Niemals zuvor wurden in Griechenland derart heftige Regenmengen gemessen. Noch sehen Meteorologen kein Ende des historischen Unwetters.

  • In Griechenland sorgen verheerenden Regenfälle für Überflutungen und massive Schäden
  • Mindestens drei Menschen sind bei dem Unwetter ums Leben gekommen
  • Menschen sitzen auf Fähren und an Flughäfen fest
  • Die aktuelle Prognose: Der heftige Regen könnte noch bis Donnerstagmorgen andauern

Berlin. Griechenland kommt nicht zur Ruhe: Nach den verheerenden Waldbränden in den vergangenen Woche treffen schwere Unwetter und heftiger Regen den Mittelmeerraum. Mindestens drei Menschen kamen ums Leben, die Schäden sind gewaltig – und Meteorologen erwarten, dass der Regen noch bis Donnerstag andauert. Am Mittwochabend barg die Feuerwehr die Leiche eines Mannes nahe der mittelgriechischen Stadt Karditsa. Das Opfer sei unter einem Auto entdeckt worden, teilte die Feuerwehr mit.

Bereits am Vormittag war die Leiche einer älteren Frau im Dorf Paltsi östlich der Hafenstadt Volos geborgen worden, wie der Sender ERTnews berichtete. Damit stieg die Zahl der offiziell bekannten Opfer des Sturmtiefs „Daniel“ in Griechenland auf drei. Bereits am Dienstag war ein Mann ums Leben gekommen, weil durch die Wassermassen eine Mauer eingestürzt war. Auch wurden noch Menschen vermisst.

In der besonders stark betroffenen griechischen Region Thessalien spielen sich dramatische Szenen ab: In der Hafenstadt Volos werden Autos von den Wassermassen ins Meer gespült, Keller und Ladengeschäfte laufen voll. Ein Reisebus sackt ab, kippt auf die Seite und versinkt im Schlamm. Außerdem fällt vielerorts immer wieder der Strom aus. Das Handynetz und das Internet sind ebenfalls betroffen. Am Flughafen der Sporaden-Insel Skiathos sitzen mehrere Hundert Menschen fest, weil die Flieger gestrichen wurden. Auf einer Fähre vor Volos harren rund 400 Menschen aus, die wegen der Unwetterschäden nicht anlegen darf.

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Griechenland: Unwetter mit den wohl stärksten Regenfällen seit Beginn der Aufzeichnung

Die starken Regenfälle sind untypisch Anfang September in Griechenland. Zwar herrschte zunächst vielerorts Erleichterung, als der Regen einsetzte – nach Monaten mit hoher Waldbrandgefahr. Aber solche sintflutartigen Regenfälle gibt es sonst nicht einmal in den regenreicheren Wintermonaten.

Meteorologen betonen, so etwas „noch nie gesehen“ zu haben. Der griechische Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis besuchte am Dienstag den Zivilschutz, um sich über die Lage zu informieren. Der staatliche Wetterdienst Meteo meldete am Dienstagabend einen Regenrekord: In der Ortschaft Zagora nordöstlich von Volos wurde eine Niederschlagsmenge von 754 Millimetern pro Quadratmeter gemessen. Zum Vergleich: Bei der Ahrtal-Flut im Juli 2021 lagen die Niederschlagsmengen zwischen 100 und 200 Millimeter pro Quadratmeter.

Überschwemmungen im griechischen Dorf Milina.
Überschwemmungen im griechischen Dorf Milina. © Thanasis Kalliaras/Eurokinissi/AP/dpa

Griechenland: Unwetter wird von Omega-Wetterlage begünstigt

Wie sind die heftigen Regenfälle zu erklären? "Es ist ein zufälliges Zusammenspiel mehrerer Faktoren", sagt Meteorologe Felix Dietzsch vom Deutschen Wetterdienst (DWD). Aktuell gebe es eine angespannte Großwetterlage in Europa, eine sogenannte Omega-Wetterlage. Über Deutschland gibt es demnach ein ausgeprägtes Hochdruckgebiet, um das die Luft sozusagen herum fließt. "An der südwestlichen und südöstlichen Flanke dieses Hochdruckgebiets bilden sich Tiefdruckgebiete aus. Diese treffen derzeit auf Spanien und Griechenland und sind dort sehr ortsfest" - sie bleiben also lange.

In Kombination mit einer sehr feuchten, warmen und instabilen Luftmasse führe das zu langanhaltendem Starkregen in Verbindung mit Gewittern. Zudem stoße diese Verbindung auf Gebirge, die zum Abregnen zwingen. "Die Regenmengen haben auch in unseren bekannten Statistiken außerordentlichen Seltenheitswert. Das ist wirklich extrem."

In der griechischen Stadt Volos beseitigen  Anwohner Trümmer aus dem überfluteten Gebiet.
In der griechischen Stadt Volos beseitigen Anwohner Trümmer aus dem überfluteten Gebiet. © George Kidonas/InTime News/AP/dpa

Regenmassen bringen Mauer zum Einsturz – Mann kommt ums Leben

Die griechischen Katastrophenschutzbehörden versenden immer wieder Warnmeldungen per SMS. In den Mitteilungen werden die Menschen dazu aufgerufen, zu Hause zu bleiben oder in bestimmten Gebieten nicht Auto zu fahren.

Polizei und Feuerwehr sind im Dauereinsatz, und Bürgerschutzminister Vassilis Kikilias appelliert immer wieder, die Menschen sollten den Anweisungen der Behörden unbedingt Folge leisten. Im Dorf Paltsi auf dem Berg Pilion im Osten der Hafenstadt Volos barg die Feuerwehr die Leiche einer älteren Frau.

Regen in Griechenland soll noch bis Donnerstag andauern

Die weiteren Wetteraussichten sind schlecht: Sturmtief "Daniel" brachte ab dem Nachmittag über Nacht Dauerregen. Und selbst am Donnerstagmorgen soll es noch stark regnen, gewittern und stürmen – gerade dort, wo es bisher schon so schlimm war, nämlich in Thessalien. Erst am Freitag soll sich das Wetter beruhigen.

Am Mittwochabend musste dann die zentrale Autobahn zwischen Thessaloniki und Athen gesperrt werden. Auf einem 200 Kilometer langen Abschnitt ist der Verkehr zusammengebrochen. Auch der Zugverkehr zwischen den den beiden größten Städten musste am Donnerstagmorgen eingestellt werden. Die Tiefebene Thessaliens gilt als Griechenlands Kornkammer, hier brachen in vielen Gemeinden Stromversorgung und Infrastruktur aus.

Bulgarien und die Türkei gebeutelt – EU-Politiker für mehr Hilfe

Betroffen ist nicht nur Griechenland: Starkregen und schwere Gewitter gibt es auch in Bulgarien und im Westen der Türkei. In Bulgarien kamen am Dienstag an der südlichen Schwarzmeerküste zwei Menschen ums Leben, weitere drei wurden vermisst. Auch in der Türkei gab es zwei Tote und zudem vier Vermisste in der Provinz Kirklareli nahe der griechischen und bulgarischen Grenze. Die Behörden warnten vor weiteren Unwettern im Westen und Südwesten der Türkei. Es könne zu Sturzfluten, Blitzeinschlägen und Sturm kommen, hieß es.

Deutsche EU-Politiker forderten für die überschwemmten Gebieten in Südosteuropa zügige Hilfen. Die Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments, Katarina Barley (SPD), sagte: "Wie bereits in früheren Naturkatastrophen anderer EU-Mitgliedstaaten sollte der EU-Solidaritätsfonds für den Wiederaufbau in Anspruch genommen werden." EVP-Chef Manfred Weber (CSU) forderte eine Aufstockung der EU-Mittel für den katastrophenschutz: "Die sich ändernden Wetterbedingungen fordern alle unsere Länder heraus, mehr in die Klimaanpassung und unsere Notfalldienste zu investieren."

(fmg/dpa)