Berlin. Hitlers Propagandachef nutzte die Villa für ungewöhnliche Zwecke. Seit Jahrzehnten herrscht Stillstand. Jetzt flammt ein Streit auf.

Es ist wohl einer der geschichtsträchtigsten Lost Places in Deutschland: das Areal der ehemaligen FDJ-Hochschule samt Goebbels-Villa. Einst hatte das Land Berlin Hitlers Propagandachef Joseph Goebbels das idyllische Grundstück am Bogensee geschenkt. In dieser Villa soll Goebbels damals seine Geliebte empfangen haben. Heute verfällt das Gebäude. Der Putz bröckelt, das Unkraut wuchert. Seit mehr als 20 Jahren steht das Gebäudeensemble bereits leer und wird für das Land Berlin zum Millionengrab. Nun droht der Abriss. Hier finden Sie die wichtigsten Infos zu dem Lost Place.

Das sind die Fakten zur ehemaligen Goebbels-Villa und FDJ-Hochschule im Überblick:

  • Adresse: Nikolai-Ostrowski-Straße, 16348 Wandlitz
  • Geschichte: 1936 für Joseph Goebbels erbaut, dann Sitz der FDJ-Hochschule, Leerstand seit 2000
  • Führungen: Besichtigungen von außen, buchbar ab 9 Euro unter barnimerland.de
  • Status: Aktueller Lost Place

Wo liegt die alte Goebbels-Villa und die FDJ-Hochschule genau?

Das Areal samt Goebbels-Villa und der FDJ-Hochschule liegt versteckt im Wald am Bogensee in Brandenburg, etwa 40 Kilometer nördlich von Berlin. Die Gebäude befinden sich an der Nikolai-Ostrowski-Straße in Wandlitz. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist das Gelände nur schwer zu erreichen. Vom Bahnhof Klosterfelde im Nachbarort fährt ein Bus der Linie 902 bis Prenden, Abzweig Klosterfelde. Fahrtzeit: etwa sieben Minuten. Von dort muss man jedoch noch rund drei Kilometer – etwa 40 Minuten – zu Fuß durch den Wald bis zum Ziel gehen.

Propagandaminister Joseph Goebbels (r.) mit Adolf Hitler.
Propagandaminister Joseph Goebbels (r.) mit Adolf Hitler. © picture alliance / Everett Colle | Copyright © CSU Archives/Everett

Ausgangslage: Land Berlin schenkt Hitlers Propagandachef Goebbels das Areal zum Geburtstag

Alles beginnt im Jahr 1936. Damals schenkt das Land Berlin Hitlers Reichspropagandaminister Joseph Goebbels das insgesamt 46 Hektar große Waldareal zu seinem Geburtstag. Zu dem Zeitpunkt ist es nur mit einem kleinen Blockhaus bebaut. Es soll für Goebbels als Wochenendhaus auf Lebenszeit fungieren. Doch damit nicht genug: Etwa drei Jahre später, 1939, baut ihm der Filmkonzern UFA auf dem Grundstück eine Villa mit insgesamt 30 Zimmern und ein weiteres Gebäude für Gäste und Wachschutz.

Das Areal am Bogensee (Luftaufnahme mit einer Drohne).
Das Areal am Bogensee (Luftaufnahme mit einer Drohne). © dpa | Patrick Pleul

Angeblich soll Goebbels in dieser Villa auch eine heimliche Liebesaffäre mit der Schauspielerin Lida Baarova gehabt haben. Dem Publikum der damals populären „Wochenschauen“ wurden hingegen perfekt inszenierte Aufnahmen von Goebbels Familie – seiner Ehefrau Magda und seinen sechs Kindern – präsentiert.

Lost Places: So war die ehemalige Goebbels-Villa ausgestattet

  • große Diele
  • eine Bibliothek
  • ein Salon
  • Arbeitszimmer
  • Speisezimmer
  • Filmvorführsaal
  • mehrere Schlafzimmer
Blick in eines der Gebäude der ehemaligen Jugendhochschule der Freien Deutschen Jugend (FDJ).
Blick in eines der Gebäude der ehemaligen Jugendhochschule der Freien Deutschen Jugend (FDJ). © picture alliance / dpa | Jörg Carstensen

Etwa ein Jahr nach dem Zweiten Weltkrieg, 1946, geht das Areal an die kommunistische Jugendorganisation Freie Deutsche Jugend (FDJ) über. Diese nutzt die Gebäude als Ausbildungsort. Schnell werden die Räumlichkeiten jedoch zu klein. So wird in den 1950er-Jahren neben der Villa Bogensee ein großer Neubaukomplex errichtet.

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Lost Places: Das befand sich auf dem Gelände der alten FDJ-Hochschule

  • eine Waldschule
  • ein Heizkraftwerk
  • eine Sporthalle
  • Tennisplätze
  • Fußballplätze
  • ein Werkstattareal
  • Schulcampus
  • Gemeinschaftsgebäude
  • Wohnheime
  • Aula
  • zwei Speisesäle
FDJ-Mitglieder bei einer Kaderschulung im Jahr 1947.
FDJ-Mitglieder bei einer Kaderschulung im Jahr 1947. © Picture Alliance/United Archives | Kindermann

Nach der deutschen Wiedervereinigung 1989/1990 fällt das gesamte Areal in den Besitz des Landes Berlin, die FDJ wird 1990 aufgelöst. Insgesamt wurden die Gebäude knapp 40 Jahre von FDJ genutzt. In dieser Zeit gab es insgesamt rund 15.000 Absolventinnen und Absolventen. Nach der Wende soll die Berliner Polizei die Räumlichkeiten ein Mal im Jahr für Schulungen genutzt haben. Seit dem Jahr 2005 stehen die unter Denkmalschutz stehenden Gebäude komplett leer.

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Lost Places: Das sind die Pläne für die ehemalige Goebbels-Villa und FDJ-Hochschule

Heute gehören die Gebäude weiterhin dem Land Berlin, verwaltet durch die Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM). Immer wieder gab es in der Vergangenheit Pläne, das Areal zu verkaufen. Doch es herrscht die Sorge, dass rechtsextreme Gruppen den Ort zu einem Wallfahrtsort machen könnten. Erst kürzlich sorgte die Nachricht für Aufsehen, dass der ukrainische Präsident Selenskyj die Villa in Wandlitz gekauft haben soll. Doch diese Behauptung erwies sich als „Fake News“.

Inzwischen häufen sich Meldungen über einen bevorstehenden Abriss. Das Land Berlin habe inzwischen viele Millionen in die Bausubstanz investiert. Pro Jahr koste die Immobilie dem Steuerzahler etwa 280.000 Euro. Für eine Instandsetzung seien Investitionen „im dreistelligen Millionenbereich“ notwendig, so die BIM. Geld, das die Hauptstadt nicht aufbringen will.

Andreas Barz (v.l.), Stadt- und Regionalplaner, Daniel Kurth (SPD), Landrat vom Landkreis Barnim, und Oliver Borchert (Freie Bürgergemeinschaft Wandlitz), Bürgermeister von Wandlitz, stehen auf dem Areal am Bogensee und sprechen über den Erhalt der Gebäude.
Andreas Barz (v.l.), Stadt- und Regionalplaner, Daniel Kurth (SPD), Landrat vom Landkreis Barnim, und Oliver Borchert (Freie Bürgergemeinschaft Wandlitz), Bürgermeister von Wandlitz, stehen auf dem Areal am Bogensee und sprechen über den Erhalt der Gebäude. © dpa | Patrick Pleul

Doch gegen den Abriss regt sich Widerstand. Unter anderen der Landrat des Kreises Barnim, Daniel Kurth (SPD), und der Bürgermeister von Wandlitz, Oliver Borchert (Freie Bürgergemeinschaft Wandlitz) fordern ein Abriss-Moratorium. Das Areal und die Gebäude sollen erhalten und weitergenutzt werden, als ein „Ort der Demokratie“.

Das bundesweit einzigartige Areal sei historisch sowie architektonisch von herausragender Bedeutung und unbedingt schützenswert, sagte Kurth. Borchert warnte, ein Abriss würde die Vernichtung eines wichtigen Erinnerungsortes bedeuten. „Die baulichen Zeugnisse auf dem Bogensee-Areal – FDJ-Hochschule und Goebbels-Villa – sind erinnerungskulturell von internationaler Bedeutung.“

Die BIM teilte mit, Gespräche zwischen dem Bund und dem Land Berlin zum Bogensee-Areal seien in einer intensiven Phase. Die Immobilie habe einen hohen zeitgeschichtlichen Wert und sei bautechnisch herausfordernd. „Mögliche Weiterentwicklungs- und Nutzungskonzepte müssen dem gerecht werden. Der Bund könnte sich ein Engagement vorstellen, allerdings müssen dazu noch wichtige Voraussetzungen und Fragen geklärt werden.“