Paris. Die Windmühlen-Attrappe des Pariser Kabaretts hat über Nacht ihre Flügel verloren. Die Feuerwehr rätselt, woran es gelegen hat.
„Das glaube ich jetzt aber nicht, wir haben doch nicht den 1. April!“, stammelt Brigitte. Die 36-jährige Frisörin, die an diesem Donnerstagmorgen auf dem Weg zur Arbeit gerade die Treppe der Pariser Metrostation Pigalle heraufgekommen ist, steht wie angewurzelt. Ihr Blick ist auf die gegenüberliegende Fassade des Kabaretts Moulin Rouge geheftet. Und dort stimmt es etwas ganz und gar nicht: Der auf dem Dach des Gebäudes thronenden und weltweit bekannten roten Windmühle fehlen die Flügel.
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In der vergangenen Nacht sind sie herabgefallen. „Wie bitte? Wie das denn?“, will Brigitte von anderen Passanten wissen, die wie sie recht fassungslos dastehen und auf das gestutzte Wahrzeichen des Pariser Nachtlebens starren.
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Moulin Rouge: Warum ist das Windrad herunter gekracht?
Einfach abgefallen! Eine andere Erklärung gibt es laut der Feuerwehr nicht – jedenfalls noch nicht. Glücklicherweise, so deren Sprecher, sei niemand zu Schaden gekommen, als die Flügel gegen drei Uhr morgens auf den zu diesem Zeitpunkt menschenleeren Bürgersteig des Boulevard de Clichy stürzten. Und er beeilt ich sich, zu versichern, dass keine weiter Einsturzgefahr bestehe.
Eine Untersuchung soll nun klären, wie es möglich ist, dass sich die Windmühlenflügel verselbständigt haben. Denn auch die Direktion des Varieté-Theaters kann sich „absolut keinen Reim“ auf den „merkwürdigen“ Vorfall machen.
Vielleicht waren es die roten Flügel ja schlicht müde geworden, als Attrappe zu dienen. Nichts anderes sind sie nämlich – und auch deutlich jünger, als das Moulin Rouge, welches 2024 seinen 135. Geburtstag feierte. Wobei der „merkwürdige Vorfall“ angesichts der bewegten Geschichte des Kabaretts wohl nur das Zeug für eine Randnotiz hat und lediglich für nachträgliche Schrecksekunden gut ist, wie er sie nicht allein Brigitte bescherte. Jedenfalls – das ließ die Kabarettsleitung wissen – müsse keine einzige Aufführung abgesagt werden.
Moulin Rouge: Lange Historie mit gewagten Darbietungen
Am 8. Oktober 1889 hatte das damals volkstümliche Tanzlokal „Bal du Moulin Rouge“ erstmals seine Tore geöffnet. Die dort zu bestaunenden Darbietungen allerdings waren so gewagt, dass die umgebaute Windmühle rasch in den Ruf einer Lasterhöhle geriet und sich der verstärkten Aufmerksamkeit der Sittenpolizei erfreute.
Die ganz große Zeit des Moulin Rouge kam kurz darauf mit der Belle Epoque, als das Publikum dem scheinbar knochenlosen Tänzer Valentin zu Füßen lag. Später sorgten zahllose französische und internationale Stars wie Mistinguette, Josephine Baker, Maurice Chevalier und Yves Montand dafür, dass der Ruhm nicht verblasste.
Dabei stand der Tempel der schönen Tänzerinnen zur Jahrtausendwende sogar schon einmal vor der Pleite. Doch das 2001 die Leinwände erobernde Hollywood-Filmmusical „Moulin Rouge“ vermochte es, den weitestgehend verblassten Glanz des alten Kabaretts ebenso schlagartig wie nachhaltig aufzupolieren. Keine Frage: Eine bessere Werbeträgerin als Hauptdarstellerin Nicole Kidman hätten sich die Besitzer der „Roten Mühle“ kaum wünschen können.
Die „Rote Mühle“: Der Champagner fließt in Strömen
Die Zeiten, wo die Pariser Nachtschwärmer überall hingingen, nur nicht in das als „out“ geltende Kabarett, sind vorüber. Mittlerweile stellen sie erneut gut 40 Prozent der jährlich rund 600.000 Besucher. Der Vorhang des 800 Zuschauer fassenden Ballsaals in der Roten Mühle hebt sich jeden Abend für zwei Vorführungen. Dass dabei der Champagner in Strömen (rund 240.000 Flaschen pro Jahr) fließt, gehört zur Tradition.