Berlin. Erfolgsautor Sebastian Fitzek verrät, welches traurige Erlebnis ihn zum Schreiben bewogen hat und warum ihn dies bis heute beschäftigt.
Es sind Sebastian Fitzek-Wochen in Deutschland. Zum einen ist mit „Die Einladung“ der neuste Thriller des Bestseller-Königs erschienen, zum anderen läuft bei Amazon Prime Video die Verfilmung seines Romandebüts „Die Therapie“ als sechsteilige Serie. Wer sich mit dem 52-Jährigen unterhält, merkt indes, dass es ihm um weit mehr geht als um Spannungs- und Schockeffekte. Wie er erklärt, handeln seine Bücher von der Bedeutung des Lebens. Aber auf dieser Suche nach dem Sinn gibt es eine Gefahr.
Sie sind mit Ihren Psychothrillern Deutschlands Meister des Schreckens und des Verbrechens. Gibt es Leser, die Ihnen mal sagen: Es war zu viel des Guten?
Sebastian Fitzek: Die gibt es. Aber ich bekomme auch Nachrichten von Menschen, die sagen, dass sie sich aufgrund von Verlust, Depression oder Krankheit in einer persönlichen Ausnahmesituation befinden, und dann meine Werke zur Ablenkung lesen. Solche Dankesbriefe sind das größte Lob für mich.
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In Ihren Projekten spielt Psychotherapie immer wieder eine größere Rolle – auch in Ihrem neuen Buch und der Amazon-Serie nach Ihrem Debütroman. Warum eigentlich?
Sebastian Fitzek: Zum einen finde ich die menschliche Psyche faszinierend. Sie ist vergleichbar mit der Tiefsee. Jeder hat eine diffuse Vorstellung davon, aber keiner war ganz unten und hat sie richtig erforscht. So können wir Autoren noch komplett aus dem Vollen schöpfen und ihre Geheimnisse erkunden. Zum anderen habe ich persönliche Erfahrungen gemacht, die mich bewogen haben, meinen ersten Roman zu schreiben. Ich hatte einen sehr engen Freund, der an einer psychischen Krankheit litt, die nie richtig behandelt wurde, und der leider daran gestorben ist. Er lebte die meiste Zeit in einer Scheinwelt und hatte seine größten Zusammenbrüche in seinen lichten Momenten.
Fitzek: Thrillern geht es nicht nur um Tod und Verbrechen
Diese Erfahrung muss aber fast 20 Jahre her sein. Und sie bewegt Sie immer noch?
Sebastian Fitzek: Zu hundert Prozent. Denn sie berührt die philosophische Urfrage „Was ist Wirklichkeit?“. Und damit hängt eine andere grundlegende Frage zusammen: Warum bin ich eigentlich hier? Warum will ich leben? Die wird in jedem Thriller gestellt.
Geht es in Thrillern nicht um Tod und Verbrechen?
Sebastian Fitzek: Das ist ein Trugschluss. Die Leute lesen Thriller, weil sie sich mit dem Leben beschäftigen wollen. Denn wenn einem der Schicksalsschlag des Todes droht, will man überleben. Und damit stellt sich die Frage: Warum eigentlich? Was ist der Sinn meines Daseins?
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Was ist der Sinn aus Ihrer Sicht?
Sebastian Fitzek: Man kann ihn nur für sich selbst definieren. Mein Sinn besteht darin, dass ich so viele Reisen wie möglich mache. Und das meine ich nicht buchstäblich. Für mich ist eine interessante auch ein gutes Gespräch mit meiner Frau oder ein Treffen mit Freunden.
Was für Fitzek ein erfülltes Leben ausmacht
Was unternehmen Sie sonst noch für Reisen?
Sebastian Fitzek: Natürlich gibt es die Reisen durch die Welt, aber ich meine das auch im übertragenen Sinne. Ein gutes Buch nimmt mich mit auf eine Reise – und wenn ich nach der Lektüre zurückgekehrt bin, hat es mir etwas gegeben. Jede Begegnung, jede Liebe, jeder neue Job – das sind Lebens-Reisen. Am Ende hat man daraus Erinnerungen gezogen. Und je mehr Erinnerungen man hat, umso erfüllter ist das Leben gewesen. Diese Theorie ist aber nur für mich maßgeblich.
Sie haben vier Kinder. Ist das vielleicht die sinnhaftigste Reise des Lebens?
Sebastian Fitzek: Dem würde ich nicht widersprechen. Letztlich ist ja auch jedes große Buch eine Familiengeschichte, von „Harry Potter“ bis „Vom Winde verweht“. Auch ich erzähle von Familien. Familien sind etwas sehr Sinnstiftendes.
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Was ist das Wichtigste, was Ihnen Ihre Kinder vermitteln?
Sebastian Fitzek: Kleinere Kinder machen jeden Tag etwas zum ersten Mal und stehen staunend vor Dingen, die für uns komplett alltäglich sind. Aber durch Corona haben wir beispielsweise begriffen, dass etwa Reisen oder persönliche Begegnungen nicht immer so einfach möglich sind. Durch die Beobachtung der kleinen Menschen lernt man immer wieder aufs Neue, dass unser Leben nicht selbstverständlich ist.
Autor Fitek sieht große Gefahren durch Soziale Medien
Gibt es etwas, was uns hindert, authentische Erfahrungen zu machen?
Sebastian Fitzek: Ich sehe große Gefahren durch Soziale Medien. Denn es wird immer schwieriger, zwischen Fiktion und Wirklichkeit zu unterscheiden. Ich selbst bin immer wieder auf bestimmte Meldungen hereingefallen und habe erst im zweiten Schritt gemerkt, dass ich eine Nachricht nochmal überprüfen sollte. Wenn ich keine journalistische Grundausbildung hätte, hätte ich bestimmte Sachen als Fakt wahrgenommen. Die Algorithmen, die uns immer nur Meldungen zuspielen, die unseren Interessen entsprechen, verzerren unser Bild der Welt. Das führt dazu, dass in der Gesellschaft immer polarisierter diskutiert wird.
Wie regeln Sie das bei Ihren Kindern? Die älteren sind ja schon in der Grundschule.
Sebastian Fitzek: Keines meiner Kinder ist auf Sozialen Medien unterwegs. Man muss dabei sein und schauen, was geguckt wird. Und das gilt auch für Kanäle wie Whatsapp, wo sich Kinder und Jugendliche alle möglichen Sachen zuspielen.
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Ein anderes Drohszenario verbindet sich mit der Künstlichen Intelligenz. Wird die Sie eines Tages als Autor verdrängen?
Sebastian Fitzek: Vielleicht bin ich naiv, aber ich sehe da erstmal keine Gefahr. Zudem gibt es einen rechtlichen Schutz. Wir haben es ja schon lange mit KI zu tun, jedes normale Handy nutzt es, jede Suchmaschine basiert auf Algorithmen. Ich verwende Künstliche Intelligenz zum Beispiel auch gerne zur Recherche. Während diese Systeme in der Lage sind, Texte zu generieren, fehlt ihnen immer noch das menschliche Element der Kreativität. Ein Autor hingegen bringt seinen ganz persönlichen Stil in ein Buch und verleiht dem Werk damit seine eigene Identität, womit die Leserinnen und Leser auf emotionale Weise angesprochen werden.