Berlin. Hollywood-Star Penélope Cruz hat in den letzten Jahren vieles in ihrem Leben radikal verändert. Was dies mit ihren Kindern zu tun hat.

Es gab eine Zeit, da schien sich Penélope Cruz eher auf Hollywood-Filme zu konzentrieren. Doch seit einigen Jahren ist die Oscargewinnerin („Vicky Cristina Barcelona“) verstärkt wieder im europäischen Kino aktiv – so auch mit ihrem aktuellen Film, dem italienisch-französischen Familiendrama „L’Immensità“ (ab 27. Juli im Kino). Anders als früher geht die 49-Jährige heute entspannter an solche emotional aufreibenden Rollen heran. Und das hat für die Prominente auch private Gründe.

In „L’Immensità“ spielen Sie eine Mutter, die bei der Erziehung ihrer drei Kinder alles richtig zu machen versucht. Was hat Ihre Mutter bei Ihnen richtig gemacht?

Penélope Cruz: Ich würde meine Mutter und Vater zusammen nehmen, denn beide haben sich gleich intensiv um die Familie gekümmert. Wir waren und sind auch drei Geschwister, und meine Eltern haben alles getan, um unsere Kreativität zu fördern, obwohl sie selbst keine Künstler waren. Mich haben sie ins Ballett geschickt. Als mein Bruder vier war, begann er zu singen, also haben sie ihm auch das ermöglicht. Sie besorgten auch Tickets für Oper und Theater. Ständig spielte Musik in unserem Haus. Und noch vor den meisten Nachbarn kauften sie einen Videorekorder. Dabei waren sie überhaupt nicht reich.

Wie waren Sie selbst als Kind?

Cruz: Ich hatte extrem viel überschüssige Energie. Deshalb der Ballettunterricht. Der war so anstrengend, dass ich mich entspannen konnte. Meine Energie hat sich auch darin gezeigt, dass ich immer alles wissen wollte. Meine Mutter hat mich deshalb schon früh aufgeklärt. Und wenn wir zusammen einen Film angeschaut haben, habe ich alle mit Fragen bombardiert.

Gab es Dinge, mit denen Sie Ihre Eltern genervt haben?

Cruz: Mir fällt spontan nur ein, dass ich auf großen landwirtschaftlichen Maschinen auf dem Feld herumgeturnt bin. Als meine Mutter mich dabei erwischt hat, war sie überhaupt nicht glücklich. Andererseits habe ich dabei einfach Rollen gespielt, als wäre ich jemand komplett anders – das heißt, es war eine Vorstufe zu meinem jetzigen Beruf.

Sie selbst haben auch zwei Kinder. Inwieweit haben die Sie geprägt?

Cruz: Ich habe dadurch sehr viel Glück erfahren. Eine Familie zu gründen, ist mit extrem viel Verantwortung verbunden. Deshalb habe ich damit auch gewartet, bis der richtige Zeitpunkt gekommen war. Denn durch deine Kinder lernst du, deine Interessen zurückzustellen. Sie sind nun mal viel wichtiger als du. Deshalb überlege ich mir zum Beispiel noch sorgfältiger, welche Rollen ich annehme. Und auch meine Arbeitsweise als Schauspielerin hat sich dadurch geändert.

Was machen Sie jetzt anders?

Cruz: Wie ich mit der Schauspielerei anfing – also als Teenager, und bis in meine 20er hinein – da dachte ich, dass ich für jede Rolle sterben muss. Es war eine richtige Folter. Aber ich glaube, und da war ich nicht die einzige, dass das Resultat dann besser ist. Aber inzwischen gehe ich mit meinem Beruf entspannter um. Die Mutterschaft hat dazu beigetragen, denn ich nehme mich nicht mehr so ernst und trenne die Arbeit ganz strikt vom Privatleben. Das künstlerische Ergebnis ist trotzdem das gleiche. Ich fliege beim Spiel einfach auf den Flügeln meiner Fantasie. Ich bewege mich hier mit einem Sicherheitsnetz in einer anderen Realität.

In ihrem neusten Film „L’Immensità“ spielt Penélope Cruz eine Frau, die danach strebt, ihren Kindern eine gute Mutter zu sein.
In ihrem neusten Film „L’Immensità“ spielt Penélope Cruz eine Frau, die danach strebt, ihren Kindern eine gute Mutter zu sein. © UPI Photo | imago stock

Sie haben vermutlich auch Ihre Arbeit für Ihre Familie eingeschränkt?

Cruz: Ja, insbesondere als meine Kinder noch klein waren. Das war auch richtig so. Früher hatte ich zu meiner Arbeit ein richtiges Suchtverhältnis. Wenn ich nicht drehte, hatte ich ein schlechtes Gewissen. Es war immer eine Herausforderung, wenn ich mich im Urlaub entspannen sollte. Gleichzeitig brauchte ich die Erholung, denn ich war von der Härte der Arbeit total erschöpft. Manchmal wusste ich nicht mehr, in welcher Stadt ich gerade aufwachte.

Was sich allerdings nicht verändert hat, ist die Intensität Ihrer Rollen – so auch in dem Drama „L’Immensità“. Können Sie Ihre Figuren einfach so abschütteln?

Cruz: Bei bestimmten Rollen gibt es schon einen Nachhall. Das ist okay, ich bin ja kein Roboter, den nichts unberührt lässt. Da ist es nicht immer sofort möglich, die Verbindung zwischen dir und einer Figur zu kappen. Aber ich lasse das eben meine Kinder nicht spüren und ich betreibe nicht mehr die Folterspiele von früher. Stattdessen schätze ich die Fähigkeiten meiner eigenen Vorstellungskraft.

Im Film will eine Ihrer Töchter ein Junge werden. Wie gut können Sie eigentlich Männer verstehen?

Cruz: Ich denke sehr gut. Abgesehen von meinen Beziehungen hatte ich immer viele männliche Freunde, manche davon schwul, manche nicht, die mir sehr nahestehen. Mit denen unterhalte ich mich über die gleichen Dinge wie mit meinen Freundinnen. So gesehen, kann ich mich gut mit der männlichen Perspektive identifizieren.

Aber ich liebe es eben auch, wenn ich mit den Vertreterinnen meines Geschlechts zusammen sein kann. Immer wieder habe ich bei Filmprojekten mit vielen Frauen zu tun – nicht nur bei dem Dreh, sondern auch bei der Recherche, wenn ich mich mit verschiedensten Frauen austausche. Weibliche Solidarität zu erleben ist etwas Großartiges.