Berlin. Die Kommissarinnen in Ludwigshafen bekommen es im neuen „Tatort“ mit Avataren, Deepfakes und KI zu tun. Zwei Darsteller steigen aus.
Der neue „Tatort“ aus Ludwigshafen steht ganz im Zeichen der Zukunft. Die Folge „Avatar“ führt die Kommissarinnen Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) und Johanna Lena Stern (Lisa Bitter) in die Tiefen des Internets – hin zu Avataren, Deepfakes und Künstlicher Intelligenz. Technische Errungenschaften, die unsere Gesellschaft heute schon bedrohen und in Zukunft zum gefährlichen Instrument werden könnten.
Zugleich verabschieden sich zwei bekannte Charaktere aus dem Team. Die ewige Sekretärin Edith Keller (Annalena Schmidt) und der Kriminaltechniker Peter Becker (Peter Esperloer) werden ausgemustert. Beide gehören bereits seit dem allerersten Fall von Lena Odenthal (aus 1989!) zum Team und zählen zu den Lieblingen der Zuschauer.
Becker freut sich aber darüber: Er will sich künftig nur noch mit Archäologie beschäftigten, mit Knochen, die nicht mehr riechen. Ein Hinweis, dass er sich lieber mit Vergangenem beschäftigt und Neues ablehnt?
Der wichtigste Hinweis: Ein fehlender Computer
Genau davon aber handelt der neue Fall reichlich. Die Computer-Programmiererin Julia da Borg (Bernadette Heerwagen) kommt nicht über den Tod ihrer Ziehtochter hinweg. Deshalb hat seinen einen virtuellen Avatar von ihr erstellt, mit dem sie kommunizieren kann. Fast so, als wäre das Mädchen noch am Leben. Zugleich chattet da Borg im Netz auf Datingplattformen mit fremden Männern. Dafür kreiert sie sich allerdings eine falsche und deutlich jüngere Identität.
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Dann kommt der Fall ins Rollen: Am Rheinhafen wird eine Leiche eines Unbekannten entdeckt. Der Mann starb an einem Herzinfarkt, jemand anderes war aber zum Zeitpunkt des Todes bei ihm. In dem Gebäude, in dem der Tote zuletzt geortet wurde, wird eine kleine Folterkammer entdeckt.
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Aufschluss geben könnte der Computer des Toten. Doch von dem findet sich nur ein Ladekabel. Die Programmiererin war allerdings am Tatort joggen. Und genau die steht kurz danach auf einer Brücke und wirft einen Computer in den Rhein, will sich auch gleich hinterherstürzen. Dann besinnt sie sich aber, nur um gleich darauf wieder im Internet zu chatten. Ist da eine Serientäterin aktiv? So einfach ist die Lösung des Falls definitiv nicht.
Im Verlauf des Falls wird außerdem noch ein Schülerpärchen gezeigt, das sich gegenseitig nicht sagen kann, was es bedrückt. Und dann gibt es noch um einen Jugendlichen, der heimlich den neuen Freund seiner Mutter filmt und dabei gestalkt wird. Der Krimi nimmt sich sehr viel Zeit für die Figuren und das Atmosphärische. Dem Zuschauer geht es allerdings wie den Ermittlerinnen: Er tappt lange im Dunkeln.
Vieles muss sich das Publikum selbst zusammenreimen. Das hält zwar den Geist wach, fordert aber auch Geduld, bis die einzelnen Erzählstränge miteinander verknüpft werden. Spannung kommt da erst spät auf. Immerhin eines ahnt der Zuschauer dafür recht früh: Der
lauert im Netz.
Tatort Ludwigshafen: Weitreichende Änderungen geplant
Übrigens: Für seinen Ludwigshafener „Tatort“ plant der SWR eine „Formatänderung“. Das gab der Sender kürzlich bekannt. Und wie das aussehen soll, davon kann man im aktuellen Fall schon mal einen Eindruck gewinnen. Zukünftig sollen mehr aktuelle Themen, schnittigere Bildgestaltung und pulsierende
Einzug erhalten.
Die alten pfälzisch babbelnden Mitstreiter passen da offenbar nicht mehr ins Konzept und planen nun ihre Abschiedsfeier. Dabei beschränken sie sich auf banale Sätze wie „Mit 63 fängt das Leben an“ oder „Tja, jetzt geht’s aufs Abstellgleis“. In ihrer letzten Folge aber spielen sie schon keine Rolle mehr.
Der Schluss des Falls ist zwar den beiden Urgesteinen des Ludwigshafener Tatorts gewidmet, wirkt aber wie künstlich „drangepappt“. Das soll noch mal auf Stimmung machen, geht stattdessen aber auf Distanz. Wie wird man wohl mal Frau Folkerts als dienstälteste Kommissarin des deutschen Fernsehens verabschieden? Und wird auch sie mal einer „Formatänderung“ geopfert? Trauriger knallen Sektkorken selten.