Berlin/Vatikanstadt. Papst Franziskus soll sich abfällig über schwule Geistliche geäußert haben. Dafür bat der Pontifex jetzt um Entschuldigung.
Papst Franziskus soll italienischen Medien zufolge italienische Bischöfe angewiesen haben, homosexuellen Männern die Ausbildung zum Priesteramt nicht zu gestatten. In einer internen Sitzung soll sich der Papst zudem mit abfälligen Worten über queere Menschen geäußert und von einem Übermaß an „frociaggine“, also zu viel „Schwuchtelei“ in den Priesterseminaren gesprochen haben.
In einer Mitteilung hat der Vatikan diese Aussagen zwar nicht direkt bestätigt, dennoch teilte Papst-Sprecher Matteo Bruni mit, der Papst habe nie die Absicht gehabt, zu beleidigen oder sich homophob auszudrücken. Er entschuldige sich bei denjenigen, die sich durch die Verwendung des Begriffs, wie es „von anderen“ berichtet wurde, beleidigt gefühlt hätten.
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Das Verhältnis des Vatikans zum Thema Homosexualität ist – gelinde gesagt – schwierig. Denn die katholische Kirche, der weltweit 1,4 Milliarden Menschen angehören, sieht homosexuelle Handlungen als Sünde an. Gleichzeitig ist es ein offenes Geheimnis, dass es zahlreiche schwule Priester gibt: Papst Franziskus sprach einst gar von „homosexuellen Netzwerken“ in der Kurie und einer „schwulen Lobby“.
Homophobe Wortwahl: Papst Franziskus kann Reform-Hoffnungen nicht erfüllen
Herabwürdigende Worte, wie sie in den Berichten genannt werden, sind für Franziskus ungewöhnlich, hatten doch zu Beginn seines Pontifikats viele liberale Christen große Hoffnungen in den in Argentinien geborenen Geistlichen gesetzt. Hoffnungen, die der anfangs noch als Reformer gefeierte Papst nur in Teilen erfüllen konnte – der große Wurf blieb aus.
Kleine Schritte waren aber durchaus zu erkennen. So gestattete der Vatikan im Dezember 2023 offiziell die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare – verband diese aber mit strengen Vorschriften, um die Unterschiede zur „richtigen“ Ehe deutlich zu machen. Mit Blick auf schwule Priester betonte Franziskus einst: „Wer bin ich, dass ich urteilen sollte?“
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Katholische Kirche will keine homosexuellen Priester
Dem widerspricht eine Entscheidung des Vatikans aus dem Jahr 2005, wonach Männer, die „aktiv homosexuell“ sind oder „tief verwurzelte“ homosexuelle Neigungen haben, nicht für das Priesteramt zugelassen werden dürfen. Franziskus selbst bestätigte dieses Vorgehen 2016.
Nun sollen offenbar auch für die Priesterausbildung entsprechende Richtlinien erlassen werden, Medienberichten zufolge auf Initiative italienischer Bischöfe. Diese hatten sich dafür ausgesprochen, Homosexuelle zum Priesterseminar zuzulassen, wenn sie wie Heterosexuelle garantieren, das Zölibat einzuhalten. Offenbar vertritt Franziskus jedoch eine radikalere Auffassung: Er will Homosexuelle grundsätzlich ausschließen, ohne Ausnahme.
Wie genau homosexuelle Priesteranwärter identifiziert werden sollen, ist derweil unklar. Hinzu kommt, dass Homosexualität per se in der katholischen Kirche gar nicht als Sünde gilt. Lediglich homosexuelle Handlungen sind verboten – die bloßen Gefühle aber nicht. Wo soll die Grenze gezogen werden?
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Nach schwulenfeindlicher Aussage: Italienische Medien nehmen Papst in Schutz
Die italienische Presse nimmt den Pontifex nach den diskriminierenden Äußerungen bereits in Schutz: So schreibt die Zeitung „Corriere della Sera“, es sei möglich, dass sich der Papst nicht bewusst darüber war, wie verletzend seine Wortwahl wirken könne – schließlich sei Italienisch für ihn eine Fremdsprache. Es sei den Anwesenden klar gewesen, dass der Papst sich nicht bewusst gewesen sei, wie beleidigend das Wort im Italienischen sei, erklärten einige Bischöfe.
Tatsache ist jedoch, dass Franziskus zwar in Argentinien geboren wurde, seine Elten stammen aber beide aus Italien. Die Zeitung „La Repubblica“ zitiert zudem Bischöfe, laut denen die abwertende Bezeichnung ein „Scherz“ gewesen sein solle. Menschen aus dem Umfeld des Papstes seien von der Wortwahl sehr überrascht gewesen. Bereits vor einigen Jahren war es zu einem ähnlichen Vorfall gekommen, ebenfalls beim Thema Homosexualität. Damals sagte Franziskus, dass ein Mann, der sich seiner Sexualität nicht sicher sei, möglicherweise „psychiatrische“ Unterstützung benötige.
Kritik an Papst Franziskus: Keine italienischen Steuergelder mehr für die Kirche?
„In der katholischen Kirche weiß man nicht mehr, wo man die vielen Homosexuellen unter den Geistlichen verstecken soll. Die repressive Politik der katholischen Kirche gegenüber der Lgbtqia+-Gemeinschaft muss ein Ende finden“, kommentierte Rosario Coco, Präsident des Homosexuellenverbands Gaynet, die geplanten Regeln für Priesteranwärter. „Wir dürfen nicht vergessen, dass die Priesterseminare in Italien auch mit italienischen Steuergeldern finanziert werden. Wenn diese diskriminierende Aussage des Papstes bestätigt wird, fordern wir, dass die Regierung in Rom die Steuergelder für die katholische Kirche sperrt“, forderte Fabrizio Marrazzo, Sprecher der Partei „Gay Lgbt+“.
mit dpa