Rom. Italiens Gastronomen haben genug von Gästen, die am Handy hängen. Smartphones sollen nun an der Tür abgegeben werden – gegen Belohnung.
Offline ist der neue Luxus, lautet das Mantra von Angelo Lella, einem Restaurantinhaber aus Verona. In seinem neuen Lokal „Al Condominio“ im Stadtzentrum werden Gäste eingeladen, ihr Smartphone am Eingang abzugeben. Das Handy können sie in einer Box hinterlassen, für die sie einen Schlüssel erhalten. Dafür bekommen sie kostenlos eine Flasche Wein. Auf diese Weise will Lella seine Gäste dazu bringen, sich gegenseitig in die Augen zu sehen, zu reden und die Speisen wirklich zu genießen.
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„Die meisten Menschen verbringen zu viel Zeit damit, auf irgendwelche Bildschirme zu starren, dies geschieht auch beim Essen. Wir wollen dagegen in unserem Lokal soziale Kontakte begünstigen“, betont der 41-jährige Lella, der mit drei Freunden das Lokal betreibt.
Digital Detox im Restaurant: Diese Reaktionen zeigen die Gäste
Die Einstellung des Lokals schreckt die Kunden keineswegs ab – ganz im Gegenteil. „90 Prozent unserer Kunden geben ihr Handy ab und freuen sich auf eine Mini-Auszeit von der digitalen Welt. Dafür bekommen sie eine Flasche Pinot Nero als Geschenk“, berichtet Lella. Oft beginnen die Gäste auch, sich mit den Tischnachbarn zu unterhalten, so der Gastronom. Sogar Freundschaften seien dadurch schon entstanden. Am Ende ihres Besuchs reicht der gebürtige Bozener seinen Gästen Papier und Stift: „Wir wollen keine Bewertungen im Internet, sondern Meinungen über das Lokal auf Papier geschrieben.“
Das Restaurant punktet mit Gerichten der lokalen Tradition, darunter Risotto all‘Amarone, einer Spezialität aus dem Raum von Verona. Die Klientel des im März eingeweihten Lokals besteht nicht nur aus Italienern, sondern auch aus Ausländern, die sich von der Philosophie der digitalen Auszeit des Lokals angezogen fühlen.
„Die meisten unserer Kunden kommen, weil sie in Ruhe speisen wollen. Sie fühlen es als Bedürfnis, einige Stunden offline zu verbringen“, meint Lella. Mit derselben Einstellung will er jetzt weitere Lokale eröffnen, unter anderem in Mailand. „Italiens Finanzmetropole ist eine Stadt, in der es hektisch zugeht. Daher sind wir der Ansicht, dass ein Restaurant, in dem man offline sein kann, Erfolg haben wird“, meint der Unternehmer.
Digitale Auszeit: Gastronomen locken mit Gutscheinen
Auch das UrlauberparadiesToskana will mit Offline-Lokalen Klientel gewinnen. Niccolò D‘Andrea, Inhaber des Restaurants „Separè 1968“ an der Strandpromenade der Badeortschaft Marina di Cecina, lädt seine Kunden ein, ihre Smartphones während des Essens wegzulegen, um die gute Gesellschaft und die Speisen ohne Ablenkung zu genießen. Wer es tut, bekommt einen Gutschein für einen 20-prozentigen Rabatt beim nächsten Besuch im Lokal.
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„Es kommt oft vor, dass wir Paare sehen, die sich mit dem Smartphone in der Hand gegenübersitzen und auf den Bildschirm starren“, sagt D‘Andrea. „Dann denken wir oft: ‚Wie traurig‘, aber dann finden wir uns selbst in der gleichen Situation wieder, ohne es zu merken.“ Für den Lokalbesitzer selbst sei es alles andere als angenehm, wenn er den Speisesaal betrete und sehe, dass seine Gäste mehr an ihren Smartphones interessiert sind, als an dem kulinarischen Erlebnis, das für sie entworfen, konzipiert und zubereitet wurde. „Das ist entmutigend“, findet der Restaurant-Betreiber.
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Zu seinem Lösungsansatz wurde D‘Andrea von einer schwedischen Boutique inspiriert, in der die Kunden aufgefordert wurden, ihre Mobiltelefone auszuschalten, um das Einkaufserlebnis genießen zu können. Die „digitale Entgiftung“ hat D‘Andrea selbst zuerst bei einem Abendessen mit Freunden ausprobiert. Erst danach traf er die Entscheidung, sie den Kunden des Restaurants vorzuschlagen. „Wenn man sich die Zeit und die Aufmerksamkeit nimmt, sich auf das zu konzentrieren, was man isst, stellt man fest, dass der Geschmack intensiver sind“, ist der Gastronom überzeugt.