Berlin. Jeder hat andere Vorstellungen davon, wie er gern bestattet werden möchte. Doch was ist erlaubt? Und welche Trends zeichnen sich ab?
Urne oder Sarg? Auf hoher See, im Friedwald oder schlicht auf dem Friedhof? Jeder Mensch hat – spätestens wenn er gezwungen ist, darüber nachzudenken – eine Vorstellung davon, wie er oder sie bestattet werden möchte. Ein lukratives Geschäft, vor allem wenn die Wünsche für Trauerfeier, Bestattung und Grab exklusiver ausfallen. Das hiesige Bestattungswesen hat im Jahr 2021 einen Umsatz von 2,48 Milliarden Euro erwirtschaftet. Doch was ist in Deutschland überhaupt erlaubt und welche Bestattungsform ist besonders beliebt?
Bestattungstrends: So lassen sich die meisten Menschen beisetzen
Um die letzte Jahrhundertwende ließen sich laut Bundesverband der Bestatter noch gut 70 Prozent der Deutschen in Särgen beisetzen. Doch dieser Trend hat sich längst ins Gegenteil verkehrt. „Kaum einer geht noch jedes Wochenende auf den Friedhof, um Omas Grab zu pflegen und viele können es auch gar nicht selbst tun, weil sie nicht mehr in der Heimat leben“, sagt Verbandssprecherin Elke Herrnberger. „Viele Vorsorgende wollen ihren Angehörigen auch nicht zur Last fallen und wünschen sich deshalb pflegefreie Gräber.“
- Lesen Sie auch: Tipps für die Beerdigung – So fällt sie möglichst günstig aus
Die Bereitschaft zur Grabpflege sei ein wichtiger Grund für den Rückgang der Erdbestattungen. Schon 2012 wählten 64 Prozent der Deutschen die Einäscherung, wie eine repräsentative Umfrage der Gütegemeinschaft Feuerbestattungsanlagen ergab. Im Jahr 2021 waren es schon 77 Prozent. Im Osten Deutschlands war die Urnenbestattung schon immer üblich, liegt laut Bundesverband der Bestatter bei über 90 Prozent. Einzig im Süden und in ländlichen Gebieten seien Erdbestattungen auch heute noch weit verbreitet.
Expertin: „Bestattung wird immer individueller“
Auf diese Entwicklung reagieren mittlerweile auch die Friedhöfe: Deutlich weniger Erdbestattung bedeutet viele Überhangflächen. „Um auf diese Leerstände auch optisch zu reagieren, schaffen viele Friedhöfe Gemeinschaftsgräber“, so Elke Herrnberger. Die Nachfrage sei in den vergangenen Jahren enorm gewachsen. Was jedoch nicht bedeute, dass die Menschen weniger Wert auf eine angemessene Bestattung legen als früher. Im Gegenteil: „Eine wichtige Entwicklung ist die Individualisierung – Bestatter gehen heutzutage viel genauer auf die Wünsche der Verstorbenen und Angehörigen ein.“
Hinzu kommt die Säkularisierung, mit der sich gewisse Traditionen ändern: „Glauben und Kirche verlieren vielerorts an Bedeutung, die seelsorgerische Betreuung wird mittlerweile auch von Bestattern übernommen.“ Viele Bestattungsinstitute bauen deshalb eigene Trauerhallen, manche sogar eigene Krematorien und Friedhöfe. Bestatter erfüllen damit heutzutage oft einen Rundum-Service: von der Beratung und Betreuung über die hygienische Versorgung des Toten bis hin zur Organisation der Trauerfeier und der Auswahl des Blumenschmucks.
Reerdigung – die nachhaltige Bestattungsmethode
Mit der Frage ob Urne oder Sarg, ist es also längst nicht getan. Ein weiterer Trend ist ein immer größerer Fokus auf Nachhaltigkeit. Viele Menschen möchten ihren ökologischen Fußabdruck im Leben wie im Tod so gering wie möglich halten. Sargnägel und -Lacke belasten das Erdreich, Feuerbestattungen verbrauchen viel Energie und setzen Schadstoffe frei. Immer beliebter wird deshalb die Öko-Bestattung. Indem Zellulose-Särge aus Holzresten oder etwa Urnen aus Holz und anderen biologisch abbaubaren Materialien genutzt werden, soll die Umweltbelastung so gering wie möglich gehalten werden. Auch bei der Kleidung für den Verstorbenen wird darauf geachtet.
- Das könnte Sie auch interessieren: Warum Hannelore B. ihren Körper der Medizin spendet
Ganz im Zeichen der Nachhaltigkeit steht auch die „Reerdigung“. Das Konzept stammt aus den USA und ist mittlerweile auch in Deutschland angekommen. Bei der Reerdigung wird der Körper des Verstorbenen in einen sogenannten Kokon, gefüllt mit Grünschnitt, eingeschlossen. Innerhalb von 40 Tagen wird der Körper von körpereigenen Mikroorganismen in Erde verwandelt. Die Erde wird anschließend in Form eines Beetes auf einem Friedhof beigesetzt. Die Hinterbliebenen können das Beet bepflanzen oder es der Natur überlassen.
Vorreiter auf dem Gebiet ist das Berliner Unternehmen „Meine Erde“, das nach eigenen Angaben bislang elf Menschen reerdigt hat. Rund 2900 Euro kostet die Prozedur. Die neuartige Bestattungsmethode soll die Umwelt schonen und gleichzeitig die Tradition wahren. So können, wie bei einer traditionellen Urnen- oder Sargbestattung, die Hinterbliebenen in einer Trauerfeier vom Verstorbenen Abschied nehmen. Die Beisetzung auf dem Friedhof nach 40 Tagen erfolgt dann ebenso im Beisein der Angehörigen. Noch handelt es sich jedoch um ein Pilotprojekt, das bisher nur in Schleswig-Holstein erprobt wird. Über eine Einführung in Sachsen-Anhalt wird noch diskutiert.
Beerdigung in Deutschland: Was ist erlaubt?
Bei aller Individualität ist bei der Grabgestaltung ein Blick in die Friedhofsordnung geboten. Sie regelt, was Grabnutzer dürfen und was nicht. Dazu gehören etwa das Aufstellen religiöser Symbole, Größe und Art des Grabsteins oder gar die Bepflanzung des Grabes. So ist es beispielsweise nicht überall erlaubt, Gemüse auf einem Grab anzubauen, wie eine junge Frau es entgegen der Friedhofsordnung auf der Ruhestätte ihrer Großeltern in Neuburg an der Donau getan hat. Auch die übermäßige Zurschaustellung einer Vereinszugehörigkeit ist nicht überall gerngesehen. Fußballvereine wie etwa Schalke 04 haben jedoch längst ihre eigenen Fan-Friedhöfe.
- Auch interessant: Checkliste Todesfall – Was Angehörige nicht vergessen dürfen
Generell gilt: In Deutschland herrscht Bestattungs- und Friedhofspflicht. Das bedeutet, dass menschliche Überreste grundsätzlich beigesetzt werden müssen. Das muss nicht zwangsläufig auf einem Friedhof geschehen. Welche Arten der Bestattung sonst noch erlaubt sind, entscheidet jedes Bundesland für sich. Beliebt bei naturverbundenen Menschen sind Friedwälder, in denen Verstorbene unter Bäumen beigesetzt werden. Eine Seebestattung ist in Deutschland ebenfalls möglich, allerdings nur in der Nordsee und Ostsee und nicht etwa auf dem Rhein oder am Bodensee.
Eine Urne mit nach Hause zu nehmen, um sie etwa auf dem Kaminsims zu platzieren, ist dagegen verboten. Einzige Ausnahme: Bremen. Dort können Angehörige unter bestimmten Voraussetzungen die Asche des Verstorbenen mit nach Hause nehmen, um sie auf ihrem Grundstück beizusetzen. Wer die Asche eines lieben Menschen zum Diamant pressen, in ein Schmuckstück fassen lassen oder gar in Tattoofarbe mischen möchte, muss das im Ausland tun.