Rom. Rom meldet fast jährlich neue Touristen-Rekorde. Für die Anwohner werden die vielen Touristen zur immer größeren Belastung. Was sie fordern.
Vormittags um halb zehn öffnet ein Mitarbeiter die Metalltore der Touristeninformation am Kolosseum. Die Sonne scheint noch nicht zu heiß – ideales Wetter für eine Erkundungstour zu den antiken Stätten Roms. Hunderte Besucher drängen sich vor dem Schalter. „Wir sind auf Hochzeitsreise, wir haben monatelang die Rom-Reise organisiert“, sagt ein junges amerikanisches Paar. „Wir wollen um jeden Preis eine Karte fürs Kolosseum bekommen.“
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Was für viele Besucher ein lang gehegter Traum ist, empfinden immer mehr Einwohner der Ewigen Stadt als Ärgernis. Rom erlebt als Tourismus-Metropole Hochkonjunktur, die Besucherzahlen wachsen rasant und mit ihnen die bekannten Probleme: Müll, Überfüllung, Lärm, hohe Preise. 2025, im Jubiläumsjahr der katholischen Kirche, sollen sie einen neuen Rekord erreichen: Zum kirchlichen Großevent werden 30 Millionen Besucher erwartet. Bürgerverbände gehen schon jetzt auf die Barrikaden – denn das Zusammenleben mit den Touristen wird für die Anwohner immer zermürbender.
Urlaub in Rom: Zahl der Ferienwohnungen steigt immer weiter
Ideen, wie man den Tourismus besser regeln könnte, gibt es immer wieder. Doch allzu oft hapert es an der Umsetzung. Die dringlichste Forderung der Bürgerverbände an Stadtverwaltung und der Regierung: neue Auflagen für Ferienwohnungen, deren Zahl in den vergangenen Jahren geradezu explodiert ist.
Die Plattform „Inside Airbnb“ verzeichnet rund 30.000 Ferienwohnungen im Raum Rom. Hinzu kommen schätzungsweise 12.000 Wohnungen, die nach Angabe der Gemeinde schwarz vermietet werden. Durchschnittlich 3000 Euro, so eine Schätzung der Bürgerverbände, soll eine kleine Unterkunft monatlich abwerfen. Viele Italienerinnen und Italiener können von so einem Einkommen nur träumen. Der Durchschnittsbürger verdient gerade mal etwa die Hälfte Netto.
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Kaum verwunderlich, dass die Hälfte aller Anbieter angibt, die Zimmervermietung sei der Haupterwerb. Die verhältnismäßig hohen Gewinnmargen haben auch dazu geführt, dass viele Wohnungsbesitzer, die bis vor einigen Jahren ihre Immobilien längerfristig vermieteten – zum Beispiel an Studenten –, diese nun Touristen anbieten. Inzwischen sind ganze Wohngebäude im Zentrum Roms in Ferienwohnungen umgewandelt worden. Der Kampf um bezahlbaren Wohnraum unter den rund drei Millionen Einwohnern Roms wird dadurch nur noch verstärkt.
Bürgerverbände fordern „Grenzen“ für nachhaltigen Tourismus
Massimo Marnetto, Sprecher des Bürgerverbands „Motus“, macht sich Sorgen um die Zukunft seiner Heimatstadt: „Der Tourismus ist nachhaltig, wenn ihm Grenzen gesetzt werden“, betont er. Der Verband fordere eine Höchstzahl an Ferienwohnungen, wie es in New York, Barcelona und Florenz der Fall ist. Damit solle die „schrittweise Entvölkerung des Stadtkerns aktiv bekämpft werden“.
Der Tourismus müsse in Harmonie mit dem Leben der Einwohner gefördert werden, ansonsten sei er schädlich, so Marnetto weiter. Seinem Verband gehe es um eine „Ethik des Tourismus“. In einigen Ländern habe der Massentourismus zur Bildung einer Subkultur geführt, die sowohl für den Touristen als auch für das Gastland entwürdigend sei, lautet sein Credo. Dies dürfe nicht mit Rom geschehen. Die Stadt dürfe ihre Ursprünglichkeit und ihre einmaligen Eigenschaften nicht verlieren.
Reisebusse belasten Verkehr im Stadtkern
Doch das Problem mit den Urlaubern beginnt schon bevor sie überhaupt in ihrer Unterkunft einchecken: Täglich kommen Hunderte Reisebusse in der italienischen Hauptstadt an. Basierend auf Daten von Reisegesellschaften schätzt der Verband „Roma Ricerca Roma“, dass täglich etwa 700 Reisebusse Rom erreichen. Hinzu kommen etwa 200 Sightseeing-Busse im Stadtzentrum und 300 Shuttle-Busse, die Touristen vom Zentrum zu den beiden römischen Flughäfen Fiumiciono und Ciampino bringen.
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Der Busverkehr trägt damit nicht zur Verbesserung der ohnehin schon chaotischen Verkehrslage bei. Im Gegenteil: „Es ist unannehmbar“, warnen Bürgerverbände. Nicht nur der Verkehr, auch die Parksituation verschlechtere sich durch die vielen Busse noch mehr. Auch hier fordern die Verbände staatliche Regelungen, allen voran weitere Beschränkungen für Busse im Stadtzentrum.
Römer wollen Traditionsbetriebe vorm Tourismus retten
Vor den Massen, die die Busse täglich nach Rom bringen, wollen die Anwohner nun auch ihre traditionsreichen Geschäfte schützen. Denn wo Touristen sind, verändert sich zwangsläufig auch das Angebot. Geplant ist ein Register der sogenannten „Botteghe storiche“, der Läden und Handwerksbetriebe in den Stadtzentren, die auf eine zumindest 70 Jahre alte Geschichte zurückblicken und seit mindestens drei Generationen im Besitz derselben Familie sind. Sie sollen einen besonderen Status erhalten.
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„Wir schützen nicht nur ‚Läden‘, sondern auch Werkstätten, die neben Professionalität und Qualität die Identität und Kultur unserer Städte ausmachen“, sagt Stefano Pizzolato, Präsident des Verbands der traditionsreichen Läden Roms, der derzeit 27 Mitglieder zählt. Mit dem Ladenregister wolle man ein Gleichgewicht halten zwischen der touristischen Entwicklung und dem authentisch-römischen Teil der Stadt.