Madrid. Ein Frachterunglück schwemmte Millionen weiße Plastikkugeln an Spaniens Küste. Helfer versuchen verzweifelt, die Strände zu reinigen.
Millionen kleine weiße Plastikkugeln überschwemmen seit Tagen Spaniens Atlantikküste und sorgten an den Stränden für Umweltalarm. Die „weiße Flut“ stammt von einem Frachter, der bei Sturm auf hoher See einen Teil seiner Ladung verlor. Bisher ist ein mehrere hundert Kilometer breiter Küstenstreifen vor allem in den Ferienregionen Asturien und Galicien betroffen, die im Nordwesten Spaniens liegen.
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Hunderte von freiwilligen und professionellen Helfern kämpfen an den Atlantikstränden, die zu den schönsten des Landes gehören, gegen die Plastikschwemme. Doch der Einsatz gegen die Flut der unzähligen kleinen Kunststoffteilchen gleicht einer Sisyphusarbeit. Die Plastikpartikel sind nur wenige Millimeter groß. Sie gleichen auf den ersten Blick einem Reiskorn und sind kaum auszumachen zwischen Sand, Muscheln und Algen.
Plastikmüll: Vollständige Reinigung nahezu unmöglich
„Es ist nahezu unmöglich, die Strände komplett zu säubern“, berichtet einer jener Umweltaktivisten, der an der Traumküste der berühmten Halbinsel O Grove im Westen der galicischen Stadt Pontevedra im Sand hockt. Mit Küchensieben, Netzen, Schaufeln, Besen und Gartenharken versuchen die Helfer und Reinigungsarbeiter, so viele Plastikkügelchen wie möglich aus dem Sand und aus den heranrollenden Wellen zu fischen.
Auch die Fischer und Muschelzüchter, die vom Atlantik und den Meeresfrüchten leben, sind gekommen, um zu retten, was zu retten ist. Sie wissen, dass die Plastikflut nichts Gutes für ihre Gewerbe bedeutet, welches ohnehin schon durch die schleichende Verschmutzung der Meere gelitten hat. Die Fischer berichten, dass sie in ihren gefangenen Meerestieren bereits weiße Plastikkugeln gefunden haben. Der spanische Atlantik ist berühmt für seine vielfältige Meereswelt aus Fischen, Krusten- und Schalentieren.
Containerunfall könnte für Seevögel und Meerestiere tödlich enden
Der Albtraum begann bereits Mitte Dezember, als der Frachter „Toconao“, der unter liberianischer Flagge fährt, 80 Kilometer vor der portugiesischen Atlantikküste in ein schweres Unwetter geriet. Während des Sturms rutschten mehrere Frachtcontainer ins Meer. Unter den Containern war mindestens einer mit annähernd tausend Säcken voll Mikroplastikkugeln – ein Grundstoff, aus dem größere Plastikteile, Flaschen und Verpackungen hergestellt werden.
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Schon wenige Tage nach dem Unglück trieben die ersten Plastikkugeln an die spanische Küste. Inzwischen hat sich der Containerunfall zu einer Plastikschwemme ausgeweitet. Wissenschaftler warnen, dass Tausende von Seevögeln sowie Fischen verenden und das Plastik über den Verzehr von Meerestieren auch in die menschliche Nahrungskette gelangen könnte.
Erste Ermittlungen: Hersteller und Reederei weisen Schuld von sich
In der Atlantikregion Galicien werden Erinnerungen an die „Prestige“-Katastrophe wach. Im November 2002 war der unter der Flagge der Bahamas fahrende Schrotttanker „Prestige“ vor der Küste im Sturm auseinandergebrochen. Rund 77.000 Tonnen Schweröl ergossen sich ins Meer und verseuchten die Küste. Wie damals reagierten die örtlichen Behörden auch dieses Mal wieder mit großer Verspätung und erst, nachdem Umweltschützer Alarm geschlagen hatten.
Der Frachter war im westafrikanischen Billigflaggen-Land Liberia registriert. Aber die zuständige dänische Reederei Maersk weist alle Schuld von sich, weil der Frachter nicht ihr gehört, sondern gechartert worden war. Der polnische Plastikhersteller Bedeko, dessen Name auf den Säcken gedruckt war, teilte wiederum mit, die Ladung gehöre einem indischen Unternehmen.
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Spaniens Staatsanwaltschaft untersucht mittlerweile, ob die Reederei oder der Hersteller des Mikroplastiks haftbar gemacht werden kann. Doch die ersten Ermittlungen signalisieren, dass es schwierig werden dürfte, einen Verantwortlichen zu finden. Es ist also gut möglich, dass die Rechnung für die Küstenreinigung wieder einmal der Steuerzahler begleichen muss.