Berlin. Rund 90 Prozent aller rosafarbigen Diamanten stammen aus der Argyle-Mine. Geologen konnten nun das Rätsel um die Entstehung lösen.
Manchmal ist es der Schliff, manchmal die Farbe: Bestimmte Diamanten heben sich besonders ab. Hoch gehandelt werden die rosafarbenen Diamanten aus der Argyle-Mine in Westaustralien. Rund 90 Prozent aller farbigen Diamanten weltweit stammen aus dieser Lagerstätte. Geologen der Curtin Universität in Perth (Australien) haben nun das Rätsel um die Herkunft ihrer beeindruckenden Rosatöne bis hin zum strahlenden Pink gelöst und ihre Forschungsergebnisse in der Fachzeitschrift "Nature Communications" veröffentlicht.
Die Rätsel der Argyle-Mine: Woher die rosa Diamanten kommen
Normalerweise findet man große und reine Diamantvorkommen in sogenannten Kratonen, das sind tiefreichende Wurzeln der Kontinente. Diamanten entstehen, wenn Kohlenstoff bis zu einer Tiefe von mehr als 500 Kilometern gelangt und dort zu einer dichten Diamantstruktur verdichtet wird. Doch die Argyle-Mine bricht mit dieser Regel. Sie liegt nicht in einem Kraton, ist vergleichsweise jung zu anderen Diamantminen und enthält kein Kimberlit, das als besonders diamantreiches Mineral gilt. Eigentlich dürfte es in diesem Gebiet keine Diamanten geben.
Tatsächlich befindet sich die Argyle-Mine zwischen zwei Kratonen, an einer alten Nahtstelle zwischen zwei urzeitlichen Landmassen. Hugo Olierook von der Curtin University in Perth und Hauptautor der Studie hat eine Erklärung, warum es hier trotzdem Diamanten gibt: "Argyle liegt an der Stelle, an der die Kimberley-Region und der Rest Nordaustraliens einst aufeinanderprallten."
Außergewöhnliche Entstehung: Warum die Argyle-Diamanten rosa sind
Warum gibt es in der Mine so viele farbige Diamanten? Die Antwort führt mehr als 1,8 Milliarden Jahre in die Vergangenheit, als sich die Kontinente noch anders formten. Bei der Annäherung zweier Landmassen wurden oberflächennahe Kohlenstoffvorkommen gemeinsam mit Krustengestein tief in den Erdmantel gedrückt. Hier, in den Tiefen der Erde, wurden sie unter extremem Druck zu Diamanten komprimiert.
Die Besonderheit von Argyle hängt laut den Forschenden mit späteren geologischen Ereignissen zusammen. Als die beiden Landmassen, die später zu Australien wurden, kollidierten, entstand seitlicher Druck. Dieser Druck verformte das Kristallgitter der Diamanten und verzerrte es. Dadurch änderte sich die Art und Weise, wie das Licht in den Diamanten bricht, und es entstanden die farbigen Diamanten, für die Argyle berühmt ist.
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Argyles Diamanten enthüllen geologisches Geheimnis
Olierook erklärt: "Obwohl der Teil des Kontinents, der später zu Australien wurde, bei diesem Auseinanderbrechen zusammenblieb, wurde das Gebiet, in dem Argyle heute liegt, stark gedehnt." Aufgrund der vorherigen Kontinentalkollision war die Erdkruste an dieser Stelle geschwächt. Diese Schwächung führte dazu, dass Risse im Untergrund entstanden. "Diese Erdkrustenrisse ermöglichten es dem Magma, aufzusteigen und die rosa Diamanten an die Oberfläche zu bringen", so der Geologe.
Die vulkanischen Diamantadern von Argyle datieren die Wissenschaftler auf 1,3 Milliarden Jahre. Das ist etwa 100 Millionen Jahre älter, als bisher angenommen wurde. Diese Entdeckung bedeutet, dass die Diamanten von Argyle genau zu einer Zeit entstanden, als diese Region eine zweite geologische Transformation erlebte. Vor rund 1,3 Milliarden Jahren begann der Nuna-Superkontinent auseinanderzubrechen, nachdem zuvor mehrere Landmassen zu einem Superkontinent verschmolzen waren.
Rosa Diamanten: Argyle-Mine eröffnet neue Perspektiven für die Diamantindustrie
Die Erkenntnisse der Geologen erklären nicht nur die rosa Farbe der Diamanten, sondern könnten auch dazu beitragen, bislang unentdeckte Diamantvorkommen aufzuspüren. Olierook schrieb: "Dort, wo diese drei Faktoren – tiefer Kohlenstoff, Kontinentalplattenkollision und Dehnung – vorhanden sind, könnte es eine weitere Argyle-ähnliche Lagerstätte geben".
Die Suche nach solchen Diamantvorkommen könnte dennoch auf Schwierigkeiten stoßen: Während die Überreste alter Kratone und ihrer Vulkane oft durch Erosion an der Oberfläche sichtbar sind, trifft dies bei den uralten Nahtstellen früherer Kontinente nicht zu. Olierook erklärte: "Diese Ränder sind oft von einer dicken Schicht Sand und Erde bedeckt, was die Lokalisierung von diamantführendem vulkanischem Gestein erschwert." (soj)