Berlin. Schauspielerin Andrea Sawatzki liebt Weihnachten. Doch das Fest wird überschattet vom Krieg in Israel, der auch ihre Familie betrifft.
Im deutschen Fernseh-Weihnachten kommen die Zuschauer um Andrea Sawatzki in diesem Jahr kaum herum. Zum einen ist sie in der schwarzhumorigen Improvisations-Serie „Das Fest der Liebe“ (ab 23. Dezember um 17.15 Uhr in der ARD) zu sehen. Zum anderen spielt sie im Märchenfilm „Rapunzel und die Rückkehr der Falken“ (24. Dezember um 16.30 Uhr im ZDF) die Ziehmutter von Rapunzel.
Privat will die 60-jährige Erfolgsschauspielerin und -Autorin („Familie Bundschuh“) die Feiertage genießen. Doch ein politisches Ereignis hält sie davon ab, komplett abzuschalten: Im Interview erinnert sie an den Hamas-Angriff auf Israel am 7. Oktober und erzählt, warum ihre eigene Familie von den Bedrohungen gegen jüdische Personen ebenfalls betroffen ist.
Was bedeutet Weihnachten für Sie?
Andrea Sawatzki: Familie! Ich schmücke das Haus, die Jungs schmücken den Weihnachtsbaum, mein Mann kocht was Tolles und dann wird geredet und geschlemmt. Unsere beiden Hundedamen bekommen übrigens auch ein Weihnachtsessen. Das hört sich vielleicht seltsam an, aber sie gehören zum engsten Familienkreis.
Haben Sie eine Affinität zum sogenannten „Weihnachtszauber“?
Sawatzki: Ja, sehr. Das geht bis in meine Kindheit zurück. Ich durfte erst zum Baum, wenn meine Mutter sich vom Christkind verabschiedet hatte. Das Christkind, an das ich natürlich geglaubt habe, durfte nicht gesehen werden, sonst bekam man keine Geschenke. Das war immer aufregend. Ich hätte das Christkind ohne Brille zwar ohnehin nicht erkannt, weil ich kurzsichtig bin. Aber unter dem Baum zu sitzen, und zu wissen, dass es gerade da war und ein Geschenk gebracht hat, das war der wahre Zauber.
Andrea Sawatzki kümmert sich um vernachlässigte Kinder
In Ihrem Weihnachtsfilm „Das Fest der Liebe“ geht es darum, wie wohlhabende und weniger wohlhabende Familienmitglieder über die Feiertage aufeinander prallen. Sie sagten einmal in einem Interview, dass Sie in Ihrer Kindheit selbst mit materieller Not konfrontiert waren.
Sawatzki: Ich habe das nicht bewusst wahrgenommen oder nicht wahrnehmen wollen. Kinder haben einen sicheren Instinkt, um sich vor möglichen Kränkungen zu schützen. Ich hatte keine Vergleichsmöglichkeiten, weil ich mich nie mit anderen Kindern verglichen habe. Ich war glücklich in meiner eigenen kleinen Welt. Aber ich kann mich sehr wohl in die Situation von Kindern versetzen, die in einem Stresshaushalt aufwachsen, wo jeder den anderen für die finanzielle Not verantwortlich macht.
Diese Vorstellung tut mir in der Seele weh. Deshalb gebe ich am 20. Dezember eine Charity-Lesung für unsere Stiftung „Ein Platz für Kinder“ am Chiemsee. Dort kümmert man sich intensiv um vernachlässigte Kinder. Es gibt in Deutschland ungemein viele solcher Kinder und es trifft mich, dass von staatlicher Seite so wenig passiert. Wir sind größtenteils auf Spenden angewiesen.
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Sie sind an Weihnachten auch mit einer neuen „Rapunzel“-Verfilmung zu sehen. Welche Verbindung haben Sie zu Märchen?
Sawatzki: Eine sehr starke, weil meine Mutter mir früher immer Märchen vorgelesen hat, wenn sie frei hatte. Ich liebe Märchen nach wie vor und bin ein großer Fan der Gebrüder Grimm und vor allem von Hans Christian Andersen. Ich finde es wichtig und schön, dass das ZDF unseren Märchenfilm am Nachmittag des 24. Dezember ausstrahlt.
In den Grimm-Märchen leben die Heldinnen und Helden meist glücklich bis an ihr Lebensende. Haben Sie diese Idealvorstellung übernommen?
Sawatzki: Ja. Aber ich wurde auch entsprechend erzogen. Denn es hieß: Wenn du nicht aufgibst und weiter fleißig an dir und allem, was Du Dir als Ziel gesetzt hast, arbeitest, wirst Du ans Ziel gelangen. Hinzu kommt der Glaube an die Heilkraft des Guten im Menschen und an die der Liebe. Die Liebe, gepaart mit einer reinen Seele, wird alle Hindernisse überwinden.
Sawatzki über ihre Beziehung: „Es hätte auch schiefgehen können“
Haben Sie geglaubt, dass Sie eines Tages Ihren Märchenprinzen finden werden?
Sawatzki: Ich hatte mir darüber nie wirklich große Gedanken gemacht. Mein Ziel war eher, eine gute Schauspielerin zu werden. Aber irgendwann war mir klar, dass ich wahrscheinlich einen Mann und eine Familie haben werde.
Könnte man sagen, dass Sie Ihren Prinzen bekommen haben?
Sawatzki: Sagen wir es so: Es hätte auch schiefgehen können, aber es ging gut.
„Das Fest der Liebe“ erzählt von zwei Teilen einer Familie, die unter ganz unterschiedlichen Umständen aufwachsen. Stellen Sie sich manchmal vor, dass Ihr Leben ganz anders hätte verlaufen können?
Sawatzki: Meine Kindheit ist für mich okay gewesen. Aber ich frage mich oft, wie es wäre, wenn wir woanders lebten und unsere Söhne anders aufwachsen müssten und nicht die Freiheit hätten, die sie hier genießen. Es gibt mehr Leid und Unterdrückung auf der Welt als es glückliche Menschen gibt.
Krieg in Israel: Auch Andrea Sawatzkis Familie ist betroffen
Würden Sie mit schwierigeren Umständen fertig werden oder hätten Sie Angst davor?
Sawatzki: Ich würde damit fertig werden. Da spreche ich sicher auch für meinen Mann. Ich würde nur nicht damit fertig werden, wenn es unseren Kindern schlecht ginge. Wobei ich keine Ängste habe. Denn wenn etwas passiert, dann passiert es. Im Vorfeld Angst zu haben bringt wenig. Man muss sich nur vor Augen halten, was am 7. Oktober in Israel geschehen ist.
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Ihr Mann Christian Berkel ist selbst jüdischer Abstammung. Inwieweit macht Ihnen die aktuelle Situation zu schaffen?
Sawatzki: Wir stehen vor einem Rätsel, was das Schweigen betrifft. Aber es ist immer einfacher, sich der Mehrheit anzuschließen. Die Bedrohung Israels durch die Hamas betrifft auch uns in der westlichen Welt. Menschen hier in Deutschland, die den 7. Oktober verharmlosen, die Vergewaltigungen, die Gräueltaten an den Kleinsten, den Babys und Kindern, sind mir absolut suspekt.
Ist die Weihnachtsstimmung bei Ihnen angesichts dieser Ereignisse eingetrübt?
Sawatzki: Es ist nicht möglich, sie völlig abzuschalten. Trotzdem gehört der Abend der Familie.