Berlin. ADHS wird heute oft als Nachteil gesehen. In der Steinzeit könnten Menschen mit ADHS jedoch in einer Sache besonders gut gewesen sein.
ADHS wird in der heutigen Welt meistens als Nachteil angesehen. Denn egal ob in der Schule, in der Universität oder bei der Steuererklärung: Überall müssen wir gewaltige Mengen an Informationen verarbeiten. Während die Aufmerksamkeitsspanne durch digitale Medien ohnehin schon sinkt, haben es Menschen mit einer Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) besonders schwer, sich zu konzentrieren. Doch dass ADHS im Alltagsleben ein Nachteil ist, war wohl nicht immer so.
Zu den Symptomen von ADHS gehören Hyperaktivität, Impulsivität und Unaufmerksamkeit. Und genau diese Merkmale könnten unseren Vorfahren mit ADHS einen evolutionären Vorteil verschafft haben. So sollen sie in der Steinzeit Menschen deutlich effektiver im Sammeln von Beeren gewesen sein. Das fand ein Forschungsteam der Universität Pennsylvania mithilfe einer ungewöhnlichen Methode heraus.
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ADHS-Studie: Forscher ließen Probanden Videospiel spielen
Die Studie könnte eine Erklärung dafür liefern, warum ADHS als zufällige Genmutation überhaupt so häufig vorkommt, zitiert „The Guardian“ den Hauptautoren der Studie, Dr. David Barack. „Wenn diese Merkmale wirklich negativ waren, dann sollte man denken, dass sie durch die Evolution aussortiert wurden“, sagte Barack. Die Ergebnisse seien ein erster Datenpunkt, der auf Vorteile hindeute, die in bestimmten Wahlmöglichkeiten eine Rolle spielen.
Für ihre im Fachjournal „Proceedings of the Royal Society B“ veröffentlichte Studie untersuchten die Forscher Daten von 457 Erwachsenen. Zuvor hatten diese ein Online-Videospiel gespielt, in dem sie so viele Beeren wie möglich in nur acht Minuten sammeln mussten. Je länger sie an einem Busch Beeren sammelten, desto weniger Ertrag brachte ihnen der Busch.
Die Spieler hatten die Möglichkeit entweder den Busch zu wechseln, was sie eine Zeitstrafe kosten würde, oder aber bei dem selben Busch zu bleiben, um weiterzusammeln. Spieler mussten also die Kosten und den Nutzen abwägen, um möglichst viele Beeren zu sammeln. Die Leistung der Spieler verglichen die Forscher dann mit Tests, in denen sie die Probanden auf ADHS-Symptome analysierten.
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ADHS: Menschen mit hoher Impulsivität sind die besseren Beerensammler – und die besseren Lerner?
Diejenigen mit ADHS-Symptomen sammelten im Durchschnitt 602 Beeren, während Testpersonen ohne ADHS-Merkmale nur 521 Beeren sammelten. Die Ergebnisse könnten laut den Forschern so gedeutet werden, dass der Anpassungsdruck in Jäger-Sammler-Gesellschaften die Entwicklung von ADHS gefördert habe. Waren doch Frühmenschen mit ADHS die besseren Beerensammler, weil ihre Impulsivität sie schneller nach anderen Ressourcen suchen ließ, so Barack.
„Menschen und andere Affen sind fortgeschrittene Sammler, aber wie wahrscheinlich jedes andere Tier tendieren wir dazu, zu lange auf einem Flecken zu bleiben und das Feld zu überernten“, zitiert ihn „New Scientist“. „Früh weiterzuziehen ist vorteilhaft, weil es das Überernten reduziert“, so Barack.
Auch heute können Menschen mit ADHS in vielen ähnlichen Belangen effizienter sein. Als Beispiel nennt Barack eine Person, die mithilfe einer Quelle beginnt, für einen Test zu lernen. Falls die allerdings nicht weiterhilft, das Thema zu verstehen, wechseln Menschen mit ADHS schneller zu einer anderen Quelle, die sie vielleicht schneller verstehen. ADHS könne also entgegen der Erwartung selbst in einem Lernkontext manchmal sogar von Vorteil sein.
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