Stockholm. Auf Island wurden innerhalb von zwölf Stunden Hunderte Erdbeben gemessen. Forscher sehen in ihnen die Vorboten einer Katastrophe.
- Island ist bekannt für seine umfangreiche vulkanische Aktivität und ist eines der Länder mit der höchsten Dichte an aktiven Vulkanen weltweit
- Seit der Besiedlung Islands um 900 n. Chr. sind 18 Vulkane ausgebrochen
- Nun warnen Forscher davor, dass der nächste Ausbruch kurz bevorstehen könnte. Lesen Sie hier das Update vom 11. November: Behörden warnen vor Ausbruch von Vulkan auf Island - Tausende Erdbeben.
Unter Island brodelt es – das sind die Inselbewohner gewohnt. Vulkanausbrüche sind in Island relativ häufig, seit 2021 gibt es einen pro Jahr, doch die Halbinsel Reykjanes im Südwesten scheint nicht zur Ruhe zu kommen. Seit Ende Oktober wurden dort verstärkte Aktivitäten im Untergrund verzeichnet, an einem Tag waren es 900 Erdbeben innerhalb von zwölf Stunden. Das teilte das meteorologische Institut des Landes mit. Diese Art von seismischer Aktivität gilt als deutliches Warnzeichen für einen bevorstehenden Vulkanausbruch.
„Es könnte Stunden oder Tage dauern“, sagte Porvaldur Pórðarson, Professor für Vulkanologie, gegenüber Icelandic Monitor. Auf der Reykjanes-Halbinsel im Südwesten Islands haben sich die Landmassen nach mehreren kleinen Erdbeben schnell gehoben. Die Aktivität ist inzwischen abgeklungen. Da sich das Magma jedoch bewegt und sich der Erdoberfläche nähert, steigt das Risiko, dass nahe gelegene Vulkane ausbrechen. „Ich befürchte, dass wir kurz vor einem Ausbruch stehen“, so Pórðarson. „Die Menschen und die Behörden sollten sich auf die Möglichkeit vorbereiten und wissen, wie sie evakuiert werden können.“
Vulkan auf Island: „Es könnte in den nächsten Tagen zum Ausbruch kommen“
Björn Lund, außerordentlicher Professor für Seismologie an der Universität Uppsala, stimmt zu, dass das Risiko eines Ausbruchs hoch ist. „Es ist gar nicht so unwahrscheinlich, denn wir haben solche Erdbebenschwärme schon vor Eruptionen erlebt“, sagt er dem öffentlich-rechtlichen Sender SVT. „Da die Beben noch recht tief sind, besteht immer eine gewisse Unsicherheit – aber es könnte in den nächsten Tagen oder Wochen zu einem Ausbruch kommen.“
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Ausgerechnet in der Nähe der Beben, die in den letzten Tagen auf Reykjanes registriert wurden, befinden sich sowohl die bei Touristen sehr beliebte Blaue Lagune als auch ein geothermisches Kraftwerk, das die nördliche Stadt Grindavík versorgt. „Das ist besorgniserregend“, so Lund. „Es ist kein guter Ort für Eruptionen – letzten Sommer war es besser, als es noch unbewohnt war.“ Die Eruption im Sommer 2022, auf die sich Lund bezieht, fand auf einem anderen Teil der Halbinsel statt und dauerte etwa einen Monat an. Nun ist jedoch die Gefahr groß, dass ein Ausbruch jenes Kraftwerk bei Grindavík in Mitleidenschaft zieht und die Versorgung der Stadt gefährdet.
Beben hätte schlimme Folgen für Einwohner
Die Einwohner von Reykjanes erhalten ihr heißes und kaltes Wasser sowie ihren Strom aus dem geothermischen Kraftwerk mit Namen Svartsengi. Nach Angaben des Betreibers HS Orka könnte eine Eruption an diesem Ort die Wasserversorgung erschweren. Vertreter des Unternehmens beantworteten bei einer Bürgerversammlung in Grindavík zusammen mit örtlichen Behörden und Experten die Fragen der besorgten Einwohner.
So konnte Kristinn Harðarson, Produktionsleiter bei HS Orka, versichern, dass das Unternehmen auf einen eventuellen Ausbruch in der Nähe von Svartsengi vorbereitet sei: „Wir sind sehr gut mit den Arbeitsgruppen der Katastrophenschutzbehörde vernetzt, die mit uns zusammenarbeiten werden, um das Kraftwerk im Falle eines Lavastroms zu schützen. Und wir werden alles tun, um das Kraftwerk zu schützen, falls ein solches Ereignis eintreten sollte.“
Behörden warnen Einwohner und Island-Touristen
Am 27. Oktober begann sich das Land in diesem Gebiet erstmals zu heben, was auf ein Eindringen von Magma in die darunterliegende Erde hindeutet. Das Ministerium für Katastrophenschutz und Notfallmanagement hat aufgrund der Aktivität eine Phase der Unsicherheit für das Gebiet ausgerufen. Dies ist das fünfte Mal, dass seit 2020 an diesem Ort Verformungen gemessen wurden. Bei keinem der bisherigen Fälle kam es zu einem Ausbruch. In einer Mitteilung erklärte der isländische Wetterdienst dennoch, dass weiterhin mit Erdbeben zu rechnen sei. In der Mitteilung wurden Reisende auch vor der Gefahr von Steinschlägen an steilen Hängen gewarnt.
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Immerhin rechnen Experten nicht wieder mit einem Ausbruch wie damals, als der Eyjafjallajökull 2010 monatelang den Flugverkehr über Nordwesteuropa lahmlegte. Unter den 130 Vulkanen auf Island ist der Eyjafjallajökull einer der bekanntesten. Einen Ausbruch mit so großen Folgen hält Björn Lund für unwahrscheinlich: „Die Lava fließt ganz ruhig aus den Vulkanen auf der Halbinsel Reykjanes. Außerdem sind der Eyjafjallajökull und die Vulkane in anderen Teilen Islands von Gletschern bedeckt.“ Erst wenn diese schmelzen und Wasser in den Vulkan fließt, komme es zu den explosiveren Ausbrüchen.