecht, wenn es in manchen in Schulklassen einen Migrationsanteil „von 70 oder 80 Prozent“ gebe.

Der Kurpark von Bad Oeynhausen. Hier wurde Philippos Opfer eines  Verbrechens.
Der Kurpark von Bad Oeynhausen. Hier wurde Philippos Opfer eines Verbrechens. © picture alliance / Jochen Tack | Jochen Tack

Bürgermeister spricht von aufgeheizter Stimmung

Der 18-jährige Tatverdächtige sitzt wegen Totschlags und gefährlicher Körperverletzung weiter in Untersuchungshaft - und schweigt bislang. Laut Bielefelder Staatsanwaltschaft soll der Syrer den 20-Jährigen vorher nicht gekannt haben, ihn unvermittelt attackiert, auf dessen Kopf eingeschlagen und eingetreten haben. Der junge Mann starb wenige Tage später. Auslöser und Motiv der Gewalttat sind weiter unklar. Der Beschuldigte war vorher durch Gewalt-, Eigentums- und Betäubungsmitteldelikte aufgefallen, aber nicht vorbestraft.

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Den Menschen in Bad Oeynhausen lässt Philippos‘ Tod weiter keine Ruhe. „Viele sind schockiert, fassungslos und wütend nach dieser Tat.“ Die Angehörigen des Opfers seien „tieftraurig, fast gebrochen“, sagte Bökenkröger. Die politische Stimmung empfinde er als „aufgeheizt“. Zwar habe er keinen direkten Kontakt zu den Hinterbliebenen, die nicht in Bad Oeynhausen, sondern in angrenzenden Kommunen wohnten. Die Mutter des Getöteten habe sich aber klar in sozialen Netzwerken, der Onkel des Opfers ebenso deutlich auf der Gedenkfeier in der vergangenen Woche geäußert: Sie seien grundsätzlich gegen Gewalt und wollten ausdrücklich nicht, dass der gewaltsame Tod ihres Angehörigen politisch instrumentalisiert werde, betonte der Bürgermeister. fmg/dpa