Kairo. Wie transportierten die Ägypter Millionen tonnenschwerer Steine zu den Pyramiden in der Wüste? Wissenschaftler haben nun eine Antwort.
Die Cheops-Pyramide von Gizeh besteht aus rund 2,3 Millionen Steinblöcken, die zwischen 2,5 und 50 Tonnen wiegen. Zehntausende Arbeiter bauten 20 Jahre lang an dem ursprünglich 146 Meter hohen Monument – eine kolossale Aufgabe. Doch wie schafften es die Alten Ägypter, die Steine zu den Baustellen der Pyramiden von Gizeh zu transportieren? Immerhin ist der Nil, die Hauptverkehrsader Ägyptens, acht Kilometer entfernt.
Mehr als 30 Pyramiden liegen auf dem sogenannten westlichen Wüstenplateau, das auffällig weit entfernt vom Fluss liegt. Nicht nur die Pyramiden von Gizeh, auch die Pyramide von Absusir, die Djoser-Pyramide und die Dahschur-Pyramiden liegen in dem Randbereich der Wüste, von dem es Kilometer zum Nil sind. Zu weit für die Holzschlitten, mit denen die Arbeiter die Steine auf der Baustelle transportierten.
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Pyramiden waren im Alten Ägypten durch heute ausgetrocknetes Flussbett erreichbar
Die Pyramiden des westlichen Wüstenplateaus reichen von Gizeh bis zum 60 Kilometer weiter südlichem Dorf el-Lischt. Die meisten von ihnen wurden in über einen Zeitraum von 1000 Jahren ab 2700. v. Chr. in der Nähe von Memphis gebaut, der altertümlichen Hauptstadt Ägyptens, die Sitz der Pharaonen war. Archäologen hatten bereits eine Theorie zur ungewöhnlichen Lage der Pyramiden. Eine neue Studie konnte jetzt Beweise erbringen.
Laut einem Forschungsteam der University of North Carolina Wilmington führte ein ausgetrockneter Nebenarm des Nils genau entlang der Pyramiden. In ihrer Untersuchung konnten die Wissenschaftler mit Bodenproben, Radartechnik und anderen geophysikalischen Untersuchungen die antike Flussroute im Boden neben den Pyramiden nachweisen.
„Vielen von uns, die interessiert am Alten Ägypten sind, ist bewusst, dass die Ägypter einen Wasserweg genutzt haben müssen, um ihre enormen Monumente zu bauen“, zitiert ein Statement der University of North Carolina Wilmington die Leiterin der Studie Eman Ghoneim. „Niemand war sich im Klaren über den Ort, die Form oder die Nähe des Mega-Wasserwegs zu den Pyramiden-Stätten“, sagte die Professorin für Erd- und Meereswissenschaften.
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Ägypter transportierten Steinblöcke per Schiff zu den Pyramiden
Die Forscher liefern demnach die erste Karte des vergessenen Nebenarms des Nils. Die Ergebnisse ihrer Untersuchung veröffentlichte das Forschungsteam im Fachjournal „Communications Earth & Environment“. Schon lange glaubten Archäologen, dass zur Zeit des Alten Ägyptens der Nil weiter verzweigt gewesen war als heute. Die Ägypter seien demnach per Schiff über den Nebenarm in der Lage gewesen, die Kalk- und Granitsteine von ihren Steinbrüchen zu den Baustellen zu transportieren.
Satellitenbilder brachten die Forscher auf die entscheidende Spur des ausgetrockneten Flussbetts. Weitere Tests offenbarten die genaue Route des 64 Kilometer langen Nebenarms, den das Forschungsteam nach dem arabischen Wort für Pyramiden „Ahramat“ taufte. Viele der Pyramiden aus dem Alten und Mittleren Königreichen Ägyptens haben Dammwege, die zum ausgetrockneten Nil-Arm führen, heißt es in der Studie. Die Dämme endeten an Tempeln, die wahrscheinlich als Häfen für den Transport der Baumaterialien und Arbeiter genutzt wurden.
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Der herrschenden Forschungsmeinung zufolge zogen die Ägypter die großen Steinblöcke auf Schlitten von den Schiffen zum Baugrund über die Dammwege. Die Überreste solcher Schlitten konnten Archäologen um die Pyramiden ausgraben. Auch altertümliche Reliefs und Malereien bilden den Prozess ab. Der amerikanische Ägyptologe Mark Lehner baute unter Zuhilfenahme solcher Schlitten für ein Experiment eine Mini-Pyramide.
Laut der Studie könnte die langsame Ansammlung von herbei gewehtem Sand, ausgelöst durch eine Dürre, zu einer Umleitung und schließlich einer Vereinigung des Flussarms mit dem Haupt-Nil geführt haben. Dieser Prozess habe wohl vor 4200 Jahren begonnen und sich über Hunderte Jahre hingezogen.
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