Berlin. Warum stecken sich manche Menschen nie mit Corona an? Eine neue Untersuchung hat dazu überraschende Antworten im Immunsystem gefunden.

Zuletzt stiegen die Corona-Zahlen in Deutschland wieder an. Gerade die Massenevents der Heim-EM gelten unter Experten als Treiber der Fallzahlen. Doch egal, wie hoch die Ansteckungsgefahr ist, manche Menschen scheinen sich nie mit Corona zu infizieren. Eine neue Studie will nun herausgefunden haben, warum bestimmte Menschen immun gegen das Virus sind. Die Antwort liegt wohl in den Genen.

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So könne eine Kombination aus einem besonders aktiven Gen sowie einer robusten Verteidigungsfähigkeit der Nasen-Zellen, die Infektion mit Coronaviren im Keim ersticken. Es handelt sich dabei um keine völlige Immunität, sondern vielmehr um eine besonders schnelle Immunreaktion, die Viren sofort bekämpft und eine Ausbreitung der Infektion verhindert.

Coronavirus: Wissenschaftler infizierten Testpersonen vorsätzlich

Die im Fachjournal „Nature“ veröffentlichte Studie liefert das bisher umfassendste Bild, wie der Körper auf SARS-CoV-2 reagiert, heißt es in einem Statement der britischen Forscher. „Diese Ergebnisse werfen ein neues Licht auf wichtige frühe Vorgänge, die dem Virus entweder erlauben, sich festzusetzen oder es schnell wieder beseitigen“, sagte Marko Nikolić, der leitende Autor der Studie des University College London (UCL).

„Wir haben nun ein viel größeres Verständnis von der vollen Reichweite der Immunreaktionen“, so Nikolić. Die Ergebnisse würden deshalb eine Basis für die Entwicklung von möglichen Behandlungen und Impfstoffen bieten, die diese natürlichen Schutzreaktionen imitieren.

Für die Untersuchung setzten die Wissenschaftler 36 Freiwillige dem Coronavirus aus. Dabei führten sie die Viren durch die Nase ein. Keiner der Freiwilligen war jemals zuvor an Corona erkrankt gewesen. Die Forscher überwachten vor und nach der Infektion das Blut und die Immunreaktion von 16 der Probanden genauer. Dabei stellten sie nie zuvor beobachtete Vorgänge fest.

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Corona-Immunität: Gen ist für schnelle Immunreaktion verantwortlich

Sechs der Probanden erkrankten mit Symptomen an Corona, während drei nur kurz positiv auf das Virus testeten, ohne Symptome zu zeigen. Doch sieben der Probanden waren konstant negativ, ohne Symptome zu zeigen. Trotzdem konnten die Forscher bei ihnen eine Immunreaktion feststellen. Diese Form der Infektion bezeichneten die Forscher als „abtreibende Infektion“.

Sie soll mit der Aktivität eines Gens namens HLA-DQA2 zusammenhängen. Bei Personen, bei denen das Virus sich gar nicht oder nur kurz festsetzen konnte, arbeite das Gen in bestimmten Zellen besonders stark. Diese Zellen versetzten das Immunsystem in hohe Alarmbereitschaft, um Gefahren abzuwehren. So werde das Virus sofort wieder aus dem Körper „geworfen“.

„Diese Zellen nehmen ein bisschen von dem Virus und zeigen es Immunzellen und sagen: ‚Das ist fremd: Du musst dahingehen und es aussortieren‘“, erklärt Kaylee Worlock, eine Molekuar-Biologin an der UCL, den Prozess gegenüber „The Guardian“. Darüber hinaus unterschieden sich „immune“ und nur kurz positive Probanden in ihrer Produktion von Interferonen – Proteinen mit einer antiviralen Wirkung. Bei den Gruppen ohne Symptomen wurden die Interferone bereits im Blut produziert, bevor sie in dem oberen Nasenbereich auftauchten.

Studie testete keine neueren Varianten wie Omikron oder Delta

Laut den Wissenschaftlern bedeute das, dass Menschen mit diesen Immuneigenschaften innerhalb eines Tages eine schnelle Immunreaktion in der Nase auf das Coronavirus entwickelten. Bei Probanden mit einem positiven Corona-Test brauchte das Immunsystem durchschnittlich fünf Tage für die gleiche Reaktion.

Trotzdem steckten sich einige der negativen Probanden noch nach der im Jahr 2021 durchgeführten Studie mit dem Virus an. Auch gebe es mittlerweile viele neue Varianten wie Omikron oder Delta, auf deren Resistenz die Testpersonen nicht getestet wurden. Trotzdem könne die Studie wichtige Antworten auf Immunreaktionen liefern.

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