Berenike. Ein Haustierfriedhof in Ägypten wirft bei Forschern Fragen auf. Zwischen die Knochen geriet zudem ein Briefwechsel römischer Offiziere.
Ein Friedhof für Haustiere in Ägypten entwickelt sich zu einer wahren Schatzgrube für Archäologen. In der antiken Hafenstadt Berenike am Roten Meer graben ein polnisch-amerikanisches Forschungsteam seit 2011 die Überreste von Hunderten Katzen, Hunden und sogar Affen aus. Zwischen den Knochen fanden sie nun die handgeschriebenen Briefe römischer Kommandeure aus der Zeit von Kaiser Nero. Sie geben Einblick in eine wenig erforschte Epoche Ägyptens: die römische Besatzung.
Römische Geschichte in Ägypten werde von staatlicher Seite aus wenig gefördert, sagt die Leiterin des Ausgrabungsprojekts Dr. Marta Osypińska gegenüber dem polnischen Medium „Nauka W Polsce“. Der Zeitpunkt der Eroberung gelte als wenig interessant. Das Alte Ägypten der Pyramiden und Pharaonen wird hingegen reichlich erforscht und vermarktet. Bekannte Stätten aus der römischen Herrschaft über Ägypten (30 v. Chr. bis 642 n. Chr.), sind dementsprechend selten erforscht, erklärte die Archäologin von der Universität Breslau.
Für die Archäologie ist die Ausgrabungsstätte aus dem 1. und 2. Jahrhundert n. Chr. in Berenike deshalb umso wertvoller. Seit langem vermuten die Forscher hier einen Stützpunkt einer römischen Militäreinheit der dritten Legion von Cyrenaica. Die Legion war unter anderem für die Niederschlagung des Aufstands in Jerusalem 70 n. Chr. bekannt, heißt es in einem Statement. Die Briefe von römischen Zenturionen aus Berenike beweisen nun die Stationierung der Legion im Osten Ägyptens.
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Römische Offiziere tauschten sich über Preise für exklusive Güter aus
Ein Zenturion kommandierte im römischen Heer eine Hundertschaft Legionäre, die sich zur meisten Zeit in der römischen Geschichte aus nur 80 Soldaten zusammensetzte. In den Briefen auf Papyrus kommen die Namen der Zenturionen Haosus, Lucinius und Petronius vor, die während der Regierungszeit Kaiser Neros ( 54 bis 68 n. Chr.) gedient haben müssen.
„In dieser Korrespondenz befragt Petronius den in Berenike stationierten Lucinius nach den Preisen einzelner exklusiver Güter. Es gibt auch die Aussage: Ich gebe dir das Geld, ich schicke es per Dromedarius“, fässt Dr. Osypińska bei „Nauka W Polsce“ den Inhalt eines der Briefe zusammen. Dromedarius war eine Einheit von Legionären, die auf Dromedaren ritten“, erklärt Osypińska. „Kümmere dich um sie, versorge sie mit Kalbfleisch und Stangen für ihre Zelte“, schrieb der Offizier vor 1900 Jahren.
Anfangs sei es schwierig gewesen, die Bedeutung der Entdeckung einzuschätzen, so Osypińska. DIe Archäologen fanden nur kleine, wenige Zentimeter lange Rollen, die sich nur teilweise entziffern ließen. „Wir dokumentierten sie jedoch und warteten auf die Ankunft des Epigraphikers, dem Leiter des Instituts für Papyrologie der Universität Heidelberg, Prof. Rodney Asta. Zusammen mit dessen Frau setzten sie aus diesen kleinen Rollen ein Puzzle von einem halben Meter Länge und 30 cm Breite zusammen“, beschreibt die Forscherin.
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Archäologen fanden den Menschen ähnliche Gräber von Affen samt Grabbeigaben
Neben den Briefen fanden das internationale Forschungsteam eine Reihe exklusiver Keramiken aus Italien, Afrika, Indien und dem restlichen Mittelmeerraum sowie römische Münzen. Die Archäologen nehmen an, dass ein römischer Zenturio sein Büro oder seinen Wohnsitz in unmittelbarer Nähe des Friedhofs gehabt haben müsse. Die Residenz sei wohl zu einem Zeitpunkt eingeebnet worden und die Überreste wurden auf dem Tierfriedhof verstreut.
Der Haustierfriedhof entstand, als die römische Elite Anfang des 1. Jahrhunderts n. Chr. in Berenike ankam. Sie betrieb den Friedhof bis zu ihrem Weggang zum Ende des 2. Jahrhunderts hin. Vor allem die zahlreichen Affen wurden laut dem Statement ähnlich wie Menschen in Gräbern beigesetzt. So weisen nur die Gräber von Affen auch Grabbeigaben wie Muscheln, Halsbänder, Geschirr und einen Kuhschwanz auf. Sogar andere Tiere wurden als Opfergaben mit den Affen begraben. Affen hatten wahrscheinlich ihre eigenen Haustiere, vermuten die Forscher.
Die Hafenstadt Berenike verdankte ihren Reichtum ursprünglich dem Import von Elefanten aus dem Süden Afrikas. Nach der Annexion Ägyptens durch das römische Imperium baute Kaiser Tiberius die Stadt wieder auf. Berenike wurde zu einem Handelszentrum, durch das exklusive Güter aus Indien, Asien und Arabien flossen. Während der Monsun-Zeit hielt sich hier die römische Elite auf, um den Handel mit Asien zu koordinieren.
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